Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.krone hinein in's Schloß. Nun zeigte sich auch die Königin, "Den ersten Tanz spielten die Dorfmusikanten, den zwei- Diese Erntefeste, die bald einen Ruf gewannen, machten *) General v. Köckritz mochte wohl so schreiben. Dieser liebens-
würdige Mann (den Stein wohl zu hart beurtheilt hat, denn "Niemand ist verpflichtet, ein großer Mann zu sein") stand damals auf der Höhe seiner Gunst und seines Ansehens. Es war so recht eigentlich die Köckritz-Epoche. In diese Epoche fällt auch die seinerzeit vielbewunderte Geschichte vom "Pfeifchen und dem Fidibus," die beide dem überraschten krone hinein in’s Schloß. Nun zeigte ſich auch die Königin, „Den erſten Tanz ſpielten die Dorfmuſikanten, den zwei- Dieſe Erntefeſte, die bald einen Ruf gewannen, machten *) General v. Köckritz mochte wohl ſo ſchreiben. Dieſer liebens-
würdige Mann (den Stein wohl zu hart beurtheilt hat, denn „Niemand iſt verpflichtet, ein großer Mann zu ſein“) ſtand damals auf der Höhe ſeiner Gunſt und ſeines Anſehens. Es war ſo recht eigentlich die Köckritz-Epoche. In dieſe Epoche fällt auch die ſeinerzeit vielbewunderte Geſchichte vom „Pfeifchen und dem Fidibus,“ die beide dem überraſchten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0345" n="327"/> krone hinein in’s Schloß. Nun zeigte ſich auch die Königin,<lb/> und mit dem Erſcheinen der „gnädigen Frau von Paretz“ be-<lb/> gann der Tanz. Das königliche Paar miſchte ſich in die Reihen<lb/> der Landleute, die Herren und Damen folgten und ſogar die<lb/> Frau Oberhofmeiſterin (Frau v. Voß) konnte nicht umhin, auf<lb/> dieſem <hi rendition="#aq">bal champêtre</hi> mitzuwirken.</p><lb/> <p>„Den erſten Tanz ſpielten die Dorfmuſikanten, den zwei-<lb/> ten die Garde-Hautboiſten aus Potsdam; Burſche und Mäd-<lb/> chen tanzten ſich außer Athem; dann gliederte ſich der Zug von<lb/> Neuem und bewegte ſich dahin zurück, von wo er gekommen<lb/> war — nach dem Amte. Im Dorfe mittlerweile wimmelte es<lb/> von Käufern und Verkäufern; innerhalb der eigentlichen Straße<lb/> zog ſich noch eine Budenſtraße, und inmitten dieſes Gedränges,<lb/> Einkäufe und Geſchenke machend, gewahrte man die hohen Ge-<lb/> ſtalten des königlichen Paares.“</p><lb/> <p>Dieſe Erntefeſte, die bald einen Ruf gewannen, machten<lb/> das ſtille Paretz zu einem Wallfahrtsort für Nah und Fern.<lb/> Jeder Beſucher hatte Zutritt, König und Königin ließen ſich die<lb/> Fremden vorſtellen, äußerten ihre Freude über zahlreichen Zu-<lb/> ſpruch und baten: „über’s Jahr wieder unter den Gäſten zu<lb/> ſein.“ Es waren wirkliche Volksfeſte, und wohl mochte der<lb/> General v. Köckritz damals ſchreiben: „Ich habe in Paretz wie-<lb/> der allerfroheſte Tage verlebt. Wir haben uns ungemein diver-<lb/> tirt und alles Angenehme des Landlebens in ganzer Fülle<lb/> genoſſen, wobei die Jagd und Waſſerfahrt die Hauptbeluſtigung<lb/> waren. Ein beſonderer Feſttag aber war das Erntefeſt. Die<lb/> Königin miſchte ſich in die luſtigen Tänze. Hier war Freiheit<lb/> und Gleichheit; ich ſelbſt, trotz meiner 55 Jahre, tanzte mit.“<note xml:id="note-0345" next="#note-0346" place="foot" n="*)">General v. Köckritz mochte wohl ſo ſchreiben. Dieſer liebens-<lb/> würdige Mann (den Stein wohl zu hart beurtheilt hat, denn „Niemand<lb/> iſt verpflichtet, ein großer Mann zu ſein“) ſtand damals auf der Höhe<lb/> ſeiner Gunſt und ſeines Anſehens. Es war ſo recht eigentlich die<lb/> Köckritz-Epoche. In dieſe Epoche fällt auch die ſeinerzeit vielbewunderte<lb/> Geſchichte vom „Pfeifchen und dem Fidibus,“ die beide dem überraſchten</note></p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [327/0345]
krone hinein in’s Schloß. Nun zeigte ſich auch die Königin,
und mit dem Erſcheinen der „gnädigen Frau von Paretz“ be-
gann der Tanz. Das königliche Paar miſchte ſich in die Reihen
der Landleute, die Herren und Damen folgten und ſogar die
Frau Oberhofmeiſterin (Frau v. Voß) konnte nicht umhin, auf
dieſem bal champêtre mitzuwirken.
„Den erſten Tanz ſpielten die Dorfmuſikanten, den zwei-
ten die Garde-Hautboiſten aus Potsdam; Burſche und Mäd-
chen tanzten ſich außer Athem; dann gliederte ſich der Zug von
Neuem und bewegte ſich dahin zurück, von wo er gekommen
war — nach dem Amte. Im Dorfe mittlerweile wimmelte es
von Käufern und Verkäufern; innerhalb der eigentlichen Straße
zog ſich noch eine Budenſtraße, und inmitten dieſes Gedränges,
Einkäufe und Geſchenke machend, gewahrte man die hohen Ge-
ſtalten des königlichen Paares.“
Dieſe Erntefeſte, die bald einen Ruf gewannen, machten
das ſtille Paretz zu einem Wallfahrtsort für Nah und Fern.
Jeder Beſucher hatte Zutritt, König und Königin ließen ſich die
Fremden vorſtellen, äußerten ihre Freude über zahlreichen Zu-
ſpruch und baten: „über’s Jahr wieder unter den Gäſten zu
ſein.“ Es waren wirkliche Volksfeſte, und wohl mochte der
General v. Köckritz damals ſchreiben: „Ich habe in Paretz wie-
der allerfroheſte Tage verlebt. Wir haben uns ungemein diver-
tirt und alles Angenehme des Landlebens in ganzer Fülle
genoſſen, wobei die Jagd und Waſſerfahrt die Hauptbeluſtigung
waren. Ein beſonderer Feſttag aber war das Erntefeſt. Die
Königin miſchte ſich in die luſtigen Tänze. Hier war Freiheit
und Gleichheit; ich ſelbſt, trotz meiner 55 Jahre, tanzte mit.“ *)
*) General v. Köckritz mochte wohl ſo ſchreiben. Dieſer liebens-
würdige Mann (den Stein wohl zu hart beurtheilt hat, denn „Niemand
iſt verpflichtet, ein großer Mann zu ſein“) ſtand damals auf der Höhe
ſeiner Gunſt und ſeines Anſehens. Es war ſo recht eigentlich die
Köckritz-Epoche. In dieſe Epoche fällt auch die ſeinerzeit vielbewunderte
Geſchichte vom „Pfeifchen und dem Fidibus,“ die beide dem überraſchten
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