nicht eben schwer, wenn wir den Berichten über ihn, die in ziem- licher Anzahl auf uns gekommen sind, unbedingten Glauben schen- ken wollen. Es bleibt aber doch fraglich, ob diesen Schilderungen, trotz des Uebereinstimmenden, das sie haben, in allen Stücken zu trauen ist. Alle Mittheilungen über ihn rühren nämlich von seinen Gegnern her, und man würde die Pflicht haben, mit Rücksicht auf diesen Umstand die höchste Vorsicht walten zu lassen, wenn nicht andererseits die Erwägung, daß alle Berichte nur eben deßhalb von lauter Gegnern herrühren, weil er nur Gegner hatte, uns nothwendig darauf hin verwiese, daß etwas entschieden Un- liebenswürdiges in seiner Natur gelebt haben und die Quelle aller dieser Gegnerschaften geworden sein muß. Barfus, die Schombergs (Vater und Sohn), Danckelmann, Grumbkow (der Vater des be- kannten), Otto von Schwerin, Graf Christoph Dohna, alle waren gegen ihn, und die Memoiren des letzteren, wenn wir Gutes und Böses, das sie erzählen, zusammenfassen, schildern ihn als einen begabten Feldherrn voll Muth, Umblick und Geistesgegenwart, aber zugleich auch als einen anmaßenden und habsüchtigen Mann, von spöttischem und zweideutigem Wesen. Seiner geistigen Ueber- legenheit sich bewußt, behandelte er, was unter ihm stand, mit Härte, und was neben ihm stand, mit Geringschätzung.
Diese Schilderung wird im Wesentlichen richtig sein. Sein Streit mit General Barfus, den wir oben ausführlicher erzählt haben, zeigt ihn uns ganz von dieser Seite. Auch Barfus wird seinerseits, in den Pöllnitz'schen Memoiren, ebenfalls "auffahrend, halsstarrig und hochmüthig" genannt; aber eine Reihenfolge von Umständen spricht dafür, daß Schöning in allem, was Dünkel und Hochmuth anging, wenigstens ein potenzirter Barfus war. Schö- ning war wie Barfus und Barfus war wie Schöning, aber der letztere hatte von allem, vielleicht auch vom Guten, sicherlich an Talent, ein voller geschüttelt und gerüttelt Maaß. Mit Barfus, trotz seines auffahrenden Wesens und seiner Halsstarrigkeit, war es immerhin möglich, in Ruh und Frieden zu leben, wenigstens fehlt es an Berichten, die zu entgegengesetzter Ansicht zwängen; mit
nicht eben ſchwer, wenn wir den Berichten über ihn, die in ziem- licher Anzahl auf uns gekommen ſind, unbedingten Glauben ſchen- ken wollen. Es bleibt aber doch fraglich, ob dieſen Schilderungen, trotz des Uebereinſtimmenden, das ſie haben, in allen Stücken zu trauen iſt. Alle Mittheilungen über ihn rühren nämlich von ſeinen Gegnern her, und man würde die Pflicht haben, mit Rückſicht auf dieſen Umſtand die höchſte Vorſicht walten zu laſſen, wenn nicht andererſeits die Erwägung, daß alle Berichte nur eben deßhalb von lauter Gegnern herrühren, weil er nur Gegner hatte, uns nothwendig darauf hin verwieſe, daß etwas entſchieden Un- liebenswürdiges in ſeiner Natur gelebt haben und die Quelle aller dieſer Gegnerſchaften geworden ſein muß. Barfus, die Schombergs (Vater und Sohn), Danckelmann, Grumbkow (der Vater des be- kannten), Otto von Schwerin, Graf Chriſtoph Dohna, alle waren gegen ihn, und die Memoiren des letzteren, wenn wir Gutes und Böſes, das ſie erzählen, zuſammenfaſſen, ſchildern ihn als einen begabten Feldherrn voll Muth, Umblick und Geiſtesgegenwart, aber zugleich auch als einen anmaßenden und habſüchtigen Mann, von ſpöttiſchem und zweideutigem Weſen. Seiner geiſtigen Ueber- legenheit ſich bewußt, behandelte er, was unter ihm ſtand, mit Härte, und was neben ihm ſtand, mit Geringſchätzung.
Dieſe Schilderung wird im Weſentlichen richtig ſein. Sein Streit mit General Barfus, den wir oben ausführlicher erzählt haben, zeigt ihn uns ganz von dieſer Seite. Auch Barfus wird ſeinerſeits, in den Pöllnitz’ſchen Memoiren, ebenfalls „auffahrend, halsſtarrig und hochmüthig“ genannt; aber eine Reihenfolge von Umſtänden ſpricht dafür, daß Schöning in allem, was Dünkel und Hochmuth anging, wenigſtens ein potenzirter Barfus war. Schö- ning war wie Barfus und Barfus war wie Schöning, aber der letztere hatte von allem, vielleicht auch vom Guten, ſicherlich an Talent, ein voller geſchüttelt und gerüttelt Maaß. Mit Barfus, trotz ſeines auffahrenden Weſens und ſeiner Halsſtarrigkeit, war es immerhin möglich, in Ruh und Frieden zu leben, wenigſtens fehlt es an Berichten, die zu entgegengeſetzter Anſicht zwängen; mit
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[40/0052]
nicht eben ſchwer, wenn wir den Berichten über ihn, die in ziem-
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ken wollen. Es bleibt aber doch fraglich, ob dieſen Schilderungen,
trotz des Uebereinſtimmenden, das ſie haben, in allen Stücken zu
trauen iſt. Alle Mittheilungen über ihn rühren nämlich von ſeinen
Gegnern her, und man würde die Pflicht haben, mit Rückſicht auf
dieſen Umſtand die höchſte Vorſicht walten zu laſſen, wenn nicht
andererſeits die Erwägung, daß alle Berichte nur eben deßhalb
von lauter Gegnern herrühren, weil er nur Gegner hatte,
uns nothwendig darauf hin verwieſe, daß etwas entſchieden Un-
liebenswürdiges in ſeiner Natur gelebt haben und die Quelle aller
dieſer Gegnerſchaften geworden ſein muß. Barfus, die Schombergs
(Vater und Sohn), Danckelmann, Grumbkow (der Vater des be-
kannten), Otto von Schwerin, Graf Chriſtoph Dohna, alle waren
gegen ihn, und die Memoiren des letzteren, wenn wir Gutes und
Böſes, das ſie erzählen, zuſammenfaſſen, ſchildern ihn als einen
begabten Feldherrn voll Muth, Umblick und Geiſtesgegenwart,
aber zugleich auch als einen anmaßenden und habſüchtigen Mann,
von ſpöttiſchem und zweideutigem Weſen. Seiner geiſtigen Ueber-
legenheit ſich bewußt, behandelte er, was unter ihm ſtand, mit
Härte, und was neben ihm ſtand, mit Geringſchätzung.
Dieſe Schilderung wird im Weſentlichen richtig ſein. Sein
Streit mit General Barfus, den wir oben ausführlicher erzählt
haben, zeigt ihn uns ganz von dieſer Seite. Auch Barfus wird
ſeinerſeits, in den Pöllnitz’ſchen Memoiren, ebenfalls „auffahrend,
halsſtarrig und hochmüthig“ genannt; aber eine Reihenfolge von
Umſtänden ſpricht dafür, daß Schöning in allem, was Dünkel und
Hochmuth anging, wenigſtens ein potenzirter Barfus war. Schö-
ning war wie Barfus und Barfus war wie Schöning, aber der
letztere hatte von allem, vielleicht auch vom Guten, ſicherlich an
Talent, ein voller geſchüttelt und gerüttelt Maaß. Mit Barfus,
trotz ſeines auffahrenden Weſens und ſeiner Halsſtarrigkeit, war es
immerhin möglich, in Ruh und Frieden zu leben, wenigſtens fehlt
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/52>, abgerufen am 22.11.2024.
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