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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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nach dem Tode des großen Königs, Friedrich Wilhelm II. an
seinen Minister Wöllner zum Geschenk machte. Der Minister Wöll-
ner war mit einer Itzenplitz vermählt, wodurch dies historische
Werthstück (da das Wöllner'sche Paar kinderlos starb) in die
Itzenplitz'sche Familie kam.

Es ist ein weißer, in der geschmackvollsten Weise mit Rosen,
Erdbeeren und allerlei Blumenguirlanden bemalter Porzellankasten,
von etwa 5 Zoll Höhe, bei 7 Zoll Breite und 11 Zoll Länge.
In diesem Kasten, der zwei Etagen hat, und mit rothem Sammt
ausgeschlagen ist, liegt die Ebenholz-Flöte des Königs. Sie besteht
aus 8 Stücken: einem Mundstück, einem Klappenstück und 6 Ein-
satzstücken, jedes Stück von einem Elfenbeinrande eingefaßt. Dazu
gehört noch (zugleich als Autograph von der Hand des Königs)
eine 7 Seiten lange Partitur. Die Ueberschrift derselben lautet:
Aria per il Paulino del Opera di Demofonte, allegro di
molto non odi consiglio.
Rechts oben in der Ecke: di Fre-
derico.

Vielleicht die größte Sehenswürdigkeit von Schloß Cuners-
dorf ist die Begräbnißstätte für die Familie Lestwitz-Itzen-
plitz
. Dieselbe liegt an der anderen Seite der Dorfstraße und
die verschlungenen Pfade eines Obstgartens, an Blumenbeeten und
dem hohen Schilf eines kleinen Teiches vorbei, führen zu dieser
Stätte hin. Eine hohe Schwarztanne, deren Zweige weit in den
Friedhof hineinragen, bezeichnet den Eingang. Dieser Friedhof,
den eine ziemlich niedrige Feldsteinmauer einfaßt, erinnert zumeist
an die Begräbnißstätten der Familie Marwitz in Friedersdorf
und der Familie Humboldt in Tegel. Mit beiden hat er eine
gewisse Eigenthümlichkeit der Anlage gemein, und wenn er viel-
leicht einerseits hinter der christlich-poetischen Schlichtheit des einen,
wie anderseits hinter der klassisch-ästhetischen Feinfühligkeit des
andern zurückbleibt, so übertrifft er doch beide durch Mannigfal-
tigkeit und den Reichthum des künstlerisch Gebotenen. Die Anlage
(wenn ich nicht irre, von Frau von Friedland herrührend, die
auch hierin die Selbstständigkeit ihres Wesens zeigte) ist folgende.

nach dem Tode des großen Königs, Friedrich Wilhelm II. an
ſeinen Miniſter Wöllner zum Geſchenk machte. Der Miniſter Wöll-
ner war mit einer Itzenplitz vermählt, wodurch dies hiſtoriſche
Werthſtück (da das Wöllner’ſche Paar kinderlos ſtarb) in die
Itzenplitz’ſche Familie kam.

Es iſt ein weißer, in der geſchmackvollſten Weiſe mit Roſen,
Erdbeeren und allerlei Blumenguirlanden bemalter Porzellankaſten,
von etwa 5 Zoll Höhe, bei 7 Zoll Breite und 11 Zoll Länge.
In dieſem Kaſten, der zwei Etagen hat, und mit rothem Sammt
ausgeſchlagen iſt, liegt die Ebenholz-Flöte des Königs. Sie beſteht
aus 8 Stücken: einem Mundſtück, einem Klappenſtück und 6 Ein-
ſatzſtücken, jedes Stück von einem Elfenbeinrande eingefaßt. Dazu
gehört noch (zugleich als Autograph von der Hand des Königs)
eine 7 Seiten lange Partitur. Die Ueberſchrift derſelben lautet:
Aria per il Paulino del Opera di Demofonté, allegro di
molto non odi consiglio.
Rechts oben in der Ecke: di Fre-
derico.

Vielleicht die größte Sehenswürdigkeit von Schloß Cuners-
dorf iſt die Begräbnißſtätte für die Familie Leſtwitz-Itzen-
plitz
. Dieſelbe liegt an der anderen Seite der Dorfſtraße und
die verſchlungenen Pfade eines Obſtgartens, an Blumenbeeten und
dem hohen Schilf eines kleinen Teiches vorbei, führen zu dieſer
Stätte hin. Eine hohe Schwarztanne, deren Zweige weit in den
Friedhof hineinragen, bezeichnet den Eingang. Dieſer Friedhof,
den eine ziemlich niedrige Feldſteinmauer einfaßt, erinnert zumeiſt
an die Begräbnißſtätten der Familie Marwitz in Friedersdorf
und der Familie Humboldt in Tegel. Mit beiden hat er eine
gewiſſe Eigenthümlichkeit der Anlage gemein, und wenn er viel-
leicht einerſeits hinter der chriſtlich-poetiſchen Schlichtheit des einen,
wie anderſeits hinter der klaſſiſch-äſthetiſchen Feinfühligkeit des
andern zurückbleibt, ſo übertrifft er doch beide durch Mannigfal-
tigkeit und den Reichthum des künſtleriſch Gebotenen. Die Anlage
(wenn ich nicht irre, von Frau von Friedland herrührend, die
auch hierin die Selbſtſtändigkeit ihres Weſens zeigte) iſt folgende.

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[474/0486] nach dem Tode des großen Königs, Friedrich Wilhelm II. an ſeinen Miniſter Wöllner zum Geſchenk machte. Der Miniſter Wöll- ner war mit einer Itzenplitz vermählt, wodurch dies hiſtoriſche Werthſtück (da das Wöllner’ſche Paar kinderlos ſtarb) in die Itzenplitz’ſche Familie kam. Es iſt ein weißer, in der geſchmackvollſten Weiſe mit Roſen, Erdbeeren und allerlei Blumenguirlanden bemalter Porzellankaſten, von etwa 5 Zoll Höhe, bei 7 Zoll Breite und 11 Zoll Länge. In dieſem Kaſten, der zwei Etagen hat, und mit rothem Sammt ausgeſchlagen iſt, liegt die Ebenholz-Flöte des Königs. Sie beſteht aus 8 Stücken: einem Mundſtück, einem Klappenſtück und 6 Ein- ſatzſtücken, jedes Stück von einem Elfenbeinrande eingefaßt. Dazu gehört noch (zugleich als Autograph von der Hand des Königs) eine 7 Seiten lange Partitur. Die Ueberſchrift derſelben lautet: Aria per il Paulino del Opera di Demofonté, allegro di molto non odi consiglio. Rechts oben in der Ecke: di Fre- derico. Vielleicht die größte Sehenswürdigkeit von Schloß Cuners- dorf iſt die Begräbnißſtätte für die Familie Leſtwitz-Itzen- plitz. Dieſelbe liegt an der anderen Seite der Dorfſtraße und die verſchlungenen Pfade eines Obſtgartens, an Blumenbeeten und dem hohen Schilf eines kleinen Teiches vorbei, führen zu dieſer Stätte hin. Eine hohe Schwarztanne, deren Zweige weit in den Friedhof hineinragen, bezeichnet den Eingang. Dieſer Friedhof, den eine ziemlich niedrige Feldſteinmauer einfaßt, erinnert zumeiſt an die Begräbnißſtätten der Familie Marwitz in Friedersdorf und der Familie Humboldt in Tegel. Mit beiden hat er eine gewiſſe Eigenthümlichkeit der Anlage gemein, und wenn er viel- leicht einerſeits hinter der chriſtlich-poetiſchen Schlichtheit des einen, wie anderſeits hinter der klaſſiſch-äſthetiſchen Feinfühligkeit des andern zurückbleibt, ſo übertrifft er doch beide durch Mannigfal- tigkeit und den Reichthum des künſtleriſch Gebotenen. Die Anlage (wenn ich nicht irre, von Frau von Friedland herrührend, die auch hierin die Selbſtſtändigkeit ihres Weſens zeigte) iſt folgende.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/486>, abgerufen am 24.11.2024.