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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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Dekorationen waren das Werk Schinkel's, die Musikstücke
waren von Spontini componirt; bei Feststellung der Costüme
waren die großen Werke von Forbes und Elphinstone benutzt
worden. Alles was Berlin an bekannten Persönlichkeiten, oder
gar an glänzenden Namen aufzuweisen hatte, war geladen;
4000 Gäste nahmen am Feste Theil.

Wir kehren nun zu unserem W. Hensel zurück. Ihm war
die Aufgabe zugefallen, die lebenden Bilder zu stellen,
und die Umsicht, die er dabei an den Tag legte, die Virtuo-
sität vor Allem, mit der er die Hauptmomente, über die Dauer
des Festes hinaus, in Aquarellbildern festzuhalten wußte, ver-
schafften ihm so viel Huld und Wohlwollen, daß man, von
jenem Lallah-Rukh-Feste an, einen Wendepunkt in seinem
äußern Leben datiren muß. Der König (dadurch seinen Dank
bethätigend) setzte ihn in den Stand, eine auf mehrere Jahre
berechnete Reise nach Italien unternehmen zu können, was aber
mehr, als alles Andere, entscheidend für ihn wurde, war, daß
Fanny Mendelssohn im Kreise der Ihrigen der Aufführung
des Festes beigewohnt und dadurch unserem Hensel Gelegenheit
zu einer ersten Bekanntschaft mit dem Mendelssohn'schen Hause
geboten hatte. Hensel, alsbald eingeführt und mit dem Bruder
(Felix) befreundet, glaubte schon im Sommer 1822 um die
Hand Fanny M.'s anhalten zu dürfen; die Familie indeß, mit
Rücksicht auf die bereits feststehende Reise Hensel's nach Italien,
hielt es für besser, beide Theile vorläufig nicht zu binden, und
vertagte die Entscheidung. Die Neigung des Paares überdauerte
die Trennung; 1828 kehrte Hensel nach fünfjähriger Abwesen-
heit zurück; das Jahr darauf vermählte er sich mit seiner von
ihm gefeierten Fanny.

Die nun folgenden 18 Jahre seiner Ehe, einschließlich der
ihnen voraufgegangenen fünf Jahre in Rom, wie es die Tage
seines Glückes waren, so auch die Tage seiner künstlerischen
Production. Alles Vorhergehende war Vorbereitung, alles Fol-
gende Nachklang, halb virtuoses, halb geselliges Spiel. Alle

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Dekorationen waren das Werk Schinkel’s, die Muſikſtücke
waren von Spontini componirt; bei Feſtſtellung der Coſtüme
waren die großen Werke von Forbes und Elphinſtone benutzt
worden. Alles was Berlin an bekannten Perſönlichkeiten, oder
gar an glänzenden Namen aufzuweiſen hatte, war geladen;
4000 Gäſte nahmen am Feſte Theil.

Wir kehren nun zu unſerem W. Henſel zurück. Ihm war
die Aufgabe zugefallen, die lebenden Bilder zu ſtellen,
und die Umſicht, die er dabei an den Tag legte, die Virtuo-
ſität vor Allem, mit der er die Hauptmomente, über die Dauer
des Feſtes hinaus, in Aquarellbildern feſtzuhalten wußte, ver-
ſchafften ihm ſo viel Huld und Wohlwollen, daß man, von
jenem Lallah-Rukh-Feſte an, einen Wendepunkt in ſeinem
äußern Leben datiren muß. Der König (dadurch ſeinen Dank
bethätigend) ſetzte ihn in den Stand, eine auf mehrere Jahre
berechnete Reiſe nach Italien unternehmen zu können, was aber
mehr, als alles Andere, entſcheidend für ihn wurde, war, daß
Fanny Mendelsſohn im Kreiſe der Ihrigen der Aufführung
des Feſtes beigewohnt und dadurch unſerem Henſel Gelegenheit
zu einer erſten Bekanntſchaft mit dem Mendelsſohn’ſchen Hauſe
geboten hatte. Henſel, alsbald eingeführt und mit dem Bruder
(Felix) befreundet, glaubte ſchon im Sommer 1822 um die
Hand Fanny M.’s anhalten zu dürfen; die Familie indeß, mit
Rückſicht auf die bereits feſtſtehende Reiſe Henſel’s nach Italien,
hielt es für beſſer, beide Theile vorläufig nicht zu binden, und
vertagte die Entſcheidung. Die Neigung des Paares überdauerte
die Trennung; 1828 kehrte Henſel nach fünfjähriger Abweſen-
heit zurück; das Jahr darauf vermählte er ſich mit ſeiner von
ihm gefeierten Fanny.

Die nun folgenden 18 Jahre ſeiner Ehe, einſchließlich der
ihnen voraufgegangenen fünf Jahre in Rom, wie es die Tage
ſeines Glückes waren, ſo auch die Tage ſeiner künſtleriſchen
Production. Alles Vorhergehende war Vorbereitung, alles Fol-
gende Nachklang, halb virtuoſes, halb geſelliges Spiel. Alle

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[387/0405] Dekorationen waren das Werk Schinkel’s, die Muſikſtücke waren von Spontini componirt; bei Feſtſtellung der Coſtüme waren die großen Werke von Forbes und Elphinſtone benutzt worden. Alles was Berlin an bekannten Perſönlichkeiten, oder gar an glänzenden Namen aufzuweiſen hatte, war geladen; 4000 Gäſte nahmen am Feſte Theil. Wir kehren nun zu unſerem W. Henſel zurück. Ihm war die Aufgabe zugefallen, die lebenden Bilder zu ſtellen, und die Umſicht, die er dabei an den Tag legte, die Virtuo- ſität vor Allem, mit der er die Hauptmomente, über die Dauer des Feſtes hinaus, in Aquarellbildern feſtzuhalten wußte, ver- ſchafften ihm ſo viel Huld und Wohlwollen, daß man, von jenem Lallah-Rukh-Feſte an, einen Wendepunkt in ſeinem äußern Leben datiren muß. Der König (dadurch ſeinen Dank bethätigend) ſetzte ihn in den Stand, eine auf mehrere Jahre berechnete Reiſe nach Italien unternehmen zu können, was aber mehr, als alles Andere, entſcheidend für ihn wurde, war, daß Fanny Mendelsſohn im Kreiſe der Ihrigen der Aufführung des Feſtes beigewohnt und dadurch unſerem Henſel Gelegenheit zu einer erſten Bekanntſchaft mit dem Mendelsſohn’ſchen Hauſe geboten hatte. Henſel, alsbald eingeführt und mit dem Bruder (Felix) befreundet, glaubte ſchon im Sommer 1822 um die Hand Fanny M.’s anhalten zu dürfen; die Familie indeß, mit Rückſicht auf die bereits feſtſtehende Reiſe Henſel’s nach Italien, hielt es für beſſer, beide Theile vorläufig nicht zu binden, und vertagte die Entſcheidung. Die Neigung des Paares überdauerte die Trennung; 1828 kehrte Henſel nach fünfjähriger Abweſen- heit zurück; das Jahr darauf vermählte er ſich mit ſeiner von ihm gefeierten Fanny. Die nun folgenden 18 Jahre ſeiner Ehe, einſchließlich der ihnen voraufgegangenen fünf Jahre in Rom, wie es die Tage ſeines Glückes waren, ſo auch die Tage ſeiner künſtleriſchen Production. Alles Vorhergehende war Vorbereitung, alles Fol- gende Nachklang, halb virtuoſes, halb geſelliges Spiel. Alle 25*

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/405>, abgerufen am 27.07.2024.