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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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bestellten also Kaffee. Er kam gut genug. Vor uns stand eine
beschattende Linde; daneben der Besitzer von Haus und Hof.
Ein gewisses Unterhaltungsbedürfniß machte sich fühlbar; die
Initiative lag wie billig bei uns. Aber das war nicht so leicht.
Ich konnte über die Frage nicht hinweg, ob ich ihn Wirth
oder Meister anreden sollte. Es war mir damals noch ein
Geheimniß, daß er auch "Major" war; zu meinem Glück;
entgegengesetzten Falls wäre ich über die Etiquettenfrage nie
hinweg gekommen. Ich entschied mich endlich für Wirth.

Eine schöne reine Luft Herr Wirth.

Dies war nun eigentlich nicht wahr, denn der Hammel
hing zu nah, um unsrerseis mit Unbefangenheit eine solche Ver-
sicherung abgeben zu können. Der Angeredete aber, vielleicht,
von Metier wegen, der einzige, der dieser Versicherung aufrich-
tig Glauben schenken konnte, erwiederte freundlich:

Eine schöne, reine Luft. Trebbin hat eine gute Luft.

Dieser Lokalpatriotismus, was sich auch gegen den That-
bestand sagen lassen mochte, that mir wohl und um so wohler,
als ich in Betreff der "Nutheburgen" (nach denen ich damals
immer noch suchte) die Hoffnung an diesen Ausspruch knüpfte:
"das ist Dein Mann." Was in Saarmund mißglückt war,
hier möglicherweise konnte es gelingen. Ich fuhr also fort:

Sie haben ja wohl eine alte Burg hier? Burg Trebbin;
die vierte der Nutheburgen.

Nicht daß ich wüßte. Das muß vor meiner Zeit gewe-
sen sein.

Gewiß. 700 Jahre. Kein Burgwall? kein unterirdischer
Gang? Keine Stelle, die hohl klingt?

Nicht daß ich wüßte. Außer der Schützengilde von
1577 ....

Kein Denkmal? keine Mumie?

Außer der Schützengilde, die seit 1577 ....

Es wurde mir immer klarer, worauf er mit Beharrlich-
keit, die jederzeit siegreich bleibt, hinaus wollte; ich ließ also
den Strom seiner Rede fließen, horchte auf, lernte dies und

beſtellten alſo Kaffee. Er kam gut genug. Vor uns ſtand eine
beſchattende Linde; daneben der Beſitzer von Haus und Hof.
Ein gewiſſes Unterhaltungsbedürfniß machte ſich fühlbar; die
Initiative lag wie billig bei uns. Aber das war nicht ſo leicht.
Ich konnte über die Frage nicht hinweg, ob ich ihn Wirth
oder Meiſter anreden ſollte. Es war mir damals noch ein
Geheimniß, daß er auch „Major“ war; zu meinem Glück;
entgegengeſetzten Falls wäre ich über die Etiquettenfrage nie
hinweg gekommen. Ich entſchied mich endlich für Wirth.

Eine ſchöne reine Luft Herr Wirth.

Dies war nun eigentlich nicht wahr, denn der Hammel
hing zu nah, um unſrerſeis mit Unbefangenheit eine ſolche Ver-
ſicherung abgeben zu können. Der Angeredete aber, vielleicht,
von Metier wegen, der einzige, der dieſer Verſicherung aufrich-
tig Glauben ſchenken konnte, erwiederte freundlich:

Eine ſchöne, reine Luft. Trebbin hat eine gute Luft.

Dieſer Lokalpatriotismus, was ſich auch gegen den That-
beſtand ſagen laſſen mochte, that mir wohl und um ſo wohler,
als ich in Betreff der „Nutheburgen“ (nach denen ich damals
immer noch ſuchte) die Hoffnung an dieſen Ausſpruch knüpfte:
„das iſt Dein Mann.“ Was in Saarmund mißglückt war,
hier möglicherweiſe konnte es gelingen. Ich fuhr alſo fort:

Sie haben ja wohl eine alte Burg hier? Burg Trebbin;
die vierte der Nutheburgen.

Nicht daß ich wüßte. Das muß vor meiner Zeit gewe-
ſen ſein.

Gewiß. 700 Jahre. Kein Burgwall? kein unterirdiſcher
Gang? Keine Stelle, die hohl klingt?

Nicht daß ich wüßte. Außer der Schützengilde von
1577 ....

Kein Denkmal? keine Mumie?

Außer der Schützengilde, die ſeit 1577 ....

Es wurde mir immer klarer, worauf er mit Beharrlich-
keit, die jederzeit ſiegreich bleibt, hinaus wollte; ich ließ alſo
den Strom ſeiner Rede fließen, horchte auf, lernte dies und

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[382/0400] beſtellten alſo Kaffee. Er kam gut genug. Vor uns ſtand eine beſchattende Linde; daneben der Beſitzer von Haus und Hof. Ein gewiſſes Unterhaltungsbedürfniß machte ſich fühlbar; die Initiative lag wie billig bei uns. Aber das war nicht ſo leicht. Ich konnte über die Frage nicht hinweg, ob ich ihn Wirth oder Meiſter anreden ſollte. Es war mir damals noch ein Geheimniß, daß er auch „Major“ war; zu meinem Glück; entgegengeſetzten Falls wäre ich über die Etiquettenfrage nie hinweg gekommen. Ich entſchied mich endlich für Wirth. Eine ſchöne reine Luft Herr Wirth. Dies war nun eigentlich nicht wahr, denn der Hammel hing zu nah, um unſrerſeis mit Unbefangenheit eine ſolche Ver- ſicherung abgeben zu können. Der Angeredete aber, vielleicht, von Metier wegen, der einzige, der dieſer Verſicherung aufrich- tig Glauben ſchenken konnte, erwiederte freundlich: Eine ſchöne, reine Luft. Trebbin hat eine gute Luft. Dieſer Lokalpatriotismus, was ſich auch gegen den That- beſtand ſagen laſſen mochte, that mir wohl und um ſo wohler, als ich in Betreff der „Nutheburgen“ (nach denen ich damals immer noch ſuchte) die Hoffnung an dieſen Ausſpruch knüpfte: „das iſt Dein Mann.“ Was in Saarmund mißglückt war, hier möglicherweiſe konnte es gelingen. Ich fuhr alſo fort: Sie haben ja wohl eine alte Burg hier? Burg Trebbin; die vierte der Nutheburgen. Nicht daß ich wüßte. Das muß vor meiner Zeit gewe- ſen ſein. Gewiß. 700 Jahre. Kein Burgwall? kein unterirdiſcher Gang? Keine Stelle, die hohl klingt? Nicht daß ich wüßte. Außer der Schützengilde von 1577 .... Kein Denkmal? keine Mumie? Außer der Schützengilde, die ſeit 1577 .... Es wurde mir immer klarer, worauf er mit Beharrlich- keit, die jederzeit ſiegreich bleibt, hinaus wollte; ich ließ alſo den Strom ſeiner Rede fließen, horchte auf, lernte dies und

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/400>, abgerufen am 24.11.2024.