Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.begegnen, denen wir unsere Aufmerksamkeit zuzuwenden haben. Es hat das folgenden Zusammenhang. Der Staatskanzler *) Es war dies eine Fülle von Dingen. Vieles, namentlich Bilder und Stiche, hatte er in früheren Jahren schon in England gekauft, an- dres rührte aus der Zeit seiner Anspach-Baireuther Verwaltung her. Es ist bekannt, mit welchem Eifer er die Archive jener Landestheile durchfor- schen ließ; von allem nahm er Abschrift; eins der wichtigsten Resultate dieser Untersuchungen war die Auffindung der "Memoiren der Markgräfin von Baireuth." Ein feiner, literarisch-aesthetischer Sinn, ein Sinn für das Sammeln historischer Erinnerungsstücke, oder auch bloßer Curiositäten, begleitete ihn durchs Leben. In sehr charakteristischer Weise zeigte sich dies im Jahre 1786, unmittelbar nach dem Tode Friedrichs des Großen, wo er (damals in Diensten des Herzogs Ferdinand von Braunschweig) das in Braunschweig deponirte Testament des Königs nach Berlin brachte und sich als Belohnung lediglich eins der Windspiele des großen Königs erbat. **) Davoust war wohl kein Mann der Literatur. Dieser Umstand
mag es erklären, daß er sich mit der Wegführung glänzender, als werth- voll in die Augen springender Kunstwerke begnügte und die 16,000 Bände zählende Bibliothek in Tempelberg zurückließ. Ebenso entging seinem Auge begegnen, denen wir unſere Aufmerkſamkeit zuzuwenden haben. Es hat das folgenden Zuſammenhang. Der Staatskanzler *) Es war dies eine Fülle von Dingen. Vieles, namentlich Bilder und Stiche, hatte er in früheren Jahren ſchon in England gekauft, an- dres rührte aus der Zeit ſeiner Anspach-Baireuther Verwaltung her. Es iſt bekannt, mit welchem Eifer er die Archive jener Landestheile durchfor- ſchen ließ; von allem nahm er Abſchrift; eins der wichtigſten Reſultate dieſer Unterſuchungen war die Auffindung der „Memoiren der Markgräfin von Baireuth.“ Ein feiner, literariſch-aeſthetiſcher Sinn, ein Sinn für das Sammeln hiſtoriſcher Erinnerungsſtücke, oder auch bloßer Curioſitäten, begleitete ihn durchs Leben. In ſehr charakteriſtiſcher Weiſe zeigte ſich dies im Jahre 1786, unmittelbar nach dem Tode Friedrichs des Großen, wo er (damals in Dienſten des Herzogs Ferdinand von Braunſchweig) das in Braunſchweig deponirte Teſtament des Königs nach Berlin brachte und ſich als Belohnung lediglich eins der Windſpiele des großen Königs erbat. **) Davouſt war wohl kein Mann der Literatur. Dieſer Umſtand
mag es erklären, daß er ſich mit der Wegführung glänzender, als werth- voll in die Augen ſpringender Kunſtwerke begnügte und die 16,000 Bände zählende Bibliothek in Tempelberg zurückließ. Ebenſo entging ſeinem Auge <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0440" n="428"/> begegnen, denen wir unſere Aufmerkſamkeit zuzuwenden haben.<lb/> Das Schloß erinnert, nach dieſer Seite hin, zumeiſt an Schloß<lb/> Tegel, wiewohl das letztere ſowohl der Zahl, als dem Werth der<lb/> Kunſtſchätze nach, vor Neu-Hardenberg den Vorrang behauptet. Viel-<lb/> leicht wäre dies anders, wenn das Schloß alle die Kunſtſchätze um-<lb/> ſchlöſſe, die daſſelbe umſchließen <hi rendition="#g">könnte</hi> und umſchließen würde,<lb/> wenn nicht eine großmüthige Laune des Staatskanzlers, dieſen um<lb/> einen derartigen Beſitz gebracht hätte.</p><lb/> <p>Es hat das folgenden Zuſammenhang. Der Staatskanzler<lb/> hatte — lange bevor ihm die Herrſchaft Neu-Hardenberg zufiel —<lb/> bereits im Jahre 1804 das im Lebuſiſchen Kreiſe gelegene Gut<lb/> Tempelberg käuflich an ſich gebracht und daſelbſt ein Schloß auf-<lb/> geführt, das zu altem anererbten Hardenbergſchen Familienbeſitz<lb/> auch noch jene Fülle von Kunſtſchätzen umſchloß, die der kunſtlie-<lb/> bende Fürſt auf ſeinen Wanderungen durch Europa an ſich gebracht<lb/> hatte. <note place="foot" n="*)">Es war dies eine Fülle von Dingen. Vieles, namentlich Bilder<lb/> und Stiche, hatte er in früheren Jahren ſchon in England gekauft, an-<lb/> dres rührte aus der Zeit ſeiner Anspach-Baireuther Verwaltung her. Es<lb/> iſt bekannt, mit welchem Eifer er die Archive jener Landestheile durchfor-<lb/> ſchen ließ; von allem nahm er Abſchrift; eins der wichtigſten Reſultate<lb/> dieſer Unterſuchungen war die Auffindung der „Memoiren der Markgräfin<lb/> von Baireuth.“ Ein feiner, literariſch-aeſthetiſcher Sinn, ein Sinn für<lb/> das Sammeln hiſtoriſcher Erinnerungsſtücke, oder auch bloßer Curioſitäten,<lb/> begleitete ihn durchs Leben. In ſehr charakteriſtiſcher Weiſe zeigte ſich dies<lb/> im Jahre 1786, unmittelbar nach dem Tode Friedrichs des Großen, wo<lb/> er (damals in Dienſten des Herzogs Ferdinand von Braunſchweig) das<lb/> in Braunſchweig deponirte Teſtament des Königs nach Berlin brachte und<lb/> ſich als Belohnung lediglich eins der <hi rendition="#g">Windſpiele</hi> des großen Königs<lb/> erbat.</note> Es war dies eine außerordentlich werthvolle Sammlung.<lb/> Das Beſte derſelben ging nach der Schlacht bei Jena verloren.<lb/> Davouſt, auf ſeinem Raub- und Siegeszuge durch die Mark, ließ<lb/> vier Wagen voll dieſer Kunſtſchätze nach Paris ſchaffen <note xml:id="note-0440" next="#note-0441" place="foot" n="**)">Davouſt war wohl kein Mann der Literatur. Dieſer Umſtand<lb/> mag es erklären, daß er ſich mit der Wegführung glänzender, als werth-<lb/> voll in die Augen ſpringender Kunſtwerke begnügte und die 16,000 Bände<lb/> zählende Bibliothek in Tempelberg zurückließ. Ebenſo entging ſeinem Auge</note> und als<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [428/0440]
begegnen, denen wir unſere Aufmerkſamkeit zuzuwenden haben.
Das Schloß erinnert, nach dieſer Seite hin, zumeiſt an Schloß
Tegel, wiewohl das letztere ſowohl der Zahl, als dem Werth der
Kunſtſchätze nach, vor Neu-Hardenberg den Vorrang behauptet. Viel-
leicht wäre dies anders, wenn das Schloß alle die Kunſtſchätze um-
ſchlöſſe, die daſſelbe umſchließen könnte und umſchließen würde,
wenn nicht eine großmüthige Laune des Staatskanzlers, dieſen um
einen derartigen Beſitz gebracht hätte.
Es hat das folgenden Zuſammenhang. Der Staatskanzler
hatte — lange bevor ihm die Herrſchaft Neu-Hardenberg zufiel —
bereits im Jahre 1804 das im Lebuſiſchen Kreiſe gelegene Gut
Tempelberg käuflich an ſich gebracht und daſelbſt ein Schloß auf-
geführt, das zu altem anererbten Hardenbergſchen Familienbeſitz
auch noch jene Fülle von Kunſtſchätzen umſchloß, die der kunſtlie-
bende Fürſt auf ſeinen Wanderungen durch Europa an ſich gebracht
hatte. *) Es war dies eine außerordentlich werthvolle Sammlung.
Das Beſte derſelben ging nach der Schlacht bei Jena verloren.
Davouſt, auf ſeinem Raub- und Siegeszuge durch die Mark, ließ
vier Wagen voll dieſer Kunſtſchätze nach Paris ſchaffen **) und als
*) Es war dies eine Fülle von Dingen. Vieles, namentlich Bilder
und Stiche, hatte er in früheren Jahren ſchon in England gekauft, an-
dres rührte aus der Zeit ſeiner Anspach-Baireuther Verwaltung her. Es
iſt bekannt, mit welchem Eifer er die Archive jener Landestheile durchfor-
ſchen ließ; von allem nahm er Abſchrift; eins der wichtigſten Reſultate
dieſer Unterſuchungen war die Auffindung der „Memoiren der Markgräfin
von Baireuth.“ Ein feiner, literariſch-aeſthetiſcher Sinn, ein Sinn für
das Sammeln hiſtoriſcher Erinnerungsſtücke, oder auch bloßer Curioſitäten,
begleitete ihn durchs Leben. In ſehr charakteriſtiſcher Weiſe zeigte ſich dies
im Jahre 1786, unmittelbar nach dem Tode Friedrichs des Großen, wo
er (damals in Dienſten des Herzogs Ferdinand von Braunſchweig) das
in Braunſchweig deponirte Teſtament des Königs nach Berlin brachte und
ſich als Belohnung lediglich eins der Windſpiele des großen Königs
erbat.
**) Davouſt war wohl kein Mann der Literatur. Dieſer Umſtand
mag es erklären, daß er ſich mit der Wegführung glänzender, als werth-
voll in die Augen ſpringender Kunſtwerke begnügte und die 16,000 Bände
zählende Bibliothek in Tempelberg zurückließ. Ebenſo entging ſeinem Auge
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