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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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schiedszeilen sind, vielleicht ein gut Theil ernsthafter zu nehmen ist,
als alle die andern gereimten Huldigungen, auf die ich später zu-
rückkomme. Das Sonett lautet:

Als mein Gesandter soll mein Bild dich grüßen,
Und des Gesandten Dollmetsch sei dies Lied,
Was ich zu sagen Dir bisher vermied,
Ich sag' es nun: Ich liege Dir zu Füßen.
Ich trage Fesseln, aber jene süßen,
Von denen nie ein Herz freiwillig schied, --
Mit jedem Ringe, jedem neuen Glied
Wächst nur die Lust zu tragen und zu büßen.
Doch halt, o Lied, verrathe nicht zu viel,
Verberge lieber hinter heitrem Spiel
Den Schmerz des Abschieds und des Herzens Wunde;
Verberge Deiner Wünsche liebstes Ziel,
Verschweige, daß nur Eine Dir gefiel,
Um die du sterben möchtest jede Stunde.

Ich habe die Uebersetzung dieses Sonetts mit gutem Vor-
bedacht hierher gestellt, weil es mir, ganz abgesehen von seinem
Inhalt oder seinem Werth oder Unwerth, ganz einfach in seiner
Eigenschaft als etwas Gereimtes oder Gedichtetes, einen passenden
Uebergang zu dem zu machen scheint, was ich zunächst noch zu
sagen haben werde.

Nachdem ich nämlich bis hierher bemüht gewesen bin, das
Bild der Frau v. Wreech zu zeichnen, drängt sich nun zweitens
wieder die bis hieher zurückgewiesene Frage auf: Wie standen der
Kronprinz und die Besitzerin von Schloß Tamsel zu einander?
Wie eng oder wie weit waren die Grenzen ihrer Intimität ge-
zogen?

Die Antwort, die ich auf diese Frage habe, weicht, wie schon
angedeutet, durchaus ab von der üblichen Anschauung. Es stehen
die Grumbkow'schen Klatschereien und die eigenhändigen Briefe des
Kronprinzen ziemlich diametral einander gegenüber, und die vor-
sichtigste Prüfung dieser Briefe, selbst ein argwöhnisches Suchen
und Lesen zwischen den Zeilen, hat mir schließlich nur um so fe-

ſchiedszeilen ſind, vielleicht ein gut Theil ernſthafter zu nehmen iſt,
als alle die andern gereimten Huldigungen, auf die ich ſpäter zu-
rückkomme. Das Sonett lautet:

Als mein Geſandter ſoll mein Bild dich grüßen,
Und des Geſandten Dollmetſch ſei dies Lied,
Was ich zu ſagen Dir bisher vermied,
Ich ſag’ es nun: Ich liege Dir zu Füßen.
Ich trage Feſſeln, aber jene ſüßen,
Von denen nie ein Herz freiwillig ſchied, —
Mit jedem Ringe, jedem neuen Glied
Wächſt nur die Luſt zu tragen und zu büßen.
Doch halt, o Lied, verrathe nicht zu viel,
Verberge lieber hinter heitrem Spiel
Den Schmerz des Abſchieds und des Herzens Wunde;
Verberge Deiner Wünſche liebſtes Ziel,
Verſchweige, daß nur Eine Dir gefiel,
Um die du ſterben möchteſt jede Stunde.

Ich habe die Ueberſetzung dieſes Sonetts mit gutem Vor-
bedacht hierher geſtellt, weil es mir, ganz abgeſehen von ſeinem
Inhalt oder ſeinem Werth oder Unwerth, ganz einfach in ſeiner
Eigenſchaft als etwas Gereimtes oder Gedichtetes, einen paſſenden
Uebergang zu dem zu machen ſcheint, was ich zunächſt noch zu
ſagen haben werde.

Nachdem ich nämlich bis hierher bemüht geweſen bin, das
Bild der Frau v. Wreech zu zeichnen, drängt ſich nun zweitens
wieder die bis hieher zurückgewieſene Frage auf: Wie ſtanden der
Kronprinz und die Beſitzerin von Schloß Tamſel zu einander?
Wie eng oder wie weit waren die Grenzen ihrer Intimität ge-
zogen?

Die Antwort, die ich auf dieſe Frage habe, weicht, wie ſchon
angedeutet, durchaus ab von der üblichen Anſchauung. Es ſtehen
die Grumbkow’ſchen Klatſchereien und die eigenhändigen Briefe des
Kronprinzen ziemlich diametral einander gegenüber, und die vor-
ſichtigſte Prüfung dieſer Briefe, ſelbſt ein argwöhniſches Suchen
und Leſen zwiſchen den Zeilen, hat mir ſchließlich nur um ſo fe-

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[48/0060] ſchiedszeilen ſind, vielleicht ein gut Theil ernſthafter zu nehmen iſt, als alle die andern gereimten Huldigungen, auf die ich ſpäter zu- rückkomme. Das Sonett lautet: Als mein Geſandter ſoll mein Bild dich grüßen, Und des Geſandten Dollmetſch ſei dies Lied, Was ich zu ſagen Dir bisher vermied, Ich ſag’ es nun: Ich liege Dir zu Füßen. Ich trage Feſſeln, aber jene ſüßen, Von denen nie ein Herz freiwillig ſchied, — Mit jedem Ringe, jedem neuen Glied Wächſt nur die Luſt zu tragen und zu büßen. Doch halt, o Lied, verrathe nicht zu viel, Verberge lieber hinter heitrem Spiel Den Schmerz des Abſchieds und des Herzens Wunde; Verberge Deiner Wünſche liebſtes Ziel, Verſchweige, daß nur Eine Dir gefiel, Um die du ſterben möchteſt jede Stunde. Ich habe die Ueberſetzung dieſes Sonetts mit gutem Vor- bedacht hierher geſtellt, weil es mir, ganz abgeſehen von ſeinem Inhalt oder ſeinem Werth oder Unwerth, ganz einfach in ſeiner Eigenſchaft als etwas Gereimtes oder Gedichtetes, einen paſſenden Uebergang zu dem zu machen ſcheint, was ich zunächſt noch zu ſagen haben werde. Nachdem ich nämlich bis hierher bemüht geweſen bin, das Bild der Frau v. Wreech zu zeichnen, drängt ſich nun zweitens wieder die bis hieher zurückgewieſene Frage auf: Wie ſtanden der Kronprinz und die Beſitzerin von Schloß Tamſel zu einander? Wie eng oder wie weit waren die Grenzen ihrer Intimität ge- zogen? Die Antwort, die ich auf dieſe Frage habe, weicht, wie ſchon angedeutet, durchaus ab von der üblichen Anſchauung. Es ſtehen die Grumbkow’ſchen Klatſchereien und die eigenhändigen Briefe des Kronprinzen ziemlich diametral einander gegenüber, und die vor- ſichtigſte Prüfung dieſer Briefe, ſelbſt ein argwöhniſches Suchen und Leſen zwiſchen den Zeilen, hat mir ſchließlich nur um ſo fe-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/60>, abgerufen am 23.11.2024.