die altfränkisch-steife Anlage, die damals noch existirte, protestirt, und das in andrem Sinne feine Gefühl des Schwiegervaters hatte mit gleicher Beharrlichkeit die Neuerungen abgelehnt, weil diese Neuerungen gleichbedeutend waren mit Entfernung eines Dutzend der allerschönsten Bäume. Davon wollte der Staatskanzler nichts wissen; man sieht, er hatte auch seine Pietät. Der Schwiegersohn, da jegliche Ueberredung scheiterte, schritt endlich auf jede Gefahr hin zur That und Abhülfe. Ein Kreis der Nächststehenden war bei Tisch versammelt, und in dem schon erwähnten Gartensalon aus der Prittwitz-Zeit herrschte jene Tafelheiterkeit, an der das Herz des Fürsten hing und auf deren Pflege und Hervorrufung er sich so wohl verstand. Nun war das Mahl beendet und Wirth und Gäste traten auf die Veranda hinaus, die den Blick hat auf Wiese und Park und Monument. Der alte Fürst stand wie ge- troffen, -- das war der Park nicht mehr, wie er noch vor drei Stunden gewesen war, ja, dessen große Allee er noch vor Tisch in heitrem Geplauder durchschritten hatte. In der That, der Park war während der Stunden des Diners ein andrer geworden, ein solcher, wie er jetzt ist, wie er nach des Schwiegersohns Ansicht werden mußte. Eine Allee war verschwunden und wo ein Els- bruch war, war eine Parkwiese entstanden, an deren Ausgang das Wasser des Canals blitzte. Der Fürst, im ersten Augenblick sicht- lich unangenehm berührt, war doch guter Wirth und guter Schwie- gervater genug, um gute Miene zum bösen Spiele zu machen und die jetzigen Besucher mögen sich des Einfalls freuen. Wir entneh- men dieser kleinen Scene aber unter anderm abermals das Fak- tum einer längeren oder kürzeren Anwesenheit des Staatskanzlers auf seinem Neu-Hardenberger Schlosse.
Gleichviel indeß, wie oft und wie lange er zu einem Aufent- halte in Neu-Hardenberg Muße fand, jedenfalls war von Anfang an sein Auge, seine Sorgfalt diesem neuen Besitze zugewandt und Schloß, Park, Kirche sind in ihrer jetzigen Gestalt seine Schöpfung.
Machen wir zunächst einen Rundgang durch die Zimmer des Schlosses. Wir werden hier einer reichen Anzahl von Kunstschätzen
die altfränkiſch-ſteife Anlage, die damals noch exiſtirte, proteſtirt, und das in andrem Sinne feine Gefühl des Schwiegervaters hatte mit gleicher Beharrlichkeit die Neuerungen abgelehnt, weil dieſe Neuerungen gleichbedeutend waren mit Entfernung eines Dutzend der allerſchönſten Bäume. Davon wollte der Staatskanzler nichts wiſſen; man ſieht, er hatte auch ſeine Pietät. Der Schwiegerſohn, da jegliche Ueberredung ſcheiterte, ſchritt endlich auf jede Gefahr hin zur That und Abhülfe. Ein Kreis der Nächſtſtehenden war bei Tiſch verſammelt, und in dem ſchon erwähnten Gartenſalon aus der Prittwitz-Zeit herrſchte jene Tafelheiterkeit, an der das Herz des Fürſten hing und auf deren Pflege und Hervorrufung er ſich ſo wohl verſtand. Nun war das Mahl beendet und Wirth und Gäſte traten auf die Veranda hinaus, die den Blick hat auf Wieſe und Park und Monument. Der alte Fürſt ſtand wie ge- troffen, — das war der Park nicht mehr, wie er noch vor drei Stunden geweſen war, ja, deſſen große Allee er noch vor Tiſch in heitrem Geplauder durchſchritten hatte. In der That, der Park war während der Stunden des Diners ein andrer geworden, ein ſolcher, wie er jetzt iſt, wie er nach des Schwiegerſohns Anſicht werden mußte. Eine Allee war verſchwunden und wo ein Els- bruch war, war eine Parkwieſe entſtanden, an deren Ausgang das Waſſer des Canals blitzte. Der Fürſt, im erſten Augenblick ſicht- lich unangenehm berührt, war doch guter Wirth und guter Schwie- gervater genug, um gute Miene zum böſen Spiele zu machen und die jetzigen Beſucher mögen ſich des Einfalls freuen. Wir entneh- men dieſer kleinen Scene aber unter anderm abermals das Fak- tum einer längeren oder kürzeren Anweſenheit des Staatskanzlers auf ſeinem Neu-Hardenberger Schloſſe.
Gleichviel indeß, wie oft und wie lange er zu einem Aufent- halte in Neu-Hardenberg Muße fand, jedenfalls war von Anfang an ſein Auge, ſeine Sorgfalt dieſem neuen Beſitze zugewandt und Schloß, Park, Kirche ſind in ihrer jetzigen Geſtalt ſeine Schöpfung.
Machen wir zunächſt einen Rundgang durch die Zimmer des Schloſſes. Wir werden hier einer reichen Anzahl von Kunſtſchätzen
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die altfränkiſch-ſteife Anlage, die damals noch exiſtirte, proteſtirt,
und das in andrem Sinne feine Gefühl des Schwiegervaters hatte
mit gleicher Beharrlichkeit die Neuerungen abgelehnt, weil dieſe
Neuerungen gleichbedeutend waren mit Entfernung eines Dutzend
der allerſchönſten Bäume. Davon wollte der Staatskanzler nichts
wiſſen; man ſieht, er hatte auch ſeine Pietät. Der Schwiegerſohn,
da jegliche Ueberredung ſcheiterte, ſchritt endlich auf jede Gefahr
hin zur That und Abhülfe. Ein Kreis der Nächſtſtehenden war
bei Tiſch verſammelt, und in dem ſchon erwähnten Gartenſalon
aus der Prittwitz-Zeit herrſchte jene Tafelheiterkeit, an der das
Herz des Fürſten hing und auf deren Pflege und Hervorrufung
er ſich ſo wohl verſtand. Nun war das Mahl beendet und Wirth
und Gäſte traten auf die Veranda hinaus, die den Blick hat auf
Wieſe und Park und Monument. Der alte Fürſt ſtand wie ge-
troffen, — das war der Park nicht mehr, wie er noch vor drei
Stunden geweſen war, ja, deſſen große Allee er noch vor Tiſch
in heitrem Geplauder durchſchritten hatte. In der That, der Park
war während der Stunden des Diners ein andrer geworden, ein
ſolcher, wie er jetzt iſt, wie er nach des Schwiegerſohns Anſicht
werden mußte. Eine Allee war verſchwunden und wo ein Els-
bruch war, war eine Parkwieſe entſtanden, an deren Ausgang das
Waſſer des Canals blitzte. Der Fürſt, im erſten Augenblick ſicht-
lich unangenehm berührt, war doch guter Wirth und guter Schwie-
gervater genug, um gute Miene zum böſen Spiele zu machen und
die jetzigen Beſucher mögen ſich des Einfalls freuen. Wir entneh-
men dieſer kleinen Scene aber unter anderm abermals das Fak-
tum einer längeren oder kürzeren Anweſenheit des Staatskanzlers
auf ſeinem Neu-Hardenberger Schloſſe.
Gleichviel indeß, wie oft und wie lange er zu einem Aufent-
halte in Neu-Hardenberg Muße fand, jedenfalls war von Anfang
an ſein Auge, ſeine Sorgfalt dieſem neuen Beſitze zugewandt und
Schloß, Park, Kirche ſind in ihrer jetzigen Geſtalt ſeine Schöpfung.
Machen wir zunächſt einen Rundgang durch die Zimmer des
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/439>, abgerufen am 22.11.2024.
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