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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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das malerische Element, nicht seine Architektur. Diese, so
weit man überhaupt von einer Architektur sprechen kann, datirt
aus dem Anfang der 20er Jahre, ist also kaum 50 Jahre alt.
Dies gilt auch besonders von den angebauten Flügeln. Und
doch, als wir diese näher besichtigten, nahmen wir an den Fen-
stern des Erdgeschosses kunstvoll geschmiedete Eisengitter wahr,
die sich unschwer auf die Mitte des vorigen Jahrhunderts zurück-
führen ließen. Dies verwirrte uns. Das Räthsel sollte sich
indeß in Kürze lösen. Diese Gitterfenster wurden nämlich in
Potsdam bei einem Häuser-Abbruch erstanden und hierher ver-
pflanzt
. Hier prangen nun die 150jährigen an einer erst
50jährigen Front. Wir erzählen das lediglich zu dem Behuf,
um zu zeigen, wie man durch Beurtheilung von Einzeldingen,
von denen man dann Schlüsse aufs Ganze zieht, erheblich irre
geleitet werden kann. Nichts war verzeihlicher hier als ein
Rechenfehler von hundert Jahren.

Der Park ist eine Schöpfung Lennes. An einem Hügel-
abhang gelegen wie Sanssouci, hat er mit diesem den Terrassen-
Charakter gemein. In großen Stufen geht es abwärts. Wenn
aber Sanssouci bei all seiner Schönheit einfach eine große
Wald-Terrasse mit Garten und Wiesengründen bietet, so er-
blickt man von dem Hügelrücken des Petzower Parkes aus eine
imposante Wasser-Terrasse, und unser Auge, zunächst aus-
ruhend auf dem in Mittelhöhe gelegenen, erlenumstandenen
Park-See, steigt nunmehr erst, weiter abwärts, auf die unterste
Treppenstufe nieder -- auf die breite Wasserfläche des
Schwilow.

Der Park umschloß früher auch die Kirche des Dorfes.
Alt, baufällig, unschön wie sie war, gab man sie auf und auf
einem weiter zurückgelegenen Hügel wurde 1841 eine neue Kirche
aufgeführt. König Friedrich Wilhelm IV. (das Patronat ist bei
der Landesherrschaft) ordnete an, daß der Neubau im romani-
schen Stile erfolgen solle. Stüler entwarf die Zeichnungen;
die Ausführung folgte rasch. So reihte sich denn die Petzower
Kirche in den Kreis jener neuen schönen Gotteshäuser ein, mit

das maleriſche Element, nicht ſeine Architektur. Dieſe, ſo
weit man überhaupt von einer Architektur ſprechen kann, datirt
aus dem Anfang der 20er Jahre, iſt alſo kaum 50 Jahre alt.
Dies gilt auch beſonders von den angebauten Flügeln. Und
doch, als wir dieſe näher beſichtigten, nahmen wir an den Fen-
ſtern des Erdgeſchoſſes kunſtvoll geſchmiedete Eiſengitter wahr,
die ſich unſchwer auf die Mitte des vorigen Jahrhunderts zurück-
führen ließen. Dies verwirrte uns. Das Räthſel ſollte ſich
indeß in Kürze löſen. Dieſe Gitterfenſter wurden nämlich in
Potsdam bei einem Häuſer-Abbruch erſtanden und hierher ver-
pflanzt
. Hier prangen nun die 150jährigen an einer erſt
50jährigen Front. Wir erzählen das lediglich zu dem Behuf,
um zu zeigen, wie man durch Beurtheilung von Einzeldingen,
von denen man dann Schlüſſe aufs Ganze zieht, erheblich irre
geleitet werden kann. Nichts war verzeihlicher hier als ein
Rechenfehler von hundert Jahren.

Der Park iſt eine Schöpfung Lennés. An einem Hügel-
abhang gelegen wie Sansſouci, hat er mit dieſem den Terraſſen-
Charakter gemein. In großen Stufen geht es abwärts. Wenn
aber Sansſouci bei all ſeiner Schönheit einfach eine große
Wald-Terraſſe mit Garten und Wieſengründen bietet, ſo er-
blickt man von dem Hügelrücken des Petzower Parkes aus eine
impoſante Waſſer-Terraſſe, und unſer Auge, zunächſt aus-
ruhend auf dem in Mittelhöhe gelegenen, erlenumſtandenen
Park-See, ſteigt nunmehr erſt, weiter abwärts, auf die unterſte
Treppenſtufe nieder — auf die breite Waſſerfläche des
Schwilow.

Der Park umſchloß früher auch die Kirche des Dorfes.
Alt, baufällig, unſchön wie ſie war, gab man ſie auf und auf
einem weiter zurückgelegenen Hügel wurde 1841 eine neue Kirche
aufgeführt. König Friedrich Wilhelm IV. (das Patronat iſt bei
der Landesherrſchaft) ordnete an, daß der Neubau im romani-
ſchen Stile erfolgen ſolle. Stüler entwarf die Zeichnungen;
die Ausführung folgte raſch. So reihte ſich denn die Petzower
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[187/0205] das maleriſche Element, nicht ſeine Architektur. Dieſe, ſo weit man überhaupt von einer Architektur ſprechen kann, datirt aus dem Anfang der 20er Jahre, iſt alſo kaum 50 Jahre alt. Dies gilt auch beſonders von den angebauten Flügeln. Und doch, als wir dieſe näher beſichtigten, nahmen wir an den Fen- ſtern des Erdgeſchoſſes kunſtvoll geſchmiedete Eiſengitter wahr, die ſich unſchwer auf die Mitte des vorigen Jahrhunderts zurück- führen ließen. Dies verwirrte uns. Das Räthſel ſollte ſich indeß in Kürze löſen. Dieſe Gitterfenſter wurden nämlich in Potsdam bei einem Häuſer-Abbruch erſtanden und hierher ver- pflanzt. Hier prangen nun die 150jährigen an einer erſt 50jährigen Front. Wir erzählen das lediglich zu dem Behuf, um zu zeigen, wie man durch Beurtheilung von Einzeldingen, von denen man dann Schlüſſe aufs Ganze zieht, erheblich irre geleitet werden kann. Nichts war verzeihlicher hier als ein Rechenfehler von hundert Jahren. Der Park iſt eine Schöpfung Lennés. An einem Hügel- abhang gelegen wie Sansſouci, hat er mit dieſem den Terraſſen- Charakter gemein. In großen Stufen geht es abwärts. Wenn aber Sansſouci bei all ſeiner Schönheit einfach eine große Wald-Terraſſe mit Garten und Wieſengründen bietet, ſo er- blickt man von dem Hügelrücken des Petzower Parkes aus eine impoſante Waſſer-Terraſſe, und unſer Auge, zunächſt aus- ruhend auf dem in Mittelhöhe gelegenen, erlenumſtandenen Park-See, ſteigt nunmehr erſt, weiter abwärts, auf die unterſte Treppenſtufe nieder — auf die breite Waſſerfläche des Schwilow. Der Park umſchloß früher auch die Kirche des Dorfes. Alt, baufällig, unſchön wie ſie war, gab man ſie auf und auf einem weiter zurückgelegenen Hügel wurde 1841 eine neue Kirche aufgeführt. König Friedrich Wilhelm IV. (das Patronat iſt bei der Landesherrſchaft) ordnete an, daß der Neubau im romani- ſchen Stile erfolgen ſolle. Stüler entwarf die Zeichnungen; die Ausführung folgte raſch. So reihte ſich denn die Petzower Kirche in den Kreis jener neuen ſchönen Gotteshäuſer ein, mit

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/205>, abgerufen am 24.11.2024.