"La fortune a quelquefois employe des hommes sans grande capacite dans l'administration des Etats; mais rare- ment elle a choisi un si triste sujet que ce Bischofs- werder: naissance ordinaire, figure triste, physionomie per- fide, elocution embarrassee; ne connoissant ni le pays qu'il a quitte, ni celui qui l'a recueilli, ni ceux qui interessent la Prusse. N'etant ni militaire, ni financier, ni politique, ni economiste. Un de ces hommes enfin que la nature a condamne a l'obscurite et a vegeter dans la foule. Voila l'homme qui regne en Prusse."
Wir verweilen bei diesen Auslassungen nicht, eben weil sie zu sehr den Stempel des Pasquills tragen, und wenden uns lieber der Darstellung zu, die ein anerkannter Historiker von dem Charakter B.'s gegeben hat, um dann an dieses maß- volle Urtheil anzuknüpfen.
J. C. F. Manso in seiner "Geschichte des Preußischen Staates vom Frieden zur Hubertsburg bis zur zweiten Pariser Abkunft" sagt über Bischofswerder:
"In den Fesseln der Rosenkreuzerei verlor er früh die unbefangene Ansicht des Lebens. ... Selten übte ein Mensch die Kunst, andere zu erforschen und sich zu verbergen, glücklicher und geschickter als er. Ihm war es nicht gleichgültig, wem er sein Haus am Tage und wem er es in der Dunkelheit öffne. Sein ganzes Wesen trug das Gepräge der Umsichtigkeit, und wenn er reden mußte, wo er lieber geschwiegen hätte, bewahrte er sich sorgfältig genug, um nichts von seinem Innern zu enthüllen. Rath gab er nie ungefragt, und den er gab, hielt er für sicherer oder verdienstlicher, dem Fragenden unterzuschieben; auch des Ruhms, der ihm aus dem gegebenen zuwachsen konnte, entäußerte er sich mit seltener Willfährigkeit. ... Friedrich Wilhelm ward nie durch ihn in der Ueberzeugung gestört, er wäge, wähle und beschließe allein. ... Das Vorurtheil uneigennütziger Anhänglichkeit, das er für sich hatte, reichte hin, Verdächtige zu entfernen und Geprüftere zu empfehlen. So gelang ihm, wonach er strebte.
„La fortune a quelquefois employé des hommes sans grande capacité dans l’administration des Etats; mais rare- ment elle a choisi un si triste sujet que ce Bischofs- werder: naissance ordinaire, figure triste, physionomie per- fide, élocution embarrassée; ne connoissant ni le pays qu’il a quitté, ni celui qui l’a recueilli, ni ceux qui intéressent la Prusse. N’étant ni militaire, ni financier, ni politique, ni économiste. Un de ces hommes enfin que la nature a condamné à l’obscurité et à végéter dans la foule. Voilà l’homme qui règne en Prusse.“
Wir verweilen bei dieſen Auslaſſungen nicht, eben weil ſie zu ſehr den Stempel des Pasquills tragen, und wenden uns lieber der Darſtellung zu, die ein anerkannter Hiſtoriker von dem Charakter B.’s gegeben hat, um dann an dieſes maß- volle Urtheil anzuknüpfen.
J. C. F. Manſo in ſeiner „Geſchichte des Preußiſchen Staates vom Frieden zur Hubertsburg bis zur zweiten Pariſer Abkunft“ ſagt über Biſchofswerder:
„In den Feſſeln der Roſenkreuzerei verlor er früh die unbefangene Anſicht des Lebens. … Selten übte ein Menſch die Kunſt, andere zu erforſchen und ſich zu verbergen, glücklicher und geſchickter als er. Ihm war es nicht gleichgültig, wem er ſein Haus am Tage und wem er es in der Dunkelheit öffne. Sein ganzes Weſen trug das Gepräge der Umſichtigkeit, und wenn er reden mußte, wo er lieber geſchwiegen hätte, bewahrte er ſich ſorgfältig genug, um nichts von ſeinem Innern zu enthüllen. Rath gab er nie ungefragt, und den er gab, hielt er für ſicherer oder verdienſtlicher, dem Fragenden unterzuſchieben; auch des Ruhms, der ihm aus dem gegebenen zuwachſen konnte, entäußerte er ſich mit ſeltener Willfährigkeit. … Friedrich Wilhelm ward nie durch ihn in der Ueberzeugung geſtört, er wäge, wähle und beſchließe allein. … Das Vorurtheil uneigennütziger Anhänglichkeit, das er für ſich hatte, reichte hin, Verdächtige zu entfernen und Geprüftere zu empfehlen. So gelang ihm, wonach er ſtrebte.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0288"n="270"/><p><hirendition="#aq">„La fortune a quelquefois employé des hommes sans<lb/>
grande capacité dans l’administration des Etats; mais rare-<lb/>
ment elle a choisi un si triste sujet que ce <hirendition="#g">Bischofs-<lb/>
werder</hi>: naissance ordinaire, figure triste, physionomie per-<lb/>
fide, élocution embarrassée; ne connoissant ni le pays qu’il<lb/>
a quitté, ni celui qui l’a recueilli, ni ceux qui intéressent<lb/>
la Prusse. N’étant ni militaire, ni financier, ni politique,<lb/>
ni économiste. Un de ces hommes enfin que la nature a<lb/>
condamné à l’obscurité et à végéter dans la foule. Voilà<lb/>
l’homme qui règne en Prusse.“</hi></p><lb/><p>Wir verweilen bei dieſen Auslaſſungen <hirendition="#g">nicht</hi>, eben weil<lb/>ſie zu ſehr den Stempel des Pasquills tragen, und wenden<lb/>
uns lieber der Darſtellung zu, die ein anerkannter <hirendition="#g">Hiſtoriker</hi><lb/>
von dem Charakter B.’s gegeben hat, um dann an dieſes maß-<lb/>
volle Urtheil anzuknüpfen.</p><lb/><p>J. C. F. <hirendition="#g">Manſo</hi> in ſeiner „Geſchichte des Preußiſchen<lb/>
Staates vom Frieden zur Hubertsburg bis zur zweiten Pariſer<lb/>
Abkunft“ſagt über Biſchofswerder:</p><lb/><p>„In den Feſſeln der Roſenkreuzerei verlor er früh die<lb/>
unbefangene Anſicht des Lebens. … Selten übte ein Menſch<lb/>
die Kunſt, <hirendition="#g">andere zu erforſchen</hi> und ſich zu verbergen,<lb/><hirendition="#g">glücklicher und geſchickter</hi> als er. Ihm war es nicht<lb/>
gleichgültig, wem er ſein Haus am Tage und wem er es in<lb/>
der Dunkelheit öffne. Sein ganzes Weſen trug das Gepräge<lb/>
der <hirendition="#g">Umſichtigkeit</hi>, und wenn er reden mußte, wo er lieber<lb/>
geſchwiegen hätte, bewahrte er ſich ſorgfältig genug, um nichts<lb/>
von ſeinem Innern zu enthüllen. Rath gab er nie ungefragt,<lb/>
und den er gab, hielt er für ſicherer oder verdienſtlicher, dem<lb/>
Fragenden unterzuſchieben; auch des Ruhms, der ihm aus dem<lb/>
gegebenen zuwachſen konnte, entäußerte er ſich mit ſeltener<lb/>
Willfährigkeit. … Friedrich Wilhelm ward nie durch ihn in<lb/>
der Ueberzeugung geſtört, er wäge, wähle und beſchließe<lb/>
allein. … Das Vorurtheil uneigennütziger Anhänglichkeit, das<lb/>
er für ſich hatte, reichte hin, Verdächtige zu entfernen und<lb/>
Geprüftere zu empfehlen. So gelang ihm, wonach er ſtrebte.<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[270/0288]
„La fortune a quelquefois employé des hommes sans
grande capacité dans l’administration des Etats; mais rare-
ment elle a choisi un si triste sujet que ce Bischofs-
werder: naissance ordinaire, figure triste, physionomie per-
fide, élocution embarrassée; ne connoissant ni le pays qu’il
a quitté, ni celui qui l’a recueilli, ni ceux qui intéressent
la Prusse. N’étant ni militaire, ni financier, ni politique,
ni économiste. Un de ces hommes enfin que la nature a
condamné à l’obscurité et à végéter dans la foule. Voilà
l’homme qui règne en Prusse.“
Wir verweilen bei dieſen Auslaſſungen nicht, eben weil
ſie zu ſehr den Stempel des Pasquills tragen, und wenden
uns lieber der Darſtellung zu, die ein anerkannter Hiſtoriker
von dem Charakter B.’s gegeben hat, um dann an dieſes maß-
volle Urtheil anzuknüpfen.
J. C. F. Manſo in ſeiner „Geſchichte des Preußiſchen
Staates vom Frieden zur Hubertsburg bis zur zweiten Pariſer
Abkunft“ ſagt über Biſchofswerder:
„In den Feſſeln der Roſenkreuzerei verlor er früh die
unbefangene Anſicht des Lebens. … Selten übte ein Menſch
die Kunſt, andere zu erforſchen und ſich zu verbergen,
glücklicher und geſchickter als er. Ihm war es nicht
gleichgültig, wem er ſein Haus am Tage und wem er es in
der Dunkelheit öffne. Sein ganzes Weſen trug das Gepräge
der Umſichtigkeit, und wenn er reden mußte, wo er lieber
geſchwiegen hätte, bewahrte er ſich ſorgfältig genug, um nichts
von ſeinem Innern zu enthüllen. Rath gab er nie ungefragt,
und den er gab, hielt er für ſicherer oder verdienſtlicher, dem
Fragenden unterzuſchieben; auch des Ruhms, der ihm aus dem
gegebenen zuwachſen konnte, entäußerte er ſich mit ſeltener
Willfährigkeit. … Friedrich Wilhelm ward nie durch ihn in
der Ueberzeugung geſtört, er wäge, wähle und beſchließe
allein. … Das Vorurtheil uneigennütziger Anhänglichkeit, das
er für ſich hatte, reichte hin, Verdächtige zu entfernen und
Geprüftere zu empfehlen. So gelang ihm, wonach er ſtrebte.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der dritte Band "Ost-Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg" 1873 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/288>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.