Er ward reich durch die Huld des Monarchen, ohne Vor- wurf, und der erste im Staate, ohne Verantwortlichkeit. ... Anmaßungen, nicht Vergünstigungen gefährden."
Dies Urtheil Manso's, wenn wir von dem Irrthum ab- sehen, daß er v. B. als "reich" bezeichnet, wird im Wesent- lichen zutreffen. Aber was enthält es, um den Mann oder seinen Namen mit einem Makel zu behaften? Was andres tritt einem entgegen, als ein lebenskluger, mit Gaben zweiten Ranges ausgerüsteter Mann, der scharf beobachtete, wenig sprach, keinerlei Ansprüche erhob, auf die glänzende Außenseite des Ruhmes verzichtete und sich begnügte, in aller Stille ein- flußreich zu sein. Wir bekennen offen, daß uns derartig angelegte Naturen nicht gerade sonderlich sympathisch berühren, und daß uns solche, die, zumal in hohen Stellungen, mehr aus dem Vollen zu arbeiten verstehen, mächtiger und wohl- thuender zu erfassen wissen; aber, wohlthuend oder nicht, was liegt hier vor, das, an und für sich schon, einen besonderen Tadel herausforderte? Zu einem solchen würde erst Grund vorhanden sein, wenn Bischofswerder seinen Einfluß, den er unbestritten hatte, zu bösen Dingen geltend gemacht hätte. Aber wo sind diese bösen Dinge? Wenn die ganze damalige auswärtige Politik Preußens -- was übrigens doch noch frag- lich bleibt -- auf ihn zurückgeführt werden muß, wenn also der Zug gegen Holland, der Zug in die Champagne, der Zug gegen Polen und schließlich wiederum der Baseler Frieden sein Werk sind, so nehmen wir nicht Anstand zu erklären, daß er in allem das Richtige getroffen hat. Die drei Kriegszüge erwuchsen aus einem und demselben Princip, das man nicht umhin können wird, in einem königlichen Staate, in einer absoluten Monarchie, als das Richtige anzusehen. Ob die Kriegsleistungen selbst, besonders der Feldzug in der Cham- pagne, auf besonderer Höhe standen, das ist eine zweite Frage, die, wie die Antwort auch ausfallen möge, keinesfalls eine Schuld involvirt, für die Bischofswerder verantwortlich
Er ward reich durch die Huld des Monarchen, ohne Vor- wurf, und der erſte im Staate, ohne Verantwortlichkeit. … Anmaßungen, nicht Vergünſtigungen gefährden.“
Dies Urtheil Manſo’s, wenn wir von dem Irrthum ab- ſehen, daß er v. B. als „reich“ bezeichnet, wird im Weſent- lichen zutreffen. Aber was enthält es, um den Mann oder ſeinen Namen mit einem Makel zu behaften? Was andres tritt einem entgegen, als ein lebenskluger, mit Gaben zweiten Ranges ausgerüſteter Mann, der ſcharf beobachtete, wenig ſprach, keinerlei Anſprüche erhob, auf die glänzende Außenſeite des Ruhmes verzichtete und ſich begnügte, in aller Stille ein- flußreich zu ſein. Wir bekennen offen, daß uns derartig angelegte Naturen nicht gerade ſonderlich ſympathiſch berühren, und daß uns ſolche, die, zumal in hohen Stellungen, mehr aus dem Vollen zu arbeiten verſtehen, mächtiger und wohl- thuender zu erfaſſen wiſſen; aber, wohlthuend oder nicht, was liegt hier vor, das, an und für ſich ſchon, einen beſonderen Tadel herausforderte? Zu einem ſolchen würde erſt Grund vorhanden ſein, wenn Biſchofswerder ſeinen Einfluß, den er unbeſtritten hatte, zu böſen Dingen geltend gemacht hätte. Aber wo ſind dieſe böſen Dinge? Wenn die ganze damalige auswärtige Politik Preußens — was übrigens doch noch frag- lich bleibt — auf ihn zurückgeführt werden muß, wenn alſo der Zug gegen Holland, der Zug in die Champagne, der Zug gegen Polen und ſchließlich wiederum der Baſeler Frieden ſein Werk ſind, ſo nehmen wir nicht Anſtand zu erklären, daß er in allem das Richtige getroffen hat. Die drei Kriegszüge erwuchſen aus einem und demſelben Princip, das man nicht umhin können wird, in einem königlichen Staate, in einer abſoluten Monarchie, als das Richtige anzuſehen. Ob die Kriegsleiſtungen ſelbſt, beſonders der Feldzug in der Cham- pagne, auf beſonderer Höhe ſtanden, das iſt eine zweite Frage, die, wie die Antwort auch ausfallen möge, keinesfalls eine Schuld involvirt, für die Biſchofswerder verantwortlich
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Er ward reich durch die Huld des Monarchen, ohne Vor-
wurf, und der erſte im Staate, ohne Verantwortlichkeit. …
Anmaßungen, nicht Vergünſtigungen gefährden.“
Dies Urtheil Manſo’s, wenn wir von dem Irrthum ab-
ſehen, daß er v. B. als „reich“ bezeichnet, wird im Weſent-
lichen zutreffen. Aber was enthält es, um den Mann oder
ſeinen Namen mit einem Makel zu behaften? Was andres
tritt einem entgegen, als ein lebenskluger, mit Gaben zweiten
Ranges ausgerüſteter Mann, der ſcharf beobachtete, wenig
ſprach, keinerlei Anſprüche erhob, auf die glänzende Außenſeite
des Ruhmes verzichtete und ſich begnügte, in aller Stille ein-
flußreich zu ſein. Wir bekennen offen, daß uns derartig
angelegte Naturen nicht gerade ſonderlich ſympathiſch berühren,
und daß uns ſolche, die, zumal in hohen Stellungen, mehr
aus dem Vollen zu arbeiten verſtehen, mächtiger und wohl-
thuender zu erfaſſen wiſſen; aber, wohlthuend oder nicht, was
liegt hier vor, das, an und für ſich ſchon, einen beſonderen
Tadel herausforderte? Zu einem ſolchen würde erſt Grund
vorhanden ſein, wenn Biſchofswerder ſeinen Einfluß, den er
unbeſtritten hatte, zu böſen Dingen geltend gemacht hätte.
Aber wo ſind dieſe böſen Dinge? Wenn die ganze damalige
auswärtige Politik Preußens — was übrigens doch noch frag-
lich bleibt — auf ihn zurückgeführt werden muß, wenn alſo
der Zug gegen Holland, der Zug in die Champagne, der Zug
gegen Polen und ſchließlich wiederum der Baſeler Frieden ſein
Werk ſind, ſo nehmen wir nicht Anſtand zu erklären, daß er
in allem das Richtige getroffen hat. Die drei Kriegszüge
erwuchſen aus einem und demſelben Princip, das man nicht
umhin können wird, in einem königlichen Staate, in einer
abſoluten Monarchie, als das Richtige anzuſehen. Ob die
Kriegsleiſtungen ſelbſt, beſonders der Feldzug in der Cham-
pagne, auf beſonderer Höhe ſtanden, das iſt eine zweite Frage,
die, wie die Antwort auch ausfallen möge, keinesfalls eine
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der dritte Band "Ost-Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg" 1873 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/289>, abgerufen am 24.11.2024.
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