in die Havel und mittelst der Havel in die Elbe, sicherte dem Kloster Markt und Absatzplätze.
Reich und angesehen wie das Kloster, so angesehen und verehrt war sein Abt. Das Volk hing ihm an, und der Kur- fürst JoachimI., -- der ihn seinen "Gevatter" nannte, seit Abt Valentin bei der Taufe des zweiten kurfürstlichen Prin- zen, des späteren Markgrafen Johann von Küstrin, als Tauf- zeuge zugegen gewesen war -- war dem Abt zu Willen in vielen Stücken. 1509 sprach Joachim die Befreiung des Klosters von kurfürstlichem Jagd-Eingelage "auf Lebenszeit des Abtes" aus, und 1515 ging er weiter und machte aus der zeitweiligen Befreiung eine Befreiung auf immer. Daß das Kloster selber den Tod Valentin's nicht überleben würde, ent- zog sich damals, 1515, noch jeder Berechnung und Voraussage. Die Wirren und Kämpfe, die bald folgten, ketteten den Kur- fürsten, so scheint es, nur fester an unseren Lehniner Abt, und wir dürfen wohl annehmen, daß die Rathschläge dieses seines "Rathes und Gevatters" nicht ohne Einfluß auf die Ent- schlüsse waren, die ihn, der Strömung der Zeit und den Beschwörungen der Kurfürstin gegenüber, bei der alten Lehre beharren ließen. Dies einfach als Hartnäckigkeit zu deuten, wäre Irrthum und Thorheit; es war der Ausdruck einer festen Ueberzeugung, was ihn das Schwerere wählen und -- gegen den Strom schwimmen ließ. Joachim, fest wie er in seinem Glauben war, war auch fest in seiner Liebe zu Kloster Lehnin, und wiewohl er sich mit keiner Idee lieber und herzlicher getra- gen hatte, als mit der Gründung eines großen Domstiftes zu Cöln an der Spree (wie es später unter JoachimII. auch wirklich in's Leben trat), so wollte er doch in Lehnin begraben sein, an der Seite seines Vaters, in der Gruft, die schon die alten Askanier ihrem Geschlecht erbaut hatten.
Und unser Lehniner Abt, wie er all die Zeit über der Vertraute seines Fürsten war, so war er auch der Vertrauens- mann der Geistlichkeit, und der zunächst Auserwählte, als es galt, den "moenchischen Lärmen" zu beschwichtigen, der in dem
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in die Havel und mittelſt der Havel in die Elbe, ſicherte dem Kloſter Markt und Abſatzplätze.
Reich und angeſehen wie das Kloſter, ſo angeſehen und verehrt war ſein Abt. Das Volk hing ihm an, und der Kur- fürſt JoachimI., — der ihn ſeinen „Gevatter“ nannte, ſeit Abt Valentin bei der Taufe des zweiten kurfürſtlichen Prin- zen, des ſpäteren Markgrafen Johann von Küſtrin, als Tauf- zeuge zugegen geweſen war — war dem Abt zu Willen in vielen Stücken. 1509 ſprach Joachim die Befreiung des Kloſters von kurfürſtlichem Jagd-Eingelage „auf Lebenszeit des Abtes“ aus, und 1515 ging er weiter und machte aus der zeitweiligen Befreiung eine Befreiung auf immer. Daß das Kloſter ſelber den Tod Valentin’s nicht überleben würde, ent- zog ſich damals, 1515, noch jeder Berechnung und Vorausſage. Die Wirren und Kämpfe, die bald folgten, ketteten den Kur- fürſten, ſo ſcheint es, nur feſter an unſeren Lehniner Abt, und wir dürfen wohl annehmen, daß die Rathſchläge dieſes ſeines „Rathes und Gevatters“ nicht ohne Einfluß auf die Ent- ſchlüſſe waren, die ihn, der Strömung der Zeit und den Beſchwörungen der Kurfürſtin gegenüber, bei der alten Lehre beharren ließen. Dies einfach als Hartnäckigkeit zu deuten, wäre Irrthum und Thorheit; es war der Ausdruck einer feſten Ueberzeugung, was ihn das Schwerere wählen und — gegen den Strom ſchwimmen ließ. Joachim, feſt wie er in ſeinem Glauben war, war auch feſt in ſeiner Liebe zu Kloſter Lehnin, und wiewohl er ſich mit keiner Idee lieber und herzlicher getra- gen hatte, als mit der Gründung eines großen Domſtiftes zu Cöln an der Spree (wie es ſpäter unter JoachimII. auch wirklich in’s Leben trat), ſo wollte er doch in Lehnin begraben ſein, an der Seite ſeines Vaters, in der Gruft, die ſchon die alten Askanier ihrem Geſchlecht erbaut hatten.
Und unſer Lehniner Abt, wie er all die Zeit über der Vertraute ſeines Fürſten war, ſo war er auch der Vertrauens- mann der Geiſtlichkeit, und der zunächſt Auserwählte, als es galt, den „moenchiſchen Lärmen“ zu beſchwichtigen, der in dem
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in die Havel und mittelſt der Havel in die Elbe, ſicherte dem
Kloſter Markt und Abſatzplätze.
Reich und angeſehen wie das Kloſter, ſo angeſehen und
verehrt war ſein Abt. Das Volk hing ihm an, und der Kur-
fürſt Joachim I., — der ihn ſeinen „Gevatter“ nannte, ſeit
Abt Valentin bei der Taufe des zweiten kurfürſtlichen Prin-
zen, des ſpäteren Markgrafen Johann von Küſtrin, als Tauf-
zeuge zugegen geweſen war — war dem Abt zu Willen in
vielen Stücken. 1509 ſprach Joachim die Befreiung des
Kloſters von kurfürſtlichem Jagd-Eingelage „auf Lebenszeit des
Abtes“ aus, und 1515 ging er weiter und machte aus der
zeitweiligen Befreiung eine Befreiung auf immer. Daß das
Kloſter ſelber den Tod Valentin’s nicht überleben würde, ent-
zog ſich damals, 1515, noch jeder Berechnung und Vorausſage.
Die Wirren und Kämpfe, die bald folgten, ketteten den Kur-
fürſten, ſo ſcheint es, nur feſter an unſeren Lehniner Abt, und
wir dürfen wohl annehmen, daß die Rathſchläge dieſes ſeines
„Rathes und Gevatters“ nicht ohne Einfluß auf die Ent-
ſchlüſſe waren, die ihn, der Strömung der Zeit und den
Beſchwörungen der Kurfürſtin gegenüber, bei der alten Lehre
beharren ließen. Dies einfach als Hartnäckigkeit zu deuten,
wäre Irrthum und Thorheit; es war der Ausdruck einer feſten
Ueberzeugung, was ihn das Schwerere wählen und — gegen
den Strom ſchwimmen ließ. Joachim, feſt wie er in ſeinem
Glauben war, war auch feſt in ſeiner Liebe zu Kloſter Lehnin,
und wiewohl er ſich mit keiner Idee lieber und herzlicher getra-
gen hatte, als mit der Gründung eines großen Domſtiftes zu
Cöln an der Spree (wie es ſpäter unter Joachim II. auch
wirklich in’s Leben trat), ſo wollte er doch in Lehnin begraben
ſein, an der Seite ſeines Vaters, in der Gruft, die ſchon die
alten Askanier ihrem Geſchlecht erbaut hatten.
Und unſer Lehniner Abt, wie er all die Zeit über der
Vertraute ſeines Fürſten war, ſo war er auch der Vertrauens-
mann der Geiſtlichkeit, und der zunächſt Auserwählte, als es
galt, den „moenchiſchen Lärmen“ zu beſchwichtigen, der in dem
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der dritte Band "Ost-Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg" 1873 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/117>, abgerufen am 27.11.2024.
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