Zwangsbau. Der General-Major v. Truchseß hatte eben damals die Aufführung eines ansehnlichen Hauses begonnen, an dessen Vollendung ihn der Tod hinderte. Die Erben scheu- ten den Weiterbau. Da schlug sich der König, der die Fried- richsstadt mit schönen Häusern verziert haben wollte, ohne Wei- teres ins Mittel und befahl dem Herrenmeister, Markgraf Karl, die Vollendung des Baus aus Ordensmitteln zu übernehmen. Dies geschah. König Friedrich Wilhelm I. war nicht gewohnt auf Widerspruch zu stoßen.
In diesem Palais, das Markgraf Karl zeitweilig bewohnte, befand sich, wie schon angedeutet, wohl ein Theil seiner Gal- lerie, vielleicht sogar der größere Theil. Nach seinem Tode wurde die Sammlung versteigert und die Bilder zerstreuten sich überall hin. Einige, die sich auf den alten Zieten beziehen, sah ich in Wustrau. Im Friedrichsfelder Schloß befinden sich noch jetzt einige Rudera der Collection, die beim Verkauf ledig- lich aus Indifferenz oder Bequemlichkeit zurückgelassen wurden. Vielleicht kaufte sie auch der Prinz Ferdinand, der nach dem Markgrafen Karl in Friedrichsfelde einzog. Es sind: 2 alte Köpfe, höchst vorzüglich, im Styl von Gerard Dow; außerdem ein anderer Niederländer: Christus als Knabe predigt im Tempel.
Markgraf Karl starb am 22. Juni 1762 zu Breslau. Er war, wie sein Vater Markgraf Albrecht, um seiner Her- zensgüte, wie um der Pflege willen, die er der heimischen Kunst bezeigt hatte, eine in Berlin sehr beliebte Persönlichkeit gewesen. Für viele war sein Hinscheiden ein herber Verlust. Er hinterließ keine männliche Descendenz.
Friedrichsfelde fiel an seine Tochter, die Herzogin von Anhalt-Bernburg, deren Bevollmächtigter schon im Novem- ber desselben Jahres Schloß, Park und Pertinenzien an den Prinzen Ferdinand von Preußen verkaufte.
Zwangsbau. Der General-Major v. Truchſeß hatte eben damals die Aufführung eines anſehnlichen Hauſes begonnen, an deſſen Vollendung ihn der Tod hinderte. Die Erben ſcheu- ten den Weiterbau. Da ſchlug ſich der König, der die Fried- richsſtadt mit ſchönen Häuſern verziert haben wollte, ohne Wei- teres ins Mittel und befahl dem Herrenmeiſter, Markgraf Karl, die Vollendung des Baus aus Ordensmitteln zu übernehmen. Dies geſchah. König Friedrich Wilhelm I. war nicht gewohnt auf Widerſpruch zu ſtoßen.
In dieſem Palais, das Markgraf Karl zeitweilig bewohnte, befand ſich, wie ſchon angedeutet, wohl ein Theil ſeiner Gal- lerie, vielleicht ſogar der größere Theil. Nach ſeinem Tode wurde die Sammlung verſteigert und die Bilder zerſtreuten ſich überall hin. Einige, die ſich auf den alten Zieten beziehen, ſah ich in Wuſtrau. Im Friedrichsfelder Schloß befinden ſich noch jetzt einige Rudera der Collection, die beim Verkauf ledig- lich aus Indifferenz oder Bequemlichkeit zurückgelaſſen wurden. Vielleicht kaufte ſie auch der Prinz Ferdinand, der nach dem Markgrafen Karl in Friedrichsfelde einzog. Es ſind: 2 alte Köpfe, höchſt vorzüglich, im Styl von Gerard Dow; außerdem ein anderer Niederländer: Chriſtus als Knabe predigt im Tempel.
Markgraf Karl ſtarb am 22. Juni 1762 zu Breslau. Er war, wie ſein Vater Markgraf Albrecht, um ſeiner Her- zensgüte, wie um der Pflege willen, die er der heimiſchen Kunſt bezeigt hatte, eine in Berlin ſehr beliebte Perſönlichkeit geweſen. Für viele war ſein Hinſcheiden ein herber Verluſt. Er hinterließ keine männliche Deſcendenz.
Friedrichsfelde fiel an ſeine Tochter, die Herzogin von Anhalt-Bernburg, deren Bevollmächtigter ſchon im Novem- ber deſſelben Jahres Schloß, Park und Pertinenzien an den Prinzen Ferdinand von Preußen verkaufte.
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Zwangsbau. Der General-Major v. Truchſeß hatte eben
damals die Aufführung eines anſehnlichen Hauſes begonnen,
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ten den Weiterbau. Da ſchlug ſich der König, der die Fried-
richsſtadt mit ſchönen Häuſern verziert haben wollte, ohne Wei-
teres ins Mittel und befahl dem Herrenmeiſter, Markgraf Karl,
die Vollendung des Baus aus Ordensmitteln zu übernehmen.
Dies geſchah. König Friedrich Wilhelm I. war nicht gewohnt
auf Widerſpruch zu ſtoßen.
In dieſem Palais, das Markgraf Karl zeitweilig bewohnte,
befand ſich, wie ſchon angedeutet, wohl ein Theil ſeiner Gal-
lerie, vielleicht ſogar der größere Theil. Nach ſeinem Tode
wurde die Sammlung verſteigert und die Bilder zerſtreuten ſich
überall hin. Einige, die ſich auf den alten Zieten beziehen,
ſah ich in Wuſtrau. Im Friedrichsfelder Schloß befinden ſich
noch jetzt einige Rudera der Collection, die beim Verkauf ledig-
lich aus Indifferenz oder Bequemlichkeit zurückgelaſſen wurden.
Vielleicht kaufte ſie auch der Prinz Ferdinand, der nach dem
Markgrafen Karl in Friedrichsfelde einzog. Es ſind: 2 alte
Köpfe, höchſt vorzüglich, im Styl von Gerard Dow; außerdem
ein anderer Niederländer: Chriſtus als Knabe predigt im
Tempel.
Markgraf Karl ſtarb am 22. Juni 1762 zu Breslau.
Er war, wie ſein Vater Markgraf Albrecht, um ſeiner Her-
zensgüte, wie um der Pflege willen, die er der heimiſchen
Kunſt bezeigt hatte, eine in Berlin ſehr beliebte Perſönlichkeit
geweſen. Für viele war ſein Hinſcheiden ein herber Verluſt.
Er hinterließ keine männliche Deſcendenz.
Friedrichsfelde fiel an ſeine Tochter, die Herzogin von
Anhalt-Bernburg, deren Bevollmächtigter ſchon im Novem-
ber deſſelben Jahres Schloß, Park und Pertinenzien an den
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der dritte Band "Ost-Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg" 1873 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/422>, abgerufen am 24.11.2024.
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