Nun weiß ich auf der Erde Ein einzig Plätzchen nur, Wo, jegliche Beschwerde, Im Schooße der Natur, Wo jeder eitle Kummer Dir wie ein Traum zerfließt, Und dich der letzte Schlummer Im Bienenton begrüßt. Waiblinger.
Bornstädt und seine Feldmark bilden die Rückwand von Sans- souci. Beiden gemeinsam ist der Höhenzug, der zugleich sie trennt: ein langgestreckter Hügel, der in alten Topographieen den Namen "der Galberg" führt. Am Südabhange dieses Höhenzuges entstanden die Terrassen von Sanssouci; am Nordabhange liegt Bornstädt. Die neuen Orangeriehäuser, die auf dem Kamme des Hügels in langer Linie sich ausdehnen, gestatten einen Ueberblick über beide, hier über die Baum- und Villenpracht der königlichen Gärten, dort über die rohrgedeckten Hütten des märkischen Dorfes; links steigt der Springbrunnen auf und glitzert siebenfarbig in der Sonne, rechts liegt ein See im Schilfgürtel und spiegelt das darüber hinziehende weiße Gewölk.
Dieser Gegensatz von Kunst und Natur unterstützt beide in ihrer Wirkung. Wer hätte nicht an sich selbst erfahren, wie frei man aufathmet, wenn man aus der kunstgezogenen Linie auch des frischesten und natürlichsten Parkes endlich über Graben und Birkenbrücke hinweg in die weitgespannte Wiesenlandschaft eintritt, die ihn einschloß! Mit diesem Reiz des Einfachen und Natürlichen berührt uns auch Bornstädt. Wie in einem grünen Korbe liegt es da.
Bornstädt.
Nun weiß ich auf der Erde Ein einzig Plätzchen nur, Wo, jegliche Beſchwerde, Im Schooße der Natur, Wo jeder eitle Kummer Dir wie ein Traum zerfließt, Und dich der letzte Schlummer Im Bienenton begrüßt. Waiblinger.
Bornſtädt und ſeine Feldmark bilden die Rückwand von Sans- ſouci. Beiden gemeinſam iſt der Höhenzug, der zugleich ſie trennt: ein langgeſtreckter Hügel, der in alten Topographieen den Namen „der Galberg“ führt. Am Südabhange dieſes Höhenzuges entſtanden die Terraſſen von Sansſouci; am Nordabhange liegt Bornſtädt. Die neuen Orangeriehäuſer, die auf dem Kamme des Hügels in langer Linie ſich ausdehnen, geſtatten einen Ueberblick über beide, hier über die Baum- und Villenpracht der königlichen Gärten, dort über die rohrgedeckten Hütten des märkiſchen Dorfes; links ſteigt der Springbrunnen auf und glitzert ſiebenfarbig in der Sonne, rechts liegt ein See im Schilfgürtel und ſpiegelt das darüber hinziehende weiße Gewölk.
Dieſer Gegenſatz von Kunſt und Natur unterſtützt beide in ihrer Wirkung. Wer hätte nicht an ſich ſelbſt erfahren, wie frei man aufathmet, wenn man aus der kunſtgezogenen Linie auch des friſcheſten und natürlichſten Parkes endlich über Graben und Birkenbrücke hinweg in die weitgeſpannte Wieſenlandſchaft eintritt, die ihn einſchloß! Mit dieſem Reiz des Einfachen und Natürlichen berührt uns auch Bornſtädt. Wie in einem grünen Korbe liegt es da.
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Bornstädt.
Nun weiß ich auf der Erde
Ein einzig Plätzchen nur,
Wo, jegliche Beſchwerde,
Im Schooße der Natur,
Wo jeder eitle Kummer
Dir wie ein Traum zerfließt,
Und dich der letzte Schlummer
Im Bienenton begrüßt.
Waiblinger.
Bornſtädt und ſeine Feldmark bilden die Rückwand von Sans-
ſouci. Beiden gemeinſam iſt der Höhenzug, der zugleich ſie trennt:
ein langgeſtreckter Hügel, der in alten Topographieen den Namen
„der Galberg“ führt. Am Südabhange dieſes Höhenzuges
entſtanden die Terraſſen von Sansſouci; am Nordabhange liegt
Bornſtädt. Die neuen Orangeriehäuſer, die auf dem Kamme
des Hügels in langer Linie ſich ausdehnen, geſtatten einen
Ueberblick über beide, hier über die Baum- und Villenpracht
der königlichen Gärten, dort über die rohrgedeckten Hütten des
märkiſchen Dorfes; links ſteigt der Springbrunnen auf und
glitzert ſiebenfarbig in der Sonne, rechts liegt ein See im
Schilfgürtel und ſpiegelt das darüber hinziehende weiße Gewölk.
Dieſer Gegenſatz von Kunſt und Natur unterſtützt beide
in ihrer Wirkung. Wer hätte nicht an ſich ſelbſt erfahren, wie
frei man aufathmet, wenn man aus der kunſtgezogenen Linie
auch des friſcheſten und natürlichſten Parkes endlich über Graben
und Birkenbrücke hinweg in die weitgeſpannte Wieſenlandſchaft
eintritt, die ihn einſchloß! Mit dieſem Reiz des Einfachen und
Natürlichen berührt uns auch Bornſtädt. Wie in einem grünen
Korbe liegt es da.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der dritte Band "Ost-Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg" 1873 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. [247]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/265>, abgerufen am 24.11.2024.
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