selben: Hochmuth, Herrschsucht, Zweideutigkeit; nur der Habsucht wagte man ihn nicht zu bezüchtigen. Schöning wurde mit 37 Jah- ren General, mit 48 Jahren Feldmarschall; diese beiden Angaben genügen, um zu zeigen, was er war. Zwei Höfe, der brandenbur- gische und der sächsische, wetteiferten in Anerkennung seines militä- rischen Verdienstes. Dieses Verdienst war unbestreitbar da, aber freilich, der Stolz über seine Gaben verdunkelte diese, oder machte die Welt unwillig, da anzuerkennen, wo die höchste Selbstschätzung nichts mehr zu schätzen übrig ließ.
Er war seiner Umgebung überlegen, namentlich weltmännisch, aber sein spöttischer Mund verrieth zu viel davon und brachte ihn um die beste Frucht des Lebens, die Liebe der Menschen. In wenigen Herzen hat er sich eine Stätte gebaut, nur die Tamseler Fischer haben ihm eine poetisch-phantastische Erinnerung bewahrt bis diesen Tag. Wie Derfflinger in Gusow und der alte Sparr in Prenden, so lebt Schöning in Tamsel als ein "Zauberer" fort, und sie erzählen daselbst von ihm (ohne Fichten geht es nicht ab in brandenburgischer Sage), er sei an der Spitze eines märkischen Fichtenwaldes vor die Türkenfestung Ofen gerückt, habe durch einen Zauberspruch all seine Fichten in baumhohe Pickeniere verwandelt und dann, wie der Birnamwald vor Schloß Dunsinan, die Tür- kenfestung gestürmt. -- In den zwanziger Jahren dieses Jahrhun- derts lebte das alles noch in einem Volkslied, das die Tamseler Fischer zu singen pflegten; nun ist das Lied verklungen und nur noch die Sage geht von Mund zu Mund.
ſelben: Hochmuth, Herrſchſucht, Zweideutigkeit; nur der Habſucht wagte man ihn nicht zu bezüchtigen. Schöning wurde mit 37 Jah- ren General, mit 48 Jahren Feldmarſchall; dieſe beiden Angaben genügen, um zu zeigen, was er war. Zwei Höfe, der brandenbur- giſche und der ſächſiſche, wetteiferten in Anerkennung ſeines militä- riſchen Verdienſtes. Dieſes Verdienſt war unbeſtreitbar da, aber freilich, der Stolz über ſeine Gaben verdunkelte dieſe, oder machte die Welt unwillig, da anzuerkennen, wo die höchſte Selbſtſchätzung nichts mehr zu ſchätzen übrig ließ.
Er war ſeiner Umgebung überlegen, namentlich weltmänniſch, aber ſein ſpöttiſcher Mund verrieth zu viel davon und brachte ihn um die beſte Frucht des Lebens, die Liebe der Menſchen. In wenigen Herzen hat er ſich eine Stätte gebaut, nur die Tamſeler Fiſcher haben ihm eine poetiſch-phantaſtiſche Erinnerung bewahrt bis dieſen Tag. Wie Derfflinger in Guſow und der alte Sparr in Prenden, ſo lebt Schöning in Tamſel als ein „Zauberer“ fort, und ſie erzählen daſelbſt von ihm (ohne Fichten geht es nicht ab in brandenburgiſcher Sage), er ſei an der Spitze eines märkiſchen Fichtenwaldes vor die Türkenfeſtung Ofen gerückt, habe durch einen Zauberſpruch all ſeine Fichten in baumhohe Pickeniere verwandelt und dann, wie der Birnamwald vor Schloß Dunſinan, die Tür- kenfeſtung geſtürmt. — In den zwanziger Jahren dieſes Jahrhun- derts lebte das alles noch in einem Volkslied, das die Tamſeler Fiſcher zu ſingen pflegten; nun iſt das Lied verklungen und nur noch die Sage geht von Mund zu Mund.
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ſelben: Hochmuth, Herrſchſucht, Zweideutigkeit; nur der Habſucht
wagte man ihn nicht zu bezüchtigen. Schöning wurde mit 37 Jah-
ren General, mit 48 Jahren Feldmarſchall; dieſe beiden Angaben
genügen, um zu zeigen, was er war. Zwei Höfe, der brandenbur-
giſche und der ſächſiſche, wetteiferten in Anerkennung ſeines militä-
riſchen Verdienſtes. Dieſes Verdienſt war unbeſtreitbar da, aber
freilich, der Stolz über ſeine Gaben verdunkelte dieſe, oder machte
die Welt unwillig, da anzuerkennen, wo die höchſte Selbſtſchätzung
nichts mehr zu ſchätzen übrig ließ.
Er war ſeiner Umgebung überlegen, namentlich weltmänniſch,
aber ſein ſpöttiſcher Mund verrieth zu viel davon und brachte ihn
um die beſte Frucht des Lebens, die Liebe der Menſchen. In
wenigen Herzen hat er ſich eine Stätte gebaut, nur die Tamſeler
Fiſcher haben ihm eine poetiſch-phantaſtiſche Erinnerung bewahrt
bis dieſen Tag. Wie Derfflinger in Guſow und der alte Sparr
in Prenden, ſo lebt Schöning in Tamſel als ein „Zauberer“ fort,
und ſie erzählen daſelbſt von ihm (ohne Fichten geht es nicht ab in
brandenburgiſcher Sage), er ſei an der Spitze eines märkiſchen
Fichtenwaldes vor die Türkenfeſtung Ofen gerückt, habe durch einen
Zauberſpruch all ſeine Fichten in baumhohe Pickeniere verwandelt
und dann, wie der Birnamwald vor Schloß Dunſinan, die Tür-
kenfeſtung geſtürmt. — In den zwanziger Jahren dieſes Jahrhun-
derts lebte das alles noch in einem Volkslied, das die Tamſeler
Fiſcher zu ſingen pflegten; nun iſt das Lied verklungen und nur
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/54>, abgerufen am 22.11.2024.
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