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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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Glindow.
Hier nährten früh und spat den Brand
Die Knechte mit geschäft'ger Hand;
Der Funke sprüht, die Bälge blasen,
Als gält' es Felsen zu verglasen.

Schiller.

Was Werder für den Obst-Consum der Hauptstadt ist, das
ist Glindow für den Ziegel-Consum. In Werder wird
gegraben, gepflanzt, gepflückt, -- in Glindow wird gegraben,
geformt, gebrannt; an dem einen Ort eine wachsende Cultur,
am andern eine wachsende Industrie, an beiden (in Glindow
freilich auch mit dem Revers der Medaille) ein wachsender
Wohlstand. Dazu steht das eine wie das andere nicht blos für
sich selber da, sondern ist seinerseits wiederum eine "Metropole,"
ein Mittelpunkt gleichgearteter und zugleich widerstrebender
Distrikte, die es fast geboten erscheinen lassen, nach Analogie
einiger Schweizer Cantone, von Werder-Stadt und Werder-
Land, oder von Glindow-Dorf und Glindow-Bezirk zu
sprechen.

Bei Werder haben wir diesen Unterschied übergangen; bei
Glindow wird es dann und wann unvermeidlich sein, auf ihn
Bezug zu nehmen. Deshalb an dieser Stelle schon Folgendes.
Distrikt Glindow ist etwa 2 Quadrat-Meilen groß (4 Meilen
lang und eine halbe Meile breit) und zerfällt in ein Innen-
und Außen-Revier, in einen Bezirk diesseit und jenseit der
Havel. Das Innen-Revier "diesseit der Havel" ist alles
Lehm- und Thonland und umfaßt die gesammten Territorien
am Schwilow-, am Glindow- und Plessow-See; das Außen-
Revier oder das Revier "jenseit der Havel" ist neu-entdecktes

Glindow.
Hier nährten früh und ſpat den Brand
Die Knechte mit geſchäft’ger Hand;
Der Funke ſprüht, die Bälge blaſen,
Als gält’ es Felſen zu verglaſen.

Schiller.

Was Werder für den Obſt-Conſum der Hauptſtadt iſt, das
iſt Glindow für den Ziegel-Conſum. In Werder wird
gegraben, gepflanzt, gepflückt, — in Glindow wird gegraben,
geformt, gebrannt; an dem einen Ort eine wachſende Cultur,
am andern eine wachſende Induſtrie, an beiden (in Glindow
freilich auch mit dem Revers der Medaille) ein wachſender
Wohlſtand. Dazu ſteht das eine wie das andere nicht blos für
ſich ſelber da, ſondern iſt ſeinerſeits wiederum eine „Metropole,“
ein Mittelpunkt gleichgearteter und zugleich widerſtrebender
Diſtrikte, die es faſt geboten erſcheinen laſſen, nach Analogie
einiger Schweizer Cantone, von Werder-Stadt und Werder-
Land, oder von Glindow-Dorf und Glindow-Bezirk zu
ſprechen.

Bei Werder haben wir dieſen Unterſchied übergangen; bei
Glindow wird es dann und wann unvermeidlich ſein, auf ihn
Bezug zu nehmen. Deshalb an dieſer Stelle ſchon Folgendes.
Diſtrikt Glindow iſt etwa 2 Quadrat-Meilen groß (4 Meilen
lang und eine halbe Meile breit) und zerfällt in ein Innen-
und Außen-Revier, in einen Bezirk dieſſeit und jenſeit der
Havel. Das Innen-Revier „dieſſeit der Havel“ iſt alles
Lehm- und Thonland und umfaßt die geſammten Territorien
am Schwilow-, am Glindow- und Pleſſow-See; das Außen-
Revier oder das Revier „jenſeit der Havel“ iſt neu-entdecktes

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[[237]/0255] Glindow. Hier nährten früh und ſpat den Brand Die Knechte mit geſchäft’ger Hand; Der Funke ſprüht, die Bälge blaſen, Als gält’ es Felſen zu verglaſen. Schiller. Was Werder für den Obſt-Conſum der Hauptſtadt iſt, das iſt Glindow für den Ziegel-Conſum. In Werder wird gegraben, gepflanzt, gepflückt, — in Glindow wird gegraben, geformt, gebrannt; an dem einen Ort eine wachſende Cultur, am andern eine wachſende Induſtrie, an beiden (in Glindow freilich auch mit dem Revers der Medaille) ein wachſender Wohlſtand. Dazu ſteht das eine wie das andere nicht blos für ſich ſelber da, ſondern iſt ſeinerſeits wiederum eine „Metropole,“ ein Mittelpunkt gleichgearteter und zugleich widerſtrebender Diſtrikte, die es faſt geboten erſcheinen laſſen, nach Analogie einiger Schweizer Cantone, von Werder-Stadt und Werder- Land, oder von Glindow-Dorf und Glindow-Bezirk zu ſprechen. Bei Werder haben wir dieſen Unterſchied übergangen; bei Glindow wird es dann und wann unvermeidlich ſein, auf ihn Bezug zu nehmen. Deshalb an dieſer Stelle ſchon Folgendes. Diſtrikt Glindow iſt etwa 2 Quadrat-Meilen groß (4 Meilen lang und eine halbe Meile breit) und zerfällt in ein Innen- und Außen-Revier, in einen Bezirk dieſſeit und jenſeit der Havel. Das Innen-Revier „dieſſeit der Havel“ iſt alles Lehm- und Thonland und umfaßt die geſammten Territorien am Schwilow-, am Glindow- und Pleſſow-See; das Außen- Revier oder das Revier „jenſeit der Havel“ iſt neu-entdecktes

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. [237]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/255>, abgerufen am 24.11.2024.