gen und das gesegnete Brod empfangen, hinterm Altar ausgespieen. (Nun folgt, unter Zuthat einiger sehr häßlicher Details, eine Wiederholung ihrer vor dem Diaconus gemachten Aussagen, d. h. also Aufzählung der Gründe, weßhalb sie nicht umhin gekonnt habe, die Oblate auszuspeien.)
Darauf sie, wie sie vom Rathhause gelassen worden, angefangen: "wenn sie ihren Sohn nicht bedächte, so wollte sie h.... weise oder schelmisch-die- bischerweise aus der Stadt laufen; denn ihr Mann wollte sich ihrer nicht annehmen."
Als sie folgenden Tages, den 7. May, wiederumb zu Rathhause gefordert worden, seind ihr beide Zeugen, so es gesehen, daß sie (die Krä- merin) hinterm Altar ausgespucket, gegenüber gestellt worden.
Es ist ihr auch vom Bürgermeister vorgehalten, warum sie des vorigen Tages auf dem Rathhause gesaget: "wenn sie es ihres Sohnes halber nicht thäte, so wollte sie h.... weise davon laufen;" worauf sie solcher Worte auch jetzt noch geständig gewesen ist und geantwortet hat "darumb, daß sich ihr Mann ihrer nicht wollte annehmen."
Hierauf haben wir sie alsbald den 7. Mai gefänglich einziehen und in Fußeisen auf unserm Stad Keller mit bürgerlicher Wache verwahren lassen.
Da sie denn alsbald, wie sie gesponnen, sich hinter den Tisch gesetzet, angefangen zu spucken und etzliche mal zu sich gesagt: "spucke, spucke u. s w." und auch geredet "wenn zehn Büttels über sie kämen, wollte sie nichts bekennen."
Da auch der Mann zu ihr gekommen und Essen gebracht, ihn angefah- ren: "Du lahmer Hund, ich begehre dein Essen nicht, du hast Schuld da- ran, daß ich hier sitze; du willst dich meiner nicht annehmen." Hat sich auch von einem Weibe lassen einen Kubben (Kübel) in der Stuben brin- gen, darinnen sie reverenter excerniret; hernach mit dem Vorderfinger um- gerühret, darin dreimal gespuckt und wegtragen lassen. --
Da sich denn dieses in der Wahrheit und nicht anders also verhält, zudem auch berührte Ursula Heinrichs außer diesem, vor etzlichen Jahren, der Zauberei halber bei jedermann verdächtig und berüchtiget gewesen ist, auch aus vielen Dingen nochmals verdächtig gehalten wird, als daß sie
1) Mit vielen Leuten sich gezanket und daher sich fast ein jeder vor ihr gefürchtet.
2) ehrliche Leute, welchen sie nicht gewogen, nicht gegrüßet, noch wo sie gegrüßet wird, sich bedanket, sondern wol auf einen Gruß einen garstigen Strepitum fahren lassen, daß es über die ganze Gasse erschollen, und etzlichen Leuten in den Fußtapfen nachgespucket.
3) Ehrlichen Leuten, denen sie nicht gewogen, oftmals vor Geld nicht lassen wollen, was sie doch zu Kauffe gehabt, und wenn die Betreffenden dann andrer Leute Gesinde oder Frauen abgeschicket (da man vermeinet, sie würde es dann nicht versagen,) hat sie alßbald gewußt, wem sie's holen wollten und gesagt "gehe nur, du holest es dem und dem, ich lasse dir's nicht."
gen und das geſegnete Brod empfangen, hinterm Altar ausgeſpieen. (Nun folgt, unter Zuthat einiger ſehr häßlicher Details, eine Wiederholung ihrer vor dem Diaconus gemachten Ausſagen, d. h. alſo Aufzählung der Gründe, weßhalb ſie nicht umhin gekonnt habe, die Oblate auszuſpeien.)
Darauf ſie, wie ſie vom Rathhauſe gelaſſen worden, angefangen: „wenn ſie ihren Sohn nicht bedächte, ſo wollte ſie h.... weiſe oder ſchelmiſch-die- biſcherweiſe aus der Stadt laufen; denn ihr Mann wollte ſich ihrer nicht annehmen.“
Als ſie folgenden Tages, den 7. May, wiederumb zu Rathhauſe gefordert worden, ſeind ihr beide Zeugen, ſo es geſehen, daß ſie (die Krä- merin) hinterm Altar ausgeſpucket, gegenüber geſtellt worden.
Es iſt ihr auch vom Bürgermeiſter vorgehalten, warum ſie des vorigen Tages auf dem Rathhauſe geſaget: „wenn ſie es ihres Sohnes halber nicht thäte, ſo wollte ſie h.... weiſe davon laufen;“ worauf ſie ſolcher Worte auch jetzt noch geſtändig geweſen iſt und geantwortet hat „darumb, daß ſich ihr Mann ihrer nicht wollte annehmen.“
Hierauf haben wir ſie alsbald den 7. Mai gefänglich einziehen und in Fußeiſen auf unſerm Stad Keller mit bürgerlicher Wache verwahren laſſen.
Da ſie denn alsbald, wie ſie geſponnen, ſich hinter den Tiſch geſetzet, angefangen zu ſpucken und etzliche mal zu ſich geſagt: „ſpucke, ſpucke u. ſ w.“ und auch geredet „wenn zehn Büttels über ſie kämen, wollte ſie nichts bekennen.“
Da auch der Mann zu ihr gekommen und Eſſen gebracht, ihn angefah- ren: „Du lahmer Hund, ich begehre dein Eſſen nicht, du haſt Schuld da- ran, daß ich hier ſitze; du willſt dich meiner nicht annehmen.“ Hat ſich auch von einem Weibe laſſen einen Kubben (Kübel) in der Stuben brin- gen, darinnen ſie reverenter excerniret; hernach mit dem Vorderfinger um- gerühret, darin dreimal geſpuckt und wegtragen laſſen. —
Da ſich denn dieſes in der Wahrheit und nicht anders alſo verhält, zudem auch berührte Urſula Heinrichs außer dieſem, vor etzlichen Jahren, der Zauberei halber bei jedermann verdächtig und berüchtiget geweſen iſt, auch aus vielen Dingen nochmals verdächtig gehalten wird, als daß ſie
1) Mit vielen Leuten ſich gezanket und daher ſich faſt ein jeder vor ihr gefürchtet.
2) ehrliche Leute, welchen ſie nicht gewogen, nicht gegrüßet, noch wo ſie gegrüßet wird, ſich bedanket, ſondern wol auf einen Gruß einen garſtigen Strepitum fahren laſſen, daß es über die ganze Gaſſe erſchollen, und etzlichen Leuten in den Fußtapfen nachgeſpucket.
3) Ehrlichen Leuten, denen ſie nicht gewogen, oftmals vor Geld nicht laſſen wollen, was ſie doch zu Kauffe gehabt, und wenn die Betreffenden dann andrer Leute Geſinde oder Frauen abgeſchicket (da man vermeinet, ſie würde es dann nicht verſagen,) hat ſie alßbald gewußt, wem ſie’s holen wollten und geſagt „gehe nur, du holeſt es dem und dem, ich laſſe dir’s nicht.“
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gen und das geſegnete Brod empfangen, hinterm Altar ausgeſpieen. (Nun
folgt, unter Zuthat einiger ſehr häßlicher Details, eine Wiederholung ihrer
vor dem Diaconus gemachten Ausſagen, d. h. alſo Aufzählung der Gründe,
weßhalb ſie nicht umhin gekonnt habe, die Oblate auszuſpeien.)
Darauf ſie, wie ſie vom Rathhauſe gelaſſen worden, angefangen: „wenn
ſie ihren Sohn nicht bedächte, ſo wollte ſie h.... weiſe oder ſchelmiſch-die-
biſcherweiſe aus der Stadt laufen; denn ihr Mann wollte ſich ihrer nicht
annehmen.“
Als ſie folgenden Tages, den 7. May, wiederumb zu Rathhauſe
gefordert worden, ſeind ihr beide Zeugen, ſo es geſehen, daß ſie (die Krä-
merin) hinterm Altar ausgeſpucket, gegenüber geſtellt worden.
Es iſt ihr auch vom Bürgermeiſter vorgehalten, warum ſie des vorigen
Tages auf dem Rathhauſe geſaget: „wenn ſie es ihres Sohnes halber nicht
thäte, ſo wollte ſie h.... weiſe davon laufen;“ worauf ſie ſolcher Worte
auch jetzt noch geſtändig geweſen iſt und geantwortet hat „darumb, daß
ſich ihr Mann ihrer nicht wollte annehmen.“
Hierauf haben wir ſie alsbald den 7. Mai gefänglich einziehen und in
Fußeiſen auf unſerm Stad Keller mit bürgerlicher Wache verwahren laſſen.
Da ſie denn alsbald, wie ſie geſponnen, ſich hinter den Tiſch geſetzet,
angefangen zu ſpucken und etzliche mal zu ſich geſagt: „ſpucke, ſpucke u. ſ w.“
und auch geredet „wenn zehn Büttels über ſie kämen, wollte ſie nichts
bekennen.“
Da auch der Mann zu ihr gekommen und Eſſen gebracht, ihn angefah-
ren: „Du lahmer Hund, ich begehre dein Eſſen nicht, du haſt Schuld da-
ran, daß ich hier ſitze; du willſt dich meiner nicht annehmen.“ Hat ſich
auch von einem Weibe laſſen einen Kubben (Kübel) in der Stuben brin-
gen, darinnen ſie reverenter excerniret; hernach mit dem Vorderfinger um-
gerühret, darin dreimal geſpuckt und wegtragen laſſen. —
Da ſich denn dieſes in der Wahrheit und nicht anders alſo verhält,
zudem auch berührte Urſula Heinrichs außer dieſem, vor etzlichen Jahren,
der Zauberei halber bei jedermann verdächtig und berüchtiget geweſen iſt,
auch aus vielen Dingen nochmals verdächtig gehalten wird, als daß ſie
1) Mit vielen Leuten ſich gezanket und daher ſich faſt ein jeder vor ihr
gefürchtet.
2) ehrliche Leute, welchen ſie nicht gewogen, nicht gegrüßet, noch wo ſie
gegrüßet wird, ſich bedanket, ſondern wol auf einen Gruß einen garſtigen
Strepitum fahren laſſen, daß es über die ganze Gaſſe erſchollen, und etzlichen
Leuten in den Fußtapfen nachgeſpucket.
3) Ehrlichen Leuten, denen ſie nicht gewogen, oftmals vor Geld nicht
laſſen wollen, was ſie doch zu Kauffe gehabt, und wenn die Betreffenden
dann andrer Leute Geſinde oder Frauen abgeſchicket (da man vermeinet,
ſie würde es dann nicht verſagen,) hat ſie alßbald gewußt, wem ſie’s holen
wollten und geſagt „gehe nur, du holeſt es dem und dem, ich laſſe dir’s
nicht.“
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/546>, abgerufen am 23.07.2024.
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