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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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Nicolaus von Lützow im Kloster ein Nachtlager bezogen
habe, von verschiedenen Laienbrüdern des Klosters (darunter
namentlich der Anhang des damaligen Mönches, jetzigen
Abtes Herrmann) überfallen und sammt seiner Begleitung
ermordet worden. Als am andern Morgen das Gerücht von
diesem Morde die Klosterzellen erreicht habe, sei Herrmann
(genannt von Pritzwalk) mit seinem Anhang an den Ort
der That geeilt, und habe denn auch den Ritter Falco,
sowie drei seiner Begleiter bereits erschlagen, zwei andre Dienst-
mannen aber schwer verwundet, im Bettstroh versteckt, vorgefun-
den. Mönch Herrmann habe nunmehr Befehl gegeben, auch
diese Verwundeten zu tödten; die Waffen Falco's aber habe
er als Beute an sich genommen und späterhin vielfach gebraucht.

Dieser Mord, so heißt es in der Urkunde weiter, habe
alsbald eine mehr als zehnjährige Fehde hervorgerufen, in der
durch die Anhänger des Ritters Falco nicht nur drei Laien-
brüder und viele Knechte und Schutzbefohlene des Klosters getöd-
tet, sondern auch die Güter desselben durch Raub, Brand und
Plünderei verwüstet worden seien, so daß man den Schaden
auf über 60,000 Goldgulden geschätzt habe. Während dieser
Fehden und Kriegszüge hätten die Mönche zu Schutz und Trutz
beständig Waffen geführt, so daß sie, ganz gegen die Ordens-
regel, im Schlafsaal und Refectorium immer gewaffnet erschie-
nen wären. An den Kämpfen selbst hätten viele der Fratres
Theil genommen, andre, namentlich von den Laienbrüdern,
hätten das Kloster verlassen und ein anderes Obdach gesucht.

Auch von den Hintersassen des Klosters seien Mord und
Brand und Unthaten aller Art verübt worden, als deren mora-
lische Urheber das umwohnende Volk längst gewohnt sei, die
Klosterbrüder anzusehen, weshalb denn auch all die Zeit über
der Nothschrei zugenommen habe, daß die Lehninschen Mönche
vertrieben und durch Ordensbrüder von besserem Lebenswandel
ersetzt werden möchten. Bei Gelegenheit dieser Fehden und
Kämpfe seien übrigens die beweglichen und unbeweglichen Güter
des Klosters vielfach veräußert und verpfändet worden.

Nicolaus von Lützow im Kloſter ein Nachtlager bezogen
habe, von verſchiedenen Laienbrüdern des Kloſters (darunter
namentlich der Anhang des damaligen Mönches, jetzigen
Abtes Herrmann) überfallen und ſammt ſeiner Begleitung
ermordet worden. Als am andern Morgen das Gerücht von
dieſem Morde die Kloſterzellen erreicht habe, ſei Herrmann
(genannt von Pritzwalk) mit ſeinem Anhang an den Ort
der That geeilt, und habe denn auch den Ritter Falco,
ſowie drei ſeiner Begleiter bereits erſchlagen, zwei andre Dienſt-
mannen aber ſchwer verwundet, im Bettſtroh verſteckt, vorgefun-
den. Mönch Herrmann habe nunmehr Befehl gegeben, auch
dieſe Verwundeten zu tödten; die Waffen Falco’s aber habe
er als Beute an ſich genommen und ſpäterhin vielfach gebraucht.

Dieſer Mord, ſo heißt es in der Urkunde weiter, habe
alsbald eine mehr als zehnjährige Fehde hervorgerufen, in der
durch die Anhänger des Ritters Falco nicht nur drei Laien-
brüder und viele Knechte und Schutzbefohlene des Kloſters getöd-
tet, ſondern auch die Güter deſſelben durch Raub, Brand und
Plünderei verwüſtet worden ſeien, ſo daß man den Schaden
auf über 60,000 Goldgulden geſchätzt habe. Während dieſer
Fehden und Kriegszüge hätten die Mönche zu Schutz und Trutz
beſtändig Waffen geführt, ſo daß ſie, ganz gegen die Ordens-
regel, im Schlafſaal und Refectorium immer gewaffnet erſchie-
nen wären. An den Kämpfen ſelbſt hätten viele der Fratres
Theil genommen, andre, namentlich von den Laienbrüdern,
hätten das Kloſter verlaſſen und ein anderes Obdach geſucht.

Auch von den Hinterſaſſen des Kloſters ſeien Mord und
Brand und Unthaten aller Art verübt worden, als deren mora-
liſche Urheber das umwohnende Volk längſt gewohnt ſei, die
Kloſterbrüder anzuſehen, weshalb denn auch all die Zeit über
der Nothſchrei zugenommen habe, daß die Lehninſchen Mönche
vertrieben und durch Ordensbrüder von beſſerem Lebenswandel
erſetzt werden möchten. Bei Gelegenheit dieſer Fehden und
Kämpfe ſeien übrigens die beweglichen und unbeweglichen Güter
des Kloſters vielfach veräußert und verpfändet worden.

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[87/0105] Nicolaus von Lützow im Kloſter ein Nachtlager bezogen habe, von verſchiedenen Laienbrüdern des Kloſters (darunter namentlich der Anhang des damaligen Mönches, jetzigen Abtes Herrmann) überfallen und ſammt ſeiner Begleitung ermordet worden. Als am andern Morgen das Gerücht von dieſem Morde die Kloſterzellen erreicht habe, ſei Herrmann (genannt von Pritzwalk) mit ſeinem Anhang an den Ort der That geeilt, und habe denn auch den Ritter Falco, ſowie drei ſeiner Begleiter bereits erſchlagen, zwei andre Dienſt- mannen aber ſchwer verwundet, im Bettſtroh verſteckt, vorgefun- den. Mönch Herrmann habe nunmehr Befehl gegeben, auch dieſe Verwundeten zu tödten; die Waffen Falco’s aber habe er als Beute an ſich genommen und ſpäterhin vielfach gebraucht. Dieſer Mord, ſo heißt es in der Urkunde weiter, habe alsbald eine mehr als zehnjährige Fehde hervorgerufen, in der durch die Anhänger des Ritters Falco nicht nur drei Laien- brüder und viele Knechte und Schutzbefohlene des Kloſters getöd- tet, ſondern auch die Güter deſſelben durch Raub, Brand und Plünderei verwüſtet worden ſeien, ſo daß man den Schaden auf über 60,000 Goldgulden geſchätzt habe. Während dieſer Fehden und Kriegszüge hätten die Mönche zu Schutz und Trutz beſtändig Waffen geführt, ſo daß ſie, ganz gegen die Ordens- regel, im Schlafſaal und Refectorium immer gewaffnet erſchie- nen wären. An den Kämpfen ſelbſt hätten viele der Fratres Theil genommen, andre, namentlich von den Laienbrüdern, hätten das Kloſter verlaſſen und ein anderes Obdach geſucht. Auch von den Hinterſaſſen des Kloſters ſeien Mord und Brand und Unthaten aller Art verübt worden, als deren mora- liſche Urheber das umwohnende Volk längſt gewohnt ſei, die Kloſterbrüder anzuſehen, weshalb denn auch all die Zeit über der Nothſchrei zugenommen habe, daß die Lehninſchen Mönche vertrieben und durch Ordensbrüder von beſſerem Lebenswandel erſetzt werden möchten. Bei Gelegenheit dieſer Fehden und Kämpfe ſeien übrigens die beweglichen und unbeweglichen Güter des Kloſters vielfach veräußert und verpfändet worden.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/105>, abgerufen am 28.11.2024.