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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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stock, der allen Bürgern den uns schon bekannten Befehl brachte.
Die Neugierde wuchs und die Frauen vergaßen ihre Morgen-
suppe; aber schon um 6 Uhr Morgens zog die ganze löbliche
Bürgerschaft, Viertelmeister und Rathmänner voran, zum Thore
hinaus der Festung zu.

Als der Herr Bürgermeister Bier auf der Festung ange-
kommen war, wurde er alsbald dem gnädigen Kurfürsten vor-
gestellt, und als dieser ihm freundlichst entgegenkam, fiel ihm
ein schwerer Stein vom Herzen, und er vernahm nun vom
Kurfürsten, daß er sich über den kleinen Schrecken, welchen ihm
sein Spaß vielleicht verursacht hätte, beruhigen möchte; indessen
wünsche er, daß die Bürgerschaft zu dem Vergnügen, welches
er sich heute vorgesetzt habe, ihm willig die Hand bieten wöge;
er habe nämlich ebenfalls auch die Berliner und Cöllner Bür-
ger dazu beordert, daß sie auf Schiffen mit den Span-
dauern ein Gefecht bestehen möchten
, und selbige hät-
ten sich dazu bereit erklärt und würden wohl bereits dazu unter-
wegs sein; ein Gleiches wünsche er von ihnen; Waffen habe er
mitgebracht, Schiffe möchten sie nehmen, wo sie solche fänden;
die Anordnung überließe er dem Bürgermeister, und er mache
ihn heut zugleich zum Admiral der Flotte.

Der Zug der Bürger kam indessen auf der Festung an.
Der Kurfürst trat ihnen mit seinem Gefolge, den Herrn Bürger-
meister in der Mitte, entgegen und sagte ihnen:

"Lieben Kinder, Spandower! Ihr habt wohl wer
weiß was gedacht, daß ich Euren Bürgermeister entführt und
überhaupt Euch so in Allarm gebracht habe. Indessen ist
es so schlimm nicht. Es ist nichts weiter, als daß Ihr
Euch heute mit den Berlinern zu Wasser und vielleicht auch
zu Lande schlagen sollt. Waffen liegen dort, und Brust-
harnische und Helmhauben auch; diese nehmt. Der Herr Bür-
germeister wird alles weiter anordnen, und wehrt Euch tapfer!"

Nun wurden ihnen hölzerne Spieße, alle von einerlei
Länge und Stärke, Helme und Harnische zugetheilt, damit sie
sich zum Streit bewaffnen sollten. Jetzt zurückgekehrt zur Stadt,

9*

ſtock, der allen Bürgern den uns ſchon bekannten Befehl brachte.
Die Neugierde wuchs und die Frauen vergaßen ihre Morgen-
ſuppe; aber ſchon um 6 Uhr Morgens zog die ganze löbliche
Bürgerſchaft, Viertelmeiſter und Rathmänner voran, zum Thore
hinaus der Feſtung zu.

Als der Herr Bürgermeiſter Bier auf der Feſtung ange-
kommen war, wurde er alsbald dem gnädigen Kurfürſten vor-
geſtellt, und als dieſer ihm freundlichſt entgegenkam, fiel ihm
ein ſchwerer Stein vom Herzen, und er vernahm nun vom
Kurfürſten, daß er ſich über den kleinen Schrecken, welchen ihm
ſein Spaß vielleicht verurſacht hätte, beruhigen möchte; indeſſen
wünſche er, daß die Bürgerſchaft zu dem Vergnügen, welches
er ſich heute vorgeſetzt habe, ihm willig die Hand bieten wöge;
er habe nämlich ebenfalls auch die Berliner und Cöllner Bür-
ger dazu beordert, daß ſie auf Schiffen mit den Span-
dauern ein Gefecht beſtehen möchten
, und ſelbige hät-
ten ſich dazu bereit erklärt und würden wohl bereits dazu unter-
wegs ſein; ein Gleiches wünſche er von ihnen; Waffen habe er
mitgebracht, Schiffe möchten ſie nehmen, wo ſie ſolche fänden;
die Anordnung überließe er dem Bürgermeiſter, und er mache
ihn heut zugleich zum Admiral der Flotte.

Der Zug der Bürger kam indeſſen auf der Feſtung an.
Der Kurfürſt trat ihnen mit ſeinem Gefolge, den Herrn Bürger-
meiſter in der Mitte, entgegen und ſagte ihnen:

„Lieben Kinder, Spandower! Ihr habt wohl wer
weiß was gedacht, daß ich Euren Bürgermeiſter entführt und
überhaupt Euch ſo in Allarm gebracht habe. Indeſſen iſt
es ſo ſchlimm nicht. Es iſt nichts weiter, als daß Ihr
Euch heute mit den Berlinern zu Waſſer und vielleicht auch
zu Lande ſchlagen ſollt. Waffen liegen dort, und Bruſt-
harniſche und Helmhauben auch; dieſe nehmt. Der Herr Bür-
germeiſter wird alles weiter anordnen, und wehrt Euch tapfer!“

Nun wurden ihnen hölzerne Spieße, alle von einerlei
Länge und Stärke, Helme und Harniſche zugetheilt, damit ſie
ſich zum Streit bewaffnen ſollten. Jetzt zurückgekehrt zur Stadt,

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[131/0149] ſtock, der allen Bürgern den uns ſchon bekannten Befehl brachte. Die Neugierde wuchs und die Frauen vergaßen ihre Morgen- ſuppe; aber ſchon um 6 Uhr Morgens zog die ganze löbliche Bürgerſchaft, Viertelmeiſter und Rathmänner voran, zum Thore hinaus der Feſtung zu. Als der Herr Bürgermeiſter Bier auf der Feſtung ange- kommen war, wurde er alsbald dem gnädigen Kurfürſten vor- geſtellt, und als dieſer ihm freundlichſt entgegenkam, fiel ihm ein ſchwerer Stein vom Herzen, und er vernahm nun vom Kurfürſten, daß er ſich über den kleinen Schrecken, welchen ihm ſein Spaß vielleicht verurſacht hätte, beruhigen möchte; indeſſen wünſche er, daß die Bürgerſchaft zu dem Vergnügen, welches er ſich heute vorgeſetzt habe, ihm willig die Hand bieten wöge; er habe nämlich ebenfalls auch die Berliner und Cöllner Bür- ger dazu beordert, daß ſie auf Schiffen mit den Span- dauern ein Gefecht beſtehen möchten, und ſelbige hät- ten ſich dazu bereit erklärt und würden wohl bereits dazu unter- wegs ſein; ein Gleiches wünſche er von ihnen; Waffen habe er mitgebracht, Schiffe möchten ſie nehmen, wo ſie ſolche fänden; die Anordnung überließe er dem Bürgermeiſter, und er mache ihn heut zugleich zum Admiral der Flotte. Der Zug der Bürger kam indeſſen auf der Feſtung an. Der Kurfürſt trat ihnen mit ſeinem Gefolge, den Herrn Bürger- meiſter in der Mitte, entgegen und ſagte ihnen: „Lieben Kinder, Spandower! Ihr habt wohl wer weiß was gedacht, daß ich Euren Bürgermeiſter entführt und überhaupt Euch ſo in Allarm gebracht habe. Indeſſen iſt es ſo ſchlimm nicht. Es iſt nichts weiter, als daß Ihr Euch heute mit den Berlinern zu Waſſer und vielleicht auch zu Lande ſchlagen ſollt. Waffen liegen dort, und Bruſt- harniſche und Helmhauben auch; dieſe nehmt. Der Herr Bür- germeiſter wird alles weiter anordnen, und wehrt Euch tapfer!“ Nun wurden ihnen hölzerne Spieße, alle von einerlei Länge und Stärke, Helme und Harniſche zugetheilt, damit ſie ſich zum Streit bewaffnen ſollten. Jetzt zurückgekehrt zur Stadt, 9*

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/149>, abgerufen am 24.11.2024.