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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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zu einem vieljährigen Streit zwischen den Kurfürsten und den Bar-
fusen führte. Dem ganzen Ereigniß -- ohne schließlich in einer
Schlacht von Otterbourne oder einem Percy- und Douglaskampf
zu culminiren -- stand nichts desto weniger von Anfang an ein
gewisses romantisches Element zur Seite, und um dieses Stückleins
Romantik willen (eine seltene Blume hierlandes) mag es gerecht-
fertigt sein, wenn wir einen Augenblick bei der Erzählung des
ganzen Hergangs verweilen.

Kurfürst Johann Georg liebte die Jagd, wie alle Hohenzollern
vor und nach ihm, Friedrich den Großen abgerechnet, der das
Jagdvergnügen einfach als eine Barbarei bezeichnete. Die Kurfür-
sten jagten damals in den schönen Forsten um Berlin herum, in
den weiten Waldrevieren von Potsdam und Spandau, von Kö-
penick und Fürstenwalde, und besaßen außerdem den "Werbelliner
Wald", einen der schönsten Forste in Norddeutschland. Aber, voll
wachsender Jagdpassion, mit jeder Grenze unzufrieden, ging ihr
beständiges Streben dahin, ihre Jagdterritorien zu erweitern und
immer neue Waldgebiete in den großen Jagdgrund hineinzuziehen.

Eine seiner Jagden führte den Kurfürsten (Johann Georg)
um 1590 in den "Blumenthal" und die Schönheit dieses Waldes
machte einen tiefen Eindruck auf ihn. Der fruchtbare Boden, der
allem, was hier wuchs, eine üppige Schönheit lieh, die hohen
Eichen, das frische Niederholz, das Terrain selbst in buntem Wechsel
von Thal und Hügel, mit klaren Seen in Tiefen und Schluchten,
alles das erfreute das Jägerherz Johann Georgs, und ehe eine
Woche um war, wandte er sich an die Barfuse (vier Brüder), die
damals auf Predikow saßen, und bat um die Erlaubniß, in ihrem
Walde jagen zu dürfen. Die Barfuse (Richard, Nicolaus, Valentin
und Casper) willfahrten gern dem kurfürstlichen Wunsche, ohne
Ahnung, daß aus ihrer Willfährigkeit alsbald das dauernde Recht
der "Vorjagd" gefolgert werden würde. Und dennoch geschah es
so. Ohne weitere Nachsuchung, gestützt auf das plötzlich in's Leben
getretene Recht "landesherrlicher Vorjagd" brach im Sommer 1602
das Jagdgefolge Joachim Friedrichs (des Nachfolgers Johann

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zu einem vieljährigen Streit zwiſchen den Kurfürſten und den Bar-
fuſen führte. Dem ganzen Ereigniß — ohne ſchließlich in einer
Schlacht von Otterbourne oder einem Percy- und Douglaskampf
zu culminiren — ſtand nichts deſto weniger von Anfang an ein
gewiſſes romantiſches Element zur Seite, und um dieſes Stückleins
Romantik willen (eine ſeltene Blume hierlandes) mag es gerecht-
fertigt ſein, wenn wir einen Augenblick bei der Erzählung des
ganzen Hergangs verweilen.

Kurfürſt Johann Georg liebte die Jagd, wie alle Hohenzollern
vor und nach ihm, Friedrich den Großen abgerechnet, der das
Jagdvergnügen einfach als eine Barbarei bezeichnete. Die Kurfür-
ſten jagten damals in den ſchönen Forſten um Berlin herum, in
den weiten Waldrevieren von Potsdam und Spandau, von Kö-
penick und Fürſtenwalde, und beſaßen außerdem den „Werbelliner
Wald“, einen der ſchönſten Forſte in Norddeutſchland. Aber, voll
wachſender Jagdpaſſion, mit jeder Grenze unzufrieden, ging ihr
beſtändiges Streben dahin, ihre Jagdterritorien zu erweitern und
immer neue Waldgebiete in den großen Jagdgrund hineinzuziehen.

Eine ſeiner Jagden führte den Kurfürſten (Johann Georg)
um 1590 in den „Blumenthal“ und die Schönheit dieſes Waldes
machte einen tiefen Eindruck auf ihn. Der fruchtbare Boden, der
allem, was hier wuchs, eine üppige Schönheit lieh, die hohen
Eichen, das friſche Niederholz, das Terrain ſelbſt in buntem Wechſel
von Thal und Hügel, mit klaren Seen in Tiefen und Schluchten,
alles das erfreute das Jägerherz Johann Georgs, und ehe eine
Woche um war, wandte er ſich an die Barfuſe (vier Brüder), die
damals auf Predikow ſaßen, und bat um die Erlaubniß, in ihrem
Walde jagen zu dürfen. Die Barfuſe (Richard, Nicolaus, Valentin
und Casper) willfahrten gern dem kurfürſtlichen Wunſche, ohne
Ahnung, daß aus ihrer Willfährigkeit alsbald das dauernde Recht
der „Vorjagd“ gefolgert werden würde. Und dennoch geſchah es
ſo. Ohne weitere Nachſuchung, geſtützt auf das plötzlich in’s Leben
getretene Recht „landesherrlicher Vorjagd“ brach im Sommer 1602
das Jagdgefolge Joachim Friedrichs (des Nachfolgers Johann

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[81/0093] zu einem vieljährigen Streit zwiſchen den Kurfürſten und den Bar- fuſen führte. Dem ganzen Ereigniß — ohne ſchließlich in einer Schlacht von Otterbourne oder einem Percy- und Douglaskampf zu culminiren — ſtand nichts deſto weniger von Anfang an ein gewiſſes romantiſches Element zur Seite, und um dieſes Stückleins Romantik willen (eine ſeltene Blume hierlandes) mag es gerecht- fertigt ſein, wenn wir einen Augenblick bei der Erzählung des ganzen Hergangs verweilen. Kurfürſt Johann Georg liebte die Jagd, wie alle Hohenzollern vor und nach ihm, Friedrich den Großen abgerechnet, der das Jagdvergnügen einfach als eine Barbarei bezeichnete. Die Kurfür- ſten jagten damals in den ſchönen Forſten um Berlin herum, in den weiten Waldrevieren von Potsdam und Spandau, von Kö- penick und Fürſtenwalde, und beſaßen außerdem den „Werbelliner Wald“, einen der ſchönſten Forſte in Norddeutſchland. Aber, voll wachſender Jagdpaſſion, mit jeder Grenze unzufrieden, ging ihr beſtändiges Streben dahin, ihre Jagdterritorien zu erweitern und immer neue Waldgebiete in den großen Jagdgrund hineinzuziehen. Eine ſeiner Jagden führte den Kurfürſten (Johann Georg) um 1590 in den „Blumenthal“ und die Schönheit dieſes Waldes machte einen tiefen Eindruck auf ihn. Der fruchtbare Boden, der allem, was hier wuchs, eine üppige Schönheit lieh, die hohen Eichen, das friſche Niederholz, das Terrain ſelbſt in buntem Wechſel von Thal und Hügel, mit klaren Seen in Tiefen und Schluchten, alles das erfreute das Jägerherz Johann Georgs, und ehe eine Woche um war, wandte er ſich an die Barfuſe (vier Brüder), die damals auf Predikow ſaßen, und bat um die Erlaubniß, in ihrem Walde jagen zu dürfen. Die Barfuſe (Richard, Nicolaus, Valentin und Casper) willfahrten gern dem kurfürſtlichen Wunſche, ohne Ahnung, daß aus ihrer Willfährigkeit alsbald das dauernde Recht der „Vorjagd“ gefolgert werden würde. Und dennoch geſchah es ſo. Ohne weitere Nachſuchung, geſtützt auf das plötzlich in’s Leben getretene Recht „landesherrlicher Vorjagd“ brach im Sommer 1602 das Jagdgefolge Joachim Friedrichs (des Nachfolgers Johann 6

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/93>, abgerufen am 23.11.2024.