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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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So kam der Herbst 1803 und mit ihm das Scheiden.
Die Arcana und Panaceen konnten's nicht abwenden; das
"Lebenselixir" (von dem er täglich einen Tropfen nahm) und
das rothseidene Kissen, das er als Amulett auf der Brust trug,
sie mußten weichen vor einer stärkeren Macht, die sich mehr und
mehr ankündigte. Der Erbring mit dem weißen Milchstein
dunkelte rasch auf dem Zeigefinger, an dem er ihn trug, und
so wußte er denn, daß seine letzte Stunde nahe sei. Er las
im Swedenborg, als der Tod ihn antrat. Nach kurzem Kampfe
verschied er in seinem Stadthause zu Potsdam. Es war am
30. October.

Er war in Potsdam gestorben, aber nach letztwilliger Ver-
fügung wollte er in Marquardt begraben sein. Nicht in der
Kirche, auch nicht auf dem Kirchhofe, sondern im Park zwischen
Schloß und Grotte. In wenig Tagen galt es also ein Erb-
begräbniß herzustellen.

Eine runde Gruft wurde gegraben, etwa von Tiefe und
Durchmesser eines Wohnzimmers, und die Maurer arbeiteten
emsig, um dem großen Raum eine massive Wandung zu geben.
Als der vierte Tag zu Ende ging (der Tag vor dem festgesetz-
ten Begräbniß), ward auch, um's fertig zu schaffen, die Nacht
mit zu Hilfe genommen, und bei Fackelschein, während der erste
Schnee auf den kahlen Parkbäumen lag, wurde das Werk
beendet.

Am 4. November früh erschien von Potsdam her der mit
sechs Pferden bespannte Wagen, der den Sarg trug; die Bei-
setzung erfolgte und zum ersten Male schloß sich die runde
Gartengruft. Nur noch zwei Mal wurde sie geöffnet. Ein
Aschenkrug ohne Namen und Inschrift wurde auf das Grab
gestellt.

Epheu wuchs darüber hin wie über ein Gartenbeet.

Wir versuchen, nachdem wir in Vorstehendem alles zusam-
mengetragen, was wir über den Lebensgang von Bischofswerder
in Erfahrung bringen konnten, nunmehr eine Schilderung sei-
ner Person und seines Charakters.

So kam der Herbſt 1803 und mit ihm das Scheiden.
Die Arcana und Panaceen konnten’s nicht abwenden; das
„Lebenselixir“ (von dem er täglich einen Tropfen nahm) und
das rothſeidene Kiſſen, das er als Amulett auf der Bruſt trug,
ſie mußten weichen vor einer ſtärkeren Macht, die ſich mehr und
mehr ankündigte. Der Erbring mit dem weißen Milchſtein
dunkelte raſch auf dem Zeigefinger, an dem er ihn trug, und
ſo wußte er denn, daß ſeine letzte Stunde nahe ſei. Er las
im Swedenborg, als der Tod ihn antrat. Nach kurzem Kampfe
verſchied er in ſeinem Stadthauſe zu Potsdam. Es war am
30. October.

Er war in Potsdam geſtorben, aber nach letztwilliger Ver-
fügung wollte er in Marquardt begraben ſein. Nicht in der
Kirche, auch nicht auf dem Kirchhofe, ſondern im Park zwiſchen
Schloß und Grotte. In wenig Tagen galt es alſo ein Erb-
begräbniß herzuſtellen.

Eine runde Gruft wurde gegraben, etwa von Tiefe und
Durchmeſſer eines Wohnzimmers, und die Maurer arbeiteten
emſig, um dem großen Raum eine maſſive Wandung zu geben.
Als der vierte Tag zu Ende ging (der Tag vor dem feſtgeſetz-
ten Begräbniß), ward auch, um’s fertig zu ſchaffen, die Nacht
mit zu Hilfe genommen, und bei Fackelſchein, während der erſte
Schnee auf den kahlen Parkbäumen lag, wurde das Werk
beendet.

Am 4. November früh erſchien von Potsdam her der mit
ſechs Pferden beſpannte Wagen, der den Sarg trug; die Bei-
ſetzung erfolgte und zum erſten Male ſchloß ſich die runde
Gartengruft. Nur noch zwei Mal wurde ſie geöffnet. Ein
Aſchenkrug ohne Namen und Inſchrift wurde auf das Grab
geſtellt.

Epheu wuchs darüber hin wie über ein Gartenbeet.

Wir verſuchen, nachdem wir in Vorſtehendem alles zuſam-
mengetragen, was wir über den Lebensgang von Biſchofswerder
in Erfahrung bringen konnten, nunmehr eine Schilderung ſei-
ner Perſon und ſeines Charakters.

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[268/0286] So kam der Herbſt 1803 und mit ihm das Scheiden. Die Arcana und Panaceen konnten’s nicht abwenden; das „Lebenselixir“ (von dem er täglich einen Tropfen nahm) und das rothſeidene Kiſſen, das er als Amulett auf der Bruſt trug, ſie mußten weichen vor einer ſtärkeren Macht, die ſich mehr und mehr ankündigte. Der Erbring mit dem weißen Milchſtein dunkelte raſch auf dem Zeigefinger, an dem er ihn trug, und ſo wußte er denn, daß ſeine letzte Stunde nahe ſei. Er las im Swedenborg, als der Tod ihn antrat. Nach kurzem Kampfe verſchied er in ſeinem Stadthauſe zu Potsdam. Es war am 30. October. Er war in Potsdam geſtorben, aber nach letztwilliger Ver- fügung wollte er in Marquardt begraben ſein. Nicht in der Kirche, auch nicht auf dem Kirchhofe, ſondern im Park zwiſchen Schloß und Grotte. In wenig Tagen galt es alſo ein Erb- begräbniß herzuſtellen. Eine runde Gruft wurde gegraben, etwa von Tiefe und Durchmeſſer eines Wohnzimmers, und die Maurer arbeiteten emſig, um dem großen Raum eine maſſive Wandung zu geben. Als der vierte Tag zu Ende ging (der Tag vor dem feſtgeſetz- ten Begräbniß), ward auch, um’s fertig zu ſchaffen, die Nacht mit zu Hilfe genommen, und bei Fackelſchein, während der erſte Schnee auf den kahlen Parkbäumen lag, wurde das Werk beendet. Am 4. November früh erſchien von Potsdam her der mit ſechs Pferden beſpannte Wagen, der den Sarg trug; die Bei- ſetzung erfolgte und zum erſten Male ſchloß ſich die runde Gartengruft. Nur noch zwei Mal wurde ſie geöffnet. Ein Aſchenkrug ohne Namen und Inſchrift wurde auf das Grab geſtellt. Epheu wuchs darüber hin wie über ein Gartenbeet. Wir verſuchen, nachdem wir in Vorſtehendem alles zuſam- mengetragen, was wir über den Lebensgang von Biſchofswerder in Erfahrung bringen konnten, nunmehr eine Schilderung ſei- ner Perſon und ſeines Charakters.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/286>, abgerufen am 27.11.2024.