angekommen war, sandte, um den Bewohnern einen Schrecken zu bereiten, des Morgens ganz früh einige seiner Traban- ten nach der Stadt Spandow, zum Hause des damaligen Bürgermeisters Bartholomäus Bier, welchen sie, da noch Alles schlief, mit starkem Pochen an seiner Hausthür erweckten. Da derselbe beim Oeffnen der Thür die Trabanten des Kurfürsten erblickte, und sogleich den Befehl erhielt, sich anzukleiden und die Trabanten zum Kurfürsten nach der Festung zu begleiten, erschrak er sehr und konnte sich nicht darin finden, wie er dazu käme, unter militärischer Gewalt nach der Veste abgeführt zu werden. Seine Frau, welche ebenfalls hinzu- gekommen war, war noch mehr erschrocken und fing schon ein gewaltiges Klagen an. Zugleich gab ihm der Anführer der Trabanten eine an die ganze Bürgerschaft gerichtete kurfürstliche Ordre. Der Herr Bürgermeister sandte eine Magd eiligst nach dem Stadtdiener Strohband. Dieser, in gleicher Aufregung wie sein Herr, kam halb angekleidet und in Pantoffeln herbei. Er erhielt den Auftrag, sogleich zu allen Viertelmeistern zu gehen, um ihnen den kurfürstlichen Befehl, der ebenfalls auf ein Erscheinen vor dem hohen Herrn hinauslief, bekannt zu machen.
Während nun Strohband lief, um die Bürger zu bestellen, und der Herr Bürgermeister sich in aller Eile angekleidet hatte, mäßigte sich sein Schrecken, weil ihm sein gutes Gewissen sagte, daß der Kurfürst so wenig mit ihm wie mit der Bürgerschaft etwas Schlimmes im Sinne haben könne, da seines Wissens keine Sache vorlag, welche den Unwillen des hohen Herrn ver- diente. Nachdem er seine Frau damit getröstet und beruhigt hatte, ging er getrosten Muthes mit den Trabanten ab. Einige alte Frauen und Mägde, welche früh aufgestanden waren, um die Kühe vor den Hirten zu treiben, als sie sahen, daß der gestrenge Herr Bürgermeister in der Mitte von Trabanten des Kurfürsten zur Veste geleitet wurde, kreuzten und segneten sich und liefen schnell, um die Neuigkeit zu hinterbringen. Jeder zerbrach sich den Kopf. Endlich kam denn auch der Krumm-
angekommen war, ſandte, um den Bewohnern einen Schrecken zu bereiten, des Morgens ganz früh einige ſeiner Traban- ten nach der Stadt Spandow, zum Hauſe des damaligen Bürgermeiſters Bartholomäus Bier, welchen ſie, da noch Alles ſchlief, mit ſtarkem Pochen an ſeiner Hausthür erweckten. Da derſelbe beim Oeffnen der Thür die Trabanten des Kurfürſten erblickte, und ſogleich den Befehl erhielt, ſich anzukleiden und die Trabanten zum Kurfürſten nach der Feſtung zu begleiten, erſchrak er ſehr und konnte ſich nicht darin finden, wie er dazu käme, unter militäriſcher Gewalt nach der Veſte abgeführt zu werden. Seine Frau, welche ebenfalls hinzu- gekommen war, war noch mehr erſchrocken und fing ſchon ein gewaltiges Klagen an. Zugleich gab ihm der Anführer der Trabanten eine an die ganze Bürgerſchaft gerichtete kurfürſtliche Ordre. Der Herr Bürgermeiſter ſandte eine Magd eiligſt nach dem Stadtdiener Strohband. Dieſer, in gleicher Aufregung wie ſein Herr, kam halb angekleidet und in Pantoffeln herbei. Er erhielt den Auftrag, ſogleich zu allen Viertelmeiſtern zu gehen, um ihnen den kurfürſtlichen Befehl, der ebenfalls auf ein Erſcheinen vor dem hohen Herrn hinauslief, bekannt zu machen.
Während nun Strohband lief, um die Bürger zu beſtellen, und der Herr Bürgermeiſter ſich in aller Eile angekleidet hatte, mäßigte ſich ſein Schrecken, weil ihm ſein gutes Gewiſſen ſagte, daß der Kurfürſt ſo wenig mit ihm wie mit der Bürgerſchaft etwas Schlimmes im Sinne haben könne, da ſeines Wiſſens keine Sache vorlag, welche den Unwillen des hohen Herrn ver- diente. Nachdem er ſeine Frau damit getröſtet und beruhigt hatte, ging er getroſten Muthes mit den Trabanten ab. Einige alte Frauen und Mägde, welche früh aufgeſtanden waren, um die Kühe vor den Hirten zu treiben, als ſie ſahen, daß der geſtrenge Herr Bürgermeiſter in der Mitte von Trabanten des Kurfürſten zur Veſte geleitet wurde, kreuzten und ſegneten ſich und liefen ſchnell, um die Neuigkeit zu hinterbringen. Jeder zerbrach ſich den Kopf. Endlich kam denn auch der Krumm-
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angekommen war, ſandte, um den Bewohnern einen Schrecken
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Bürgermeiſters Bartholomäus Bier, welchen ſie,
da noch Alles ſchlief, mit ſtarkem Pochen an ſeiner Hausthür
erweckten. Da derſelbe beim Oeffnen der Thür die Trabanten
des Kurfürſten erblickte, und ſogleich den Befehl erhielt, ſich
anzukleiden und die Trabanten zum Kurfürſten nach der Feſtung
zu begleiten, erſchrak er ſehr und konnte ſich nicht darin finden,
wie er dazu käme, unter militäriſcher Gewalt nach der Veſte
abgeführt zu werden. Seine Frau, welche ebenfalls hinzu-
gekommen war, war noch mehr erſchrocken und fing ſchon ein
gewaltiges Klagen an. Zugleich gab ihm der Anführer der
Trabanten eine an die ganze Bürgerſchaft gerichtete kurfürſtliche
Ordre. Der Herr Bürgermeiſter ſandte eine Magd eiligſt nach
dem Stadtdiener Strohband. Dieſer, in gleicher Aufregung
wie ſein Herr, kam halb angekleidet und in Pantoffeln herbei.
Er erhielt den Auftrag, ſogleich zu allen Viertelmeiſtern zu
gehen, um ihnen den kurfürſtlichen Befehl, der ebenfalls auf
ein Erſcheinen vor dem hohen Herrn hinauslief, bekannt zu
machen.
Während nun Strohband lief, um die Bürger zu beſtellen,
und der Herr Bürgermeiſter ſich in aller Eile angekleidet hatte,
mäßigte ſich ſein Schrecken, weil ihm ſein gutes Gewiſſen ſagte,
daß der Kurfürſt ſo wenig mit ihm wie mit der Bürgerſchaft
etwas Schlimmes im Sinne haben könne, da ſeines Wiſſens
keine Sache vorlag, welche den Unwillen des hohen Herrn ver-
diente. Nachdem er ſeine Frau damit getröſtet und beruhigt
hatte, ging er getroſten Muthes mit den Trabanten ab. Einige
alte Frauen und Mägde, welche früh aufgeſtanden waren, um
die Kühe vor den Hirten zu treiben, als ſie ſahen, daß der
geſtrenge Herr Bürgermeiſter in der Mitte von Trabanten des
Kurfürſten zur Veſte geleitet wurde, kreuzten und ſegneten ſich
und liefen ſchnell, um die Neuigkeit zu hinterbringen. Jeder
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der dritte Band "Ost-Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg" 1873 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/148>, abgerufen am 24.11.2024.
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