erwähnen dieses Mordes nicht, wie denn überhaupt die ziemlich zahlreichen Pergamente aus der askanischen Epoche lediglich Schenkungsurkunden sind. Es vergehen beinahe anderthalb hun- dert Jahre, bevor wieder ein Lehniner Abt mit mehr als seinem bloßen Namen vor uns hintritt; -- dieser Abt ist Herrmann von Pritzwalk. Zwei Urkunden von 1335 und 1337 erwähnen seiner; erst eine dritte indeß, vom Jahre 1339, giebt uns ein bestimmtes Bild des Mannes, freilich kein schmeichel- haftes. Wie weit wir dieser Schilderung zu trauen haben, das wollen wir nach Mittheilung des Hauptinhalts der Urkunde (die ein Erlaß des Papstes Benedikt'sXII. an die Aebte von Colbatz, Stolp und Neukampen ist) festzustellen suchen.
Dieser Urkunde nach, die also nichts anders ist, als ein päpstliches Schreiben (Breve), erschien der Mönch Dietrich von Ruppin, ein Mitglied des Lehniner Klosters, im Jahre 1339 vor Papst BenediktXII. in Avignon und theilte dem- selben in Gegenwart des Consistoriums mit, daß durch "An- schürung des alten Feindes des Menschengeschlechts" seit etwa 15 Jahren im Kloster Lehnin eine Trennung und Scheidung der Mönche stattgefunden habe, dergestalt, daß die mächtigere Partei, die sich die Loburgsche nenne, einen Terrorismus gegen die schwächere übe und dieselbe weder zu Wort, noch am wenig- sten zu ihrem Rechte kommen lasse. An der Spitze dieser stär- keren Partei (der Loburgschen) hätten, bei Bildung derselben, die drei Mönche Theodorich von Harstorp, Nicolaus von Lützow und Herrmann von Pritzwalk gestanden, die denn auch, durch ihre und ihrer Partei Uebergriffe und Machinationen, ohne den kanonisch festgestellten Wahlmodus irgend wie inne zu halten, sich nach einander zu Aebten des Klosters aufgeworfen hätten.
Unter der Regierung dieser drei Eindringlings-Aebte seien alsdann, von den Anhängern der Loburgschen Partei, sowohl innerhalb wie außerhalb des Klosters, die größten Verbrechen begangen worden. So sei unter andern ein Adliger aus der Nachbarschaft, mit Namen Falco, der zur Zeit des Abtes
erwähnen dieſes Mordes nicht, wie denn überhaupt die ziemlich zahlreichen Pergamente aus der askaniſchen Epoche lediglich Schenkungsurkunden ſind. Es vergehen beinahe anderthalb hun- dert Jahre, bevor wieder ein Lehniner Abt mit mehr als ſeinem bloßen Namen vor uns hintritt; — dieſer Abt iſt Herrmann von Pritzwalk. Zwei Urkunden von 1335 und 1337 erwähnen ſeiner; erſt eine dritte indeß, vom Jahre 1339, giebt uns ein beſtimmtes Bild des Mannes, freilich kein ſchmeichel- haftes. Wie weit wir dieſer Schilderung zu trauen haben, das wollen wir nach Mittheilung des Hauptinhalts der Urkunde (die ein Erlaß des Papſtes Benedikt’sXII. an die Aebte von Colbatz, Stolp und Neukampen iſt) feſtzuſtellen ſuchen.
Dieſer Urkunde nach, die alſo nichts anders iſt, als ein päpſtliches Schreiben (Breve), erſchien der Mönch Dietrich von Ruppin, ein Mitglied des Lehniner Kloſters, im Jahre 1339 vor Papſt BenediktXII. in Avignon und theilte dem- ſelben in Gegenwart des Conſiſtoriums mit, daß durch „An- ſchürung des alten Feindes des Menſchengeſchlechts“ ſeit etwa 15 Jahren im Kloſter Lehnin eine Trennung und Scheidung der Mönche ſtattgefunden habe, dergeſtalt, daß die mächtigere Partei, die ſich die Loburgſche nenne, einen Terrorismus gegen die ſchwächere übe und dieſelbe weder zu Wort, noch am wenig- ſten zu ihrem Rechte kommen laſſe. An der Spitze dieſer ſtär- keren Partei (der Loburgſchen) hätten, bei Bildung derſelben, die drei Mönche Theodorich von Harſtorp, Nicolaus von Lützow und Herrmann von Pritzwalk geſtanden, die denn auch, durch ihre und ihrer Partei Uebergriffe und Machinationen, ohne den kanoniſch feſtgeſtellten Wahlmodus irgend wie inne zu halten, ſich nach einander zu Aebten des Kloſters aufgeworfen hätten.
Unter der Regierung dieſer drei Eindringlings-Aebte ſeien alsdann, von den Anhängern der Loburgſchen Partei, ſowohl innerhalb wie außerhalb des Kloſters, die größten Verbrechen begangen worden. So ſei unter andern ein Adliger aus der Nachbarſchaft, mit Namen Falco, der zur Zeit des Abtes
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erwähnen dieſes Mordes nicht, wie denn überhaupt die ziemlich
zahlreichen Pergamente aus der askaniſchen Epoche lediglich
Schenkungsurkunden ſind. Es vergehen beinahe anderthalb hun-
dert Jahre, bevor wieder ein Lehniner Abt mit mehr als ſeinem
bloßen Namen vor uns hintritt; — dieſer Abt iſt Herrmann
von Pritzwalk. Zwei Urkunden von 1335 und 1337
erwähnen ſeiner; erſt eine dritte indeß, vom Jahre 1339, giebt
uns ein beſtimmtes Bild des Mannes, freilich kein ſchmeichel-
haftes. Wie weit wir dieſer Schilderung zu trauen haben, das
wollen wir nach Mittheilung des Hauptinhalts der Urkunde (die
ein Erlaß des Papſtes Benedikt’s XII. an die Aebte von
Colbatz, Stolp und Neukampen iſt) feſtzuſtellen ſuchen.
Dieſer Urkunde nach, die alſo nichts anders iſt, als ein
päpſtliches Schreiben (Breve), erſchien der Mönch Dietrich
von Ruppin, ein Mitglied des Lehniner Kloſters, im Jahre
1339 vor Papſt Benedikt XII. in Avignon und theilte dem-
ſelben in Gegenwart des Conſiſtoriums mit, daß durch „An-
ſchürung des alten Feindes des Menſchengeſchlechts“ ſeit etwa
15 Jahren im Kloſter Lehnin eine Trennung und Scheidung
der Mönche ſtattgefunden habe, dergeſtalt, daß die mächtigere
Partei, die ſich die Loburgſche nenne, einen Terrorismus gegen
die ſchwächere übe und dieſelbe weder zu Wort, noch am wenig-
ſten zu ihrem Rechte kommen laſſe. An der Spitze dieſer ſtär-
keren Partei (der Loburgſchen) hätten, bei Bildung derſelben,
die drei Mönche Theodorich von Harſtorp, Nicolaus
von Lützow und Herrmann von Pritzwalk geſtanden,
die denn auch, durch ihre und ihrer Partei Uebergriffe und
Machinationen, ohne den kanoniſch feſtgeſtellten Wahlmodus
irgend wie inne zu halten, ſich nach einander zu Aebten des
Kloſters aufgeworfen hätten.
Unter der Regierung dieſer drei Eindringlings-Aebte ſeien
alsdann, von den Anhängern der Loburgſchen Partei, ſowohl
innerhalb wie außerhalb des Kloſters, die größten Verbrechen
begangen worden. So ſei unter andern ein Adliger aus
der Nachbarſchaft, mit Namen Falco, der zur Zeit des Abtes
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der dritte Band "Ost-Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg" 1873 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/104>, abgerufen am 28.11.2024.
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