die Zeit Sophie Charlottens und König FriedrichsI. bis 1713.
General de Chieze von 1662 bis 1671.
Der große Kurfürst, nachdem er 1662 Schloß und Gut Caput erstanden, entäußerte sich, wie in der Kürze bereits an- gedeutet, desselben wieder und schenkte es "mit allen Weinbergen, Schäfereien und Karpfenteichen" seinem Kammerjunker und Generalquartiermeister de la Chieze. Philipp de la Chieze, dessen Familie aus Piemont stammte, war 1660 aus schwedischem in brandenburgischen Dienst getreten. Er war Ober-Ingenieur, ein bedeutender Baumeister und hatte für den großen Kurfürsten eine ähnliche Bedeutung wie sie Rochus v. Lynar, hundert Jahre früher, für Joachim II. gehabt hatte. Er beherrschte den Schön- bau wie den Festungsbau, führte das Hauptgebäude des Pots- damer Stadtschlosses auf, leitete den Berliner Schloßbau, be- theiligte sich an der Ausführung des Friedrich-Wilhelms-Canals, besserte und erweiterte die Festungen des Landes.
Dies war der Mann, dem die Gnade des Kurfürsten das nur in leisen Zügen noch an alte Culturtage erinnernde Caput übergab. Er konnte es in keine besseren Hände geben. Das in Trümmern liegende Schloß -- muthmaßlich ein spät gothi- scher Bau -- wurde in modernem Stile wieder aufgeführt, und dem ganzen Gebäude im Wesentlichen das Gepräge gegeben, das es noch aufweist. Namentlich der "große Saal" erhielt bereits seine gegenwärtige Gestalt, wie wir aus einer alten Notiz ersehen, in der es heißt: "im Obergeschoß (Hochparterre) befand sich zu Seiten des Flurs ein großer Saal durchs ganze Schloß hin, mit zwei Fenstern nach Süden und zweien nach Norden." -- Der Kurfürst war hier oft zu Besuch, namentlich wenn ihn die Jagden nach dem Kunersdorfer Forste führten. Auch den jungen Prinzen wurde zuweilen gestattet, der Einladung des alten de Chieze zu folgen und einen halben Tag, frei von der strengen Aufsicht ihres Hofmeisters, in Caput herum zu schwär- men. Die Parkanlagen waren damals noch unbedeutend; der Garten nur mit Obstbäumen besetzt.
die Zeit Sophie Charlottens und König FriedrichsI. bis 1713.
General de Chieze von 1662 bis 1671.
Der große Kurfürſt, nachdem er 1662 Schloß und Gut Caput erſtanden, entäußerte ſich, wie in der Kürze bereits an- gedeutet, deſſelben wieder und ſchenkte es „mit allen Weinbergen, Schäfereien und Karpfenteichen“ ſeinem Kammerjunker und Generalquartiermeiſter de la Chieze. Philipp de la Chieze, deſſen Familie aus Piemont ſtammte, war 1660 aus ſchwediſchem in brandenburgiſchen Dienſt getreten. Er war Ober-Ingenieur, ein bedeutender Baumeiſter und hatte für den großen Kurfürſten eine ähnliche Bedeutung wie ſie Rochus v. Lynar, hundert Jahre früher, für Joachim II. gehabt hatte. Er beherrſchte den Schön- bau wie den Feſtungsbau, führte das Hauptgebäude des Pots- damer Stadtſchloſſes auf, leitete den Berliner Schloßbau, be- theiligte ſich an der Ausführung des Friedrich-Wilhelms-Canals, beſſerte und erweiterte die Feſtungen des Landes.
Dies war der Mann, dem die Gnade des Kurfürſten das nur in leiſen Zügen noch an alte Culturtage erinnernde Caput übergab. Er konnte es in keine beſſeren Hände geben. Das in Trümmern liegende Schloß — muthmaßlich ein ſpät gothi- ſcher Bau — wurde in modernem Stile wieder aufgeführt, und dem ganzen Gebäude im Weſentlichen das Gepräge gegeben, das es noch aufweiſt. Namentlich der „große Saal“ erhielt bereits ſeine gegenwärtige Geſtalt, wie wir aus einer alten Notiz erſehen, in der es heißt: „im Obergeſchoß (Hochparterre) befand ſich zu Seiten des Flurs ein großer Saal durchs ganze Schloß hin, mit zwei Fenſtern nach Süden und zweien nach Norden.“ — Der Kurfürſt war hier oft zu Beſuch, namentlich wenn ihn die Jagden nach dem Kunersdorfer Forſte führten. Auch den jungen Prinzen wurde zuweilen geſtattet, der Einladung des alten de Chieze zu folgen und einen halben Tag, frei von der ſtrengen Aufſicht ihres Hofmeiſters, in Caput herum zu ſchwär- men. Die Parkanlagen waren damals noch unbedeutend; der Garten nur mit Obſtbäumen beſetzt.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0194"n="176"/>
die Zeit <hirendition="#g">Sophie Charlottens</hi> und König <hirendition="#g">Friedrichs</hi><hirendition="#aq">I.</hi><lb/>
bis 1713.</p><lb/><divn="2"><head><hirendition="#g">General de Chieze von 1662 bis 1671</hi>.</head><lb/><p>Der große Kurfürſt, nachdem er 1662 Schloß und Gut<lb/>
Caput erſtanden, entäußerte ſich, wie in der Kürze bereits an-<lb/>
gedeutet, deſſelben wieder und ſchenkte es „mit allen Weinbergen,<lb/>
Schäfereien und Karpfenteichen“ſeinem Kammerjunker und<lb/>
Generalquartiermeiſter de la Chieze. Philipp de la Chieze, deſſen<lb/>
Familie aus Piemont ſtammte, war 1660 aus ſchwediſchem in<lb/>
brandenburgiſchen Dienſt getreten. Er war Ober-Ingenieur, ein<lb/>
bedeutender Baumeiſter und hatte für den großen Kurfürſten<lb/>
eine ähnliche Bedeutung wie ſie Rochus v. Lynar, hundert Jahre<lb/>
früher, für Joachim <hirendition="#aq">II.</hi> gehabt hatte. Er beherrſchte den Schön-<lb/>
bau wie den Feſtungsbau, führte das Hauptgebäude des Pots-<lb/>
damer Stadtſchloſſes auf, leitete den Berliner Schloßbau, be-<lb/>
theiligte ſich an der Ausführung des Friedrich-Wilhelms-Canals,<lb/>
beſſerte und erweiterte die Feſtungen des Landes.</p><lb/><p>Dies war der Mann, dem die Gnade des Kurfürſten das<lb/>
nur in leiſen Zügen noch an alte Culturtage erinnernde Caput<lb/>
übergab. Er konnte es in keine beſſeren Hände geben. Das<lb/>
in Trümmern liegende Schloß — muthmaßlich ein ſpät gothi-<lb/>ſcher Bau — wurde in modernem Stile wieder aufgeführt, und<lb/>
dem ganzen Gebäude im Weſentlichen das Gepräge gegeben, das<lb/>
es noch aufweiſt. Namentlich der „große Saal“ erhielt bereits<lb/>ſeine gegenwärtige Geſtalt, wie wir aus einer alten Notiz<lb/>
erſehen, in der es heißt: „im Obergeſchoß (Hochparterre) befand<lb/>ſich zu Seiten des Flurs ein großer Saal durchs ganze Schloß<lb/>
hin, mit zwei Fenſtern nach Süden und zweien nach Norden.“<lb/>— Der Kurfürſt war hier oft zu Beſuch, namentlich wenn ihn<lb/>
die Jagden nach dem Kunersdorfer Forſte führten. Auch den<lb/>
jungen Prinzen wurde zuweilen geſtattet, der Einladung des<lb/>
alten de Chieze zu folgen und einen halben Tag, frei von der<lb/>ſtrengen Aufſicht ihres Hofmeiſters, in Caput herum zu ſchwär-<lb/>
men. Die Parkanlagen waren damals noch unbedeutend; der<lb/>
Garten nur mit Obſtbäumen beſetzt.</p></div><lb/></div></body></text></TEI>
[176/0194]
die Zeit Sophie Charlottens und König Friedrichs I.
bis 1713.
General de Chieze von 1662 bis 1671.
Der große Kurfürſt, nachdem er 1662 Schloß und Gut
Caput erſtanden, entäußerte ſich, wie in der Kürze bereits an-
gedeutet, deſſelben wieder und ſchenkte es „mit allen Weinbergen,
Schäfereien und Karpfenteichen“ ſeinem Kammerjunker und
Generalquartiermeiſter de la Chieze. Philipp de la Chieze, deſſen
Familie aus Piemont ſtammte, war 1660 aus ſchwediſchem in
brandenburgiſchen Dienſt getreten. Er war Ober-Ingenieur, ein
bedeutender Baumeiſter und hatte für den großen Kurfürſten
eine ähnliche Bedeutung wie ſie Rochus v. Lynar, hundert Jahre
früher, für Joachim II. gehabt hatte. Er beherrſchte den Schön-
bau wie den Feſtungsbau, führte das Hauptgebäude des Pots-
damer Stadtſchloſſes auf, leitete den Berliner Schloßbau, be-
theiligte ſich an der Ausführung des Friedrich-Wilhelms-Canals,
beſſerte und erweiterte die Feſtungen des Landes.
Dies war der Mann, dem die Gnade des Kurfürſten das
nur in leiſen Zügen noch an alte Culturtage erinnernde Caput
übergab. Er konnte es in keine beſſeren Hände geben. Das
in Trümmern liegende Schloß — muthmaßlich ein ſpät gothi-
ſcher Bau — wurde in modernem Stile wieder aufgeführt, und
dem ganzen Gebäude im Weſentlichen das Gepräge gegeben, das
es noch aufweiſt. Namentlich der „große Saal“ erhielt bereits
ſeine gegenwärtige Geſtalt, wie wir aus einer alten Notiz
erſehen, in der es heißt: „im Obergeſchoß (Hochparterre) befand
ſich zu Seiten des Flurs ein großer Saal durchs ganze Schloß
hin, mit zwei Fenſtern nach Süden und zweien nach Norden.“
— Der Kurfürſt war hier oft zu Beſuch, namentlich wenn ihn
die Jagden nach dem Kunersdorfer Forſte führten. Auch den
jungen Prinzen wurde zuweilen geſtattet, der Einladung des
alten de Chieze zu folgen und einen halben Tag, frei von der
ſtrengen Aufſicht ihres Hofmeiſters, in Caput herum zu ſchwär-
men. Die Parkanlagen waren damals noch unbedeutend; der
Garten nur mit Obſtbäumen beſetzt.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der dritte Band "Ost-Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg" 1873 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/194>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.