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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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sich wundern, daß bei so veränderten Verhältnissen das wenig-
stens seiner Größe und äußeren Erscheinung nach ungleich be-
scheidenere Caput mit auf die Liste der Proscribirten gesetzt
wurde! Es sank zu einem bloßen Jagdhause herab, an dem
alsbald der mit holländischen Fliesen ausgelegte Souterrain-
Saal, weil sichs drin wie in einem Weinkeller poculiren ließ,
das Beste war. Von seinem alten Bestande über der Erde
blieben dem Schlosse nur der Kastellan und die Bilder, wahr-
scheinlich weil mit beiden nichts anzufangen war. Der Kastellan
war ein alter Türke, das rettete ihn; die Deckengemälde aber
-- -- in den Schlössern waren ihrer ohnehin mehr denn zu-
viel, und wenn die Schlösser sie nicht aufnehmen konnten,
wer damals in brandenburgischen Landen hätte sein Geld an
die sinnbildliche Verherrlichung der Künste, an Minerva und
Caliban, an Borussia und die Mohrenkönigin gesetzt! Auch
heute noch sind ihrer nicht viele.


So viel über die historischen 40 Jahre; wir schicken uns
jetzt an, in das Schloß selbst einzutreten.

Die doppelarmige Freitreppe, wir erwähnten ihrer bereits
(schon Sophie Charlotte schritt über diese Stufen hin) ist von
Epheusenkern des Hauses derartig umrankt und eingesponnen,
daß jeden Tragstein ein zierlich-phantastischer Rahmen von hell-
grünen Blättern schmückt. Die Wirkung dieses Bildes ist sehr
eigenthümlich. Eine Treppe im Arabeskenschmuck! Natur nahm
der Kunst den Griffel aus der Hand und übertraf sie.

Die Thür des Gartensalons öffnet sich. Freundliche Worte
begrüßen uns; wir sind willkommen.

Von einem kleinen zeltartigen Raume aus, der unmittel-
bar hinter der Freitreppe liegt, treten wir nunmehr unseren
Rundgang an. Die Zimmer führen noch zum Theil die Be-
zeichnungen aus der Kurfürstlichen Zeit her: Vorgemach, Schlaf-
zimmer, Cabinet des Kurfürsten, auf dem andern Flügel
ebenso der Kurfürstin; dazu Saal, Porzellankammer, Thee-

ſich wundern, daß bei ſo veränderten Verhältniſſen das wenig-
ſtens ſeiner Größe und äußeren Erſcheinung nach ungleich be-
ſcheidenere Caput mit auf die Liſte der Proſcribirten geſetzt
wurde! Es ſank zu einem bloßen Jagdhauſe herab, an dem
alsbald der mit holländiſchen Flieſen ausgelegte Souterrain-
Saal, weil ſichs drin wie in einem Weinkeller poculiren ließ,
das Beſte war. Von ſeinem alten Beſtande über der Erde
blieben dem Schloſſe nur der Kaſtellan und die Bilder, wahr-
ſcheinlich weil mit beiden nichts anzufangen war. Der Kaſtellan
war ein alter Türke, das rettete ihn; die Deckengemälde aber
— — in den Schlöſſern waren ihrer ohnehin mehr denn zu-
viel, und wenn die Schlöſſer ſie nicht aufnehmen konnten,
wer damals in brandenburgiſchen Landen hätte ſein Geld an
die ſinnbildliche Verherrlichung der Künſte, an Minerva und
Caliban, an Boruſſia und die Mohrenkönigin geſetzt! Auch
heute noch ſind ihrer nicht viele.


So viel über die hiſtoriſchen 40 Jahre; wir ſchicken uns
jetzt an, in das Schloß ſelbſt einzutreten.

Die doppelarmige Freitreppe, wir erwähnten ihrer bereits
(ſchon Sophie Charlotte ſchritt über dieſe Stufen hin) iſt von
Epheuſenkern des Hauſes derartig umrankt und eingeſponnen,
daß jeden Tragſtein ein zierlich-phantaſtiſcher Rahmen von hell-
grünen Blättern ſchmückt. Die Wirkung dieſes Bildes iſt ſehr
eigenthümlich. Eine Treppe im Arabeskenſchmuck! Natur nahm
der Kunſt den Griffel aus der Hand und übertraf ſie.

Die Thür des Gartenſalons öffnet ſich. Freundliche Worte
begrüßen uns; wir ſind willkommen.

Von einem kleinen zeltartigen Raume aus, der unmittel-
bar hinter der Freitreppe liegt, treten wir nunmehr unſeren
Rundgang an. Die Zimmer führen noch zum Theil die Be-
zeichnungen aus der Kurfürſtlichen Zeit her: Vorgemach, Schlaf-
zimmer, Cabinet des Kurfürſten, auf dem andern Flügel
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[181/0199] ſich wundern, daß bei ſo veränderten Verhältniſſen das wenig- ſtens ſeiner Größe und äußeren Erſcheinung nach ungleich be- ſcheidenere Caput mit auf die Liſte der Proſcribirten geſetzt wurde! Es ſank zu einem bloßen Jagdhauſe herab, an dem alsbald der mit holländiſchen Flieſen ausgelegte Souterrain- Saal, weil ſichs drin wie in einem Weinkeller poculiren ließ, das Beſte war. Von ſeinem alten Beſtande über der Erde blieben dem Schloſſe nur der Kaſtellan und die Bilder, wahr- ſcheinlich weil mit beiden nichts anzufangen war. Der Kaſtellan war ein alter Türke, das rettete ihn; die Deckengemälde aber — — in den Schlöſſern waren ihrer ohnehin mehr denn zu- viel, und wenn die Schlöſſer ſie nicht aufnehmen konnten, wer damals in brandenburgiſchen Landen hätte ſein Geld an die ſinnbildliche Verherrlichung der Künſte, an Minerva und Caliban, an Boruſſia und die Mohrenkönigin geſetzt! Auch heute noch ſind ihrer nicht viele. So viel über die hiſtoriſchen 40 Jahre; wir ſchicken uns jetzt an, in das Schloß ſelbſt einzutreten. Die doppelarmige Freitreppe, wir erwähnten ihrer bereits (ſchon Sophie Charlotte ſchritt über dieſe Stufen hin) iſt von Epheuſenkern des Hauſes derartig umrankt und eingeſponnen, daß jeden Tragſtein ein zierlich-phantaſtiſcher Rahmen von hell- grünen Blättern ſchmückt. Die Wirkung dieſes Bildes iſt ſehr eigenthümlich. Eine Treppe im Arabeskenſchmuck! Natur nahm der Kunſt den Griffel aus der Hand und übertraf ſie. Die Thür des Gartenſalons öffnet ſich. Freundliche Worte begrüßen uns; wir ſind willkommen. Von einem kleinen zeltartigen Raume aus, der unmittel- bar hinter der Freitreppe liegt, treten wir nunmehr unſeren Rundgang an. Die Zimmer führen noch zum Theil die Be- zeichnungen aus der Kurfürſtlichen Zeit her: Vorgemach, Schlaf- zimmer, Cabinet des Kurfürſten, auf dem andern Flügel ebenſo der Kurfürſtin; dazu Saal, Porzellankammer, Thee-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/199>, abgerufen am 24.11.2024.