was doch weit über die Kirche hinausgeht, das ist ihr Kirch- hof, dem sich an Zahl berühmter Gräber vielleicht kein anderer Dorfkirchhof vergleichen kann. Wir haben viele Dorfkirchhöfe gesehen, die um ihres landschaftlichen oder überhaupt ihres poetischen Zaubers willen einen viel tieferen Eindruck auf uns gemacht haben; wir haben andere besucht, die historisch den bornstädter Kirchhof insoweit in Schatten stellen, als sie ein Grab haben, das mehr wiegt als alle bornstädter Gräber zu- sammengenommen; aber wir sind nirgends einem Dorfkirchhof begegnet, der solche Fülle von Namen aufzuweisen hätte.
Es hat dies einfach seinen Grund in der unmittelbaren Nähe von Sanssouci und seinen Dependenzien. Alle diese Schlösser und Villen sind hier eingepfarrt, und was in Sans- souci stirbt, das wird in Bornstädt begraben, -- in den meisten Fällen königliche Diener aller Grade, näher und ferner stehende, solche, deren Dienst sie entweder direkt an Sanssouci band, oder solche, denen eine besondere Auszeichnung es gestattete, ein zurückliegendes Leben voll Thätigkeit an dieser Stätte voll Ruhe beschließen zu dürfen. So finden wir denn auf dem bornstädter Kirchhofe Generale und Offiziere, Kammerherren und Kammerdiener, Geheime-Räthe und Geheime-Kämmeriere, Hof- ärzte und Hofbaumeister, vor Allem -- Hofgärtner in Bataillonen.
Der Kirchhof theilt sich in zwei Hälften, in einen alten und einen neuen. Jener liegt hoch, dieser tief. Der letztere (der neue) bietet kein besonderes Interesse.
Der alte Kirchhof hat den freundlichen Charakter einer Obstbaumplantage. Die vom Winde abgwehten Früchte, reif und unreif, liegen in den geharkten Gängen oder zwischen den Gräbern der Dörfler, die in unmittelbarer Nähe der Kirche ihre letzte Rast gefunden haben. Erst im weiteren Umkreise beginnt der Fremdenzuzug, gewinnen die Gäste von Sanssouci her die Oberhand, bis wir am Rande des Gemäuers den Erb- begräbnissen begegnen. Wir haben also drei Zirkel zu verzeichnen: den Bornstädter-, den Sanssouci- und den Erbbegräbniß- Zirkel.
was doch weit über die Kirche hinausgeht, das iſt ihr Kirch- hof, dem ſich an Zahl berühmter Gräber vielleicht kein anderer Dorfkirchhof vergleichen kann. Wir haben viele Dorfkirchhöfe geſehen, die um ihres landſchaftlichen oder überhaupt ihres poetiſchen Zaubers willen einen viel tieferen Eindruck auf uns gemacht haben; wir haben andere beſucht, die hiſtoriſch den bornſtädter Kirchhof inſoweit in Schatten ſtellen, als ſie ein Grab haben, das mehr wiegt als alle bornſtädter Gräber zu- ſammengenommen; aber wir ſind nirgends einem Dorfkirchhof begegnet, der ſolche Fülle von Namen aufzuweiſen hätte.
Es hat dies einfach ſeinen Grund in der unmittelbaren Nähe von Sansſouci und ſeinen Dependenzien. Alle dieſe Schlöſſer und Villen ſind hier eingepfarrt, und was in Sans- ſouci ſtirbt, das wird in Bornſtädt begraben, — in den meiſten Fällen königliche Diener aller Grade, näher und ferner ſtehende, ſolche, deren Dienſt ſie entweder direkt an Sansſouci band, oder ſolche, denen eine beſondere Auszeichnung es geſtattete, ein zurückliegendes Leben voll Thätigkeit an dieſer Stätte voll Ruhe beſchließen zu dürfen. So finden wir denn auf dem bornſtädter Kirchhofe Generale und Offiziere, Kammerherren und Kammerdiener, Geheime-Räthe und Geheime-Kämmeriere, Hof- ärzte und Hofbaumeiſter, vor Allem — Hofgärtner in Bataillonen.
Der Kirchhof theilt ſich in zwei Hälften, in einen alten und einen neuen. Jener liegt hoch, dieſer tief. Der letztere (der neue) bietet kein beſonderes Intereſſe.
Der alte Kirchhof hat den freundlichen Charakter einer Obſtbaumplantage. Die vom Winde abgwehten Früchte, reif und unreif, liegen in den geharkten Gängen oder zwiſchen den Gräbern der Dörfler, die in unmittelbarer Nähe der Kirche ihre letzte Raſt gefunden haben. Erſt im weiteren Umkreiſe beginnt der Fremdenzuzug, gewinnen die Gäſte von Sansſouci her die Oberhand, bis wir am Rande des Gemäuers den Erb- begräbniſſen begegnen. Wir haben alſo drei Zirkel zu verzeichnen: den Bornſtädter-, den Sansſouci- und den Erbbegräbniß- Zirkel.
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was doch weit über die Kirche hinausgeht, das iſt ihr Kirch-
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Dorfkirchhof vergleichen kann. Wir haben viele Dorfkirchhöfe
geſehen, die um ihres landſchaftlichen oder überhaupt ihres
poetiſchen Zaubers willen einen viel tieferen Eindruck auf uns
gemacht haben; wir haben andere beſucht, die hiſtoriſch den
bornſtädter Kirchhof inſoweit in Schatten ſtellen, als ſie ein
Grab haben, das mehr wiegt als alle bornſtädter Gräber zu-
ſammengenommen; aber wir ſind nirgends einem Dorfkirchhof
begegnet, der ſolche Fülle von Namen aufzuweiſen hätte.
Es hat dies einfach ſeinen Grund in der unmittelbaren
Nähe von Sansſouci und ſeinen Dependenzien. Alle dieſe
Schlöſſer und Villen ſind hier eingepfarrt, und was in Sans-
ſouci ſtirbt, das wird in Bornſtädt begraben, — in den meiſten
Fällen königliche Diener aller Grade, näher und ferner ſtehende,
ſolche, deren Dienſt ſie entweder direkt an Sansſouci band,
oder ſolche, denen eine beſondere Auszeichnung es geſtattete,
ein zurückliegendes Leben voll Thätigkeit an dieſer Stätte voll
Ruhe beſchließen zu dürfen. So finden wir denn auf dem
bornſtädter Kirchhofe Generale und Offiziere, Kammerherren und
Kammerdiener, Geheime-Räthe und Geheime-Kämmeriere, Hof-
ärzte und Hofbaumeiſter, vor Allem — Hofgärtner in Bataillonen.
Der Kirchhof theilt ſich in zwei Hälften, in einen alten
und einen neuen. Jener liegt hoch, dieſer tief. Der letztere
(der neue) bietet kein beſonderes Intereſſe.
Der alte Kirchhof hat den freundlichen Charakter einer
Obſtbaumplantage. Die vom Winde abgwehten Früchte, reif
und unreif, liegen in den geharkten Gängen oder zwiſchen den
Gräbern der Dörfler, die in unmittelbarer Nähe der Kirche
ihre letzte Raſt gefunden haben. Erſt im weiteren Umkreiſe beginnt
der Fremdenzuzug, gewinnen die Gäſte von Sansſouci her
die Oberhand, bis wir am Rande des Gemäuers den Erb-
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den Bornſtädter-, den Sansſouci- und den Erbbegräbniß-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der dritte Band "Ost-Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg" 1873 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/267>, abgerufen am 23.11.2024.
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