im Laufe der Jahrhunderte sich natürlich eben so wenig erhalten konnten, wie deutsche Häuser und Hütten aus jener Zeit.
Die Wenden, so viel steht fest, hatten verhältnißmäßig wohleingerichtete Häuser, und die Frage bleibt zunächst nur, wie waren diese Häuser. Wahrscheinlich sehr verschiedener Art. Wie wir noch jetzt, oft bunt durch einander, noch häufiger nach Distrikten geschieden, Lehmkathen, Fachwerk-, Feldstein- und Backsteinhäuser finden (der Stroh-, Schilf-, Schindel- und Ziegeldächer ganz zu geschweigen), so war es gewiß auch in alten Wendenzeiten, nur noch wechselnder, nur noch abhängiger von dem Material, das gerade zur Hand war. In den Fischer- dörfern an der Spree und Havel hin, in den Sumpfgegenden, die kein anderes Material kannten als Elsen und Eichen, waren die Dörfer muthmaßlich Blockhäuser, wie man ihnen noch jetzt in den Spreewaldgegenden begegnet; auf dem Feldstein-über- säten Barnim-Plateau richteten sich, wie noch jetzt vielfach in den dortigen Dörfern geschieht, die Wohnungen höchst wahr- scheinlich aus Feldstein auf, in fruchtbaren Gegenden aber, wo der Lehm zu Tage lag, wuchs das Lehm- und das Ziegelhaus auf; -- denn die Wenden verstanden sich sehr wohl auf die Nutzung des Lehms und sehr wahrscheinlich auch auf das Ziegel- brennen. Daß sie unter ihrem Geräth nachweisbar auch den Mauerhammer hatten, deutet wenigstens darauf hin. Ein- zelne dieser Dinge sind nicht geradezu zu beweisen, aber sie müssen so gewesen sein nach einem Naturgesetz, das fortwirkt bis auf diesen Tag. Armes Volk (oder uncultivirtes) baut sich seine Wohnungen aus dem, was es zunächst hat: am Vesuv aus Lava, in Irland aus Torf, am Nil aus Nilschlamm, an den Pyramiden aus Trümmern vergangener Herrlichkeit. So war es immer, wird es immer sein; -- so war es auch bei den Wenden.
Die Wenden aber hatten nicht nur Häuser, sie wohn- ten auch, wie schon angedeutet, in Dörfern und Städten. Ihre Dörfer zogen sich zu Hunderten und Tausenden durch das Land. Die wendischen Namen unserer Ortschaften beweisen
im Laufe der Jahrhunderte ſich natürlich eben ſo wenig erhalten konnten, wie deutſche Häuſer und Hütten aus jener Zeit.
Die Wenden, ſo viel ſteht feſt, hatten verhältnißmäßig wohleingerichtete Häuſer, und die Frage bleibt zunächſt nur, wie waren dieſe Häuſer. Wahrſcheinlich ſehr verſchiedener Art. Wie wir noch jetzt, oft bunt durch einander, noch häufiger nach Diſtrikten geſchieden, Lehmkathen, Fachwerk-, Feldſtein- und Backſteinhäuſer finden (der Stroh-, Schilf-, Schindel- und Ziegeldächer ganz zu geſchweigen), ſo war es gewiß auch in alten Wendenzeiten, nur noch wechſelnder, nur noch abhängiger von dem Material, das gerade zur Hand war. In den Fiſcher- dörfern an der Spree und Havel hin, in den Sumpfgegenden, die kein anderes Material kannten als Elſen und Eichen, waren die Dörfer muthmaßlich Blockhäuſer, wie man ihnen noch jetzt in den Spreewaldgegenden begegnet; auf dem Feldſtein-über- ſäten Barnim-Plateau richteten ſich, wie noch jetzt vielfach in den dortigen Dörfern geſchieht, die Wohnungen höchſt wahr- ſcheinlich aus Feldſtein auf, in fruchtbaren Gegenden aber, wo der Lehm zu Tage lag, wuchs das Lehm- und das Ziegelhaus auf; — denn die Wenden verſtanden ſich ſehr wohl auf die Nutzung des Lehms und ſehr wahrſcheinlich auch auf das Ziegel- brennen. Daß ſie unter ihrem Geräth nachweisbar auch den Mauerhammer hatten, deutet wenigſtens darauf hin. Ein- zelne dieſer Dinge ſind nicht geradezu zu beweiſen, aber ſie müſſen ſo geweſen ſein nach einem Naturgeſetz, das fortwirkt bis auf dieſen Tag. Armes Volk (oder uncultivirtes) baut ſich ſeine Wohnungen aus dem, was es zunächſt hat: am Veſuv aus Lava, in Irland aus Torf, am Nil aus Nilſchlamm, an den Pyramiden aus Trümmern vergangener Herrlichkeit. So war es immer, wird es immer ſein; — ſo war es auch bei den Wenden.
Die Wenden aber hatten nicht nur Häuſer, ſie wohn- ten auch, wie ſchon angedeutet, in Dörfern und Städten. Ihre Dörfer zogen ſich zu Hunderten und Tauſenden durch das Land. Die wendiſchen Namen unſerer Ortſchaften beweiſen
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im Laufe der Jahrhunderte ſich natürlich eben ſo wenig erhalten
konnten, wie deutſche Häuſer und Hütten aus jener Zeit.
Die Wenden, ſo viel ſteht feſt, hatten verhältnißmäßig
wohleingerichtete Häuſer, und die Frage bleibt zunächſt nur,
wie waren dieſe Häuſer. Wahrſcheinlich ſehr verſchiedener Art.
Wie wir noch jetzt, oft bunt durch einander, noch häufiger nach
Diſtrikten geſchieden, Lehmkathen, Fachwerk-, Feldſtein- und
Backſteinhäuſer finden (der Stroh-, Schilf-, Schindel- und
Ziegeldächer ganz zu geſchweigen), ſo war es gewiß auch in
alten Wendenzeiten, nur noch wechſelnder, nur noch abhängiger
von dem Material, das gerade zur Hand war. In den Fiſcher-
dörfern an der Spree und Havel hin, in den Sumpfgegenden,
die kein anderes Material kannten als Elſen und Eichen, waren
die Dörfer muthmaßlich Blockhäuſer, wie man ihnen noch jetzt
in den Spreewaldgegenden begegnet; auf dem Feldſtein-über-
ſäten Barnim-Plateau richteten ſich, wie noch jetzt vielfach in
den dortigen Dörfern geſchieht, die Wohnungen höchſt wahr-
ſcheinlich aus Feldſtein auf, in fruchtbaren Gegenden aber, wo
der Lehm zu Tage lag, wuchs das Lehm- und das Ziegelhaus
auf; — denn die Wenden verſtanden ſich ſehr wohl auf die
Nutzung des Lehms und ſehr wahrſcheinlich auch auf das Ziegel-
brennen. Daß ſie unter ihrem Geräth nachweisbar auch den
Mauerhammer hatten, deutet wenigſtens darauf hin. Ein-
zelne dieſer Dinge ſind nicht geradezu zu beweiſen, aber ſie
müſſen ſo geweſen ſein nach einem Naturgeſetz, das fortwirkt
bis auf dieſen Tag. Armes Volk (oder uncultivirtes) baut ſich
ſeine Wohnungen aus dem, was es zunächſt hat: am Veſuv
aus Lava, in Irland aus Torf, am Nil aus Nilſchlamm, an
den Pyramiden aus Trümmern vergangener Herrlichkeit. So
war es immer, wird es immer ſein; — ſo war es auch bei
den Wenden.
Die Wenden aber hatten nicht nur Häuſer, ſie wohn-
ten auch, wie ſchon angedeutet, in Dörfern und Städten.
Ihre Dörfer zogen ſich zu Hunderten und Tauſenden durch
das Land. Die wendiſchen Namen unſerer Ortſchaften beweiſen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der dritte Band "Ost-Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg" 1873 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/32>, abgerufen am 27.11.2024.
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