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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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wandte sich um und schoß den feindlichen Offizier vom Pferde.
Dies machte die Verfolger einen Augenblick stutzen, der König ge-
wann mit seiner kleinen Schaar einen Vorsprung, und jene ver-
mochten ihn nicht wieder einzuholen. Mehrmals rief er dabei aus:
"Prittwitz, ich bin verloren." Auf diese Weise rettete sich Friedrich
der Große vom Mühlberg herab in das Thal, über die sogenannte
große Mühle, hinter deren Defileen er vorläufig sicher war. Hier
ritt er auf die erste Anhöhe und betrachtete mit Wehmuth seine
zurückeilenden Truppen. Mit Thränen in den Augen rief er ihnen
zu: "Kinder verlaßt heute mich, euren König, euren Vater, nicht."
Dann ritt er weiter und kam, es war spät am Abend, nach dem
Dorfe Oetscher. Auf dem Rücken Joachim Bernhards schrieb er
mit Bleistift an den Minister Finkenstein in Berlin die Worte:
"Alles ist verloren, retten Sie die Königliche Familie, Adieu für
immer." Während in Oetscher der unglückliche König, nur von
wenigen Getreuen umringt, sich auf's Stroh warf, sammelte Joa-
chim Bernhard die aufgelösten Trümmer der Armee, etwa 3 bis
4000 Mann, so daß ihm nicht nur der Ruhm gebührt, den Kö-
nig, sondern auch den Rest der Armee gerettet zu haben; denn
wurden die Truppen nicht in der Nacht nach Oetscher, wo die
Schiffsbrücken waren, dirigirt, so waren sie auf dem rechten Oder-
ufer verloren. Als er dem Könige melden wollte, daß sich einige
Bataillone gesammelt hätten, verhinderten ihn die Adjutanten da-
ran, die bei der verzweifelten Stimmung des Königs fürchteten,
derselbe werde, sobald er erführe, er habe noch Truppen in Hän-
den, den unglücklichen Kampf von Neuem beginnen."

So erzählen die meisten zeitgenössischen Schriftsteller die Ret-
tung des Königs. Etwas abweichend davon, berichtet Frau von
Blumenthal in ihrer trefflichen Lebensbeschreibung Zietens, über
denselben Hergang, und in Erwägung des Umstands, daß Pritt-
witz selbst eine Vorrede zu dieser Lebensbeschreibung schrieb (also
das Buch, wenigstens aber doch diese, ihn selbst so nah angehende
Stelle gelesen haben muß), können wir nicht umhin, dieser an-

wandte ſich um und ſchoß den feindlichen Offizier vom Pferde.
Dies machte die Verfolger einen Augenblick ſtutzen, der König ge-
wann mit ſeiner kleinen Schaar einen Vorſprung, und jene ver-
mochten ihn nicht wieder einzuholen. Mehrmals rief er dabei aus:
„Prittwitz, ich bin verloren.“ Auf dieſe Weiſe rettete ſich Friedrich
der Große vom Mühlberg herab in das Thal, über die ſogenannte
große Mühle, hinter deren Defileen er vorläufig ſicher war. Hier
ritt er auf die erſte Anhöhe und betrachtete mit Wehmuth ſeine
zurückeilenden Truppen. Mit Thränen in den Augen rief er ihnen
zu: „Kinder verlaßt heute mich, euren König, euren Vater, nicht.“
Dann ritt er weiter und kam, es war ſpät am Abend, nach dem
Dorfe Oetſcher. Auf dem Rücken Joachim Bernhards ſchrieb er
mit Bleiſtift an den Miniſter Finkenſtein in Berlin die Worte:
„Alles iſt verloren, retten Sie die Königliche Familie, Adieu für
immer.“ Während in Oetſcher der unglückliche König, nur von
wenigen Getreuen umringt, ſich auf’s Stroh warf, ſammelte Joa-
chim Bernhard die aufgelöſten Trümmer der Armee, etwa 3 bis
4000 Mann, ſo daß ihm nicht nur der Ruhm gebührt, den Kö-
nig, ſondern auch den Reſt der Armee gerettet zu haben; denn
wurden die Truppen nicht in der Nacht nach Oetſcher, wo die
Schiffsbrücken waren, dirigirt, ſo waren ſie auf dem rechten Oder-
ufer verloren. Als er dem Könige melden wollte, daß ſich einige
Bataillone geſammelt hätten, verhinderten ihn die Adjutanten da-
ran, die bei der verzweifelten Stimmung des Königs fürchteten,
derſelbe werde, ſobald er erführe, er habe noch Truppen in Hän-
den, den unglücklichen Kampf von Neuem beginnen.“

So erzählen die meiſten zeitgenöſſiſchen Schriftſteller die Ret-
tung des Königs. Etwas abweichend davon, berichtet Frau von
Blumenthal in ihrer trefflichen Lebensbeſchreibung Zietens, über
denſelben Hergang, und in Erwägung des Umſtands, daß Pritt-
witz ſelbſt eine Vorrede zu dieſer Lebensbeſchreibung ſchrieb (alſo
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[418/0430] wandte ſich um und ſchoß den feindlichen Offizier vom Pferde. Dies machte die Verfolger einen Augenblick ſtutzen, der König ge- wann mit ſeiner kleinen Schaar einen Vorſprung, und jene ver- mochten ihn nicht wieder einzuholen. Mehrmals rief er dabei aus: „Prittwitz, ich bin verloren.“ Auf dieſe Weiſe rettete ſich Friedrich der Große vom Mühlberg herab in das Thal, über die ſogenannte große Mühle, hinter deren Defileen er vorläufig ſicher war. Hier ritt er auf die erſte Anhöhe und betrachtete mit Wehmuth ſeine zurückeilenden Truppen. Mit Thränen in den Augen rief er ihnen zu: „Kinder verlaßt heute mich, euren König, euren Vater, nicht.“ Dann ritt er weiter und kam, es war ſpät am Abend, nach dem Dorfe Oetſcher. Auf dem Rücken Joachim Bernhards ſchrieb er mit Bleiſtift an den Miniſter Finkenſtein in Berlin die Worte: „Alles iſt verloren, retten Sie die Königliche Familie, Adieu für immer.“ Während in Oetſcher der unglückliche König, nur von wenigen Getreuen umringt, ſich auf’s Stroh warf, ſammelte Joa- chim Bernhard die aufgelöſten Trümmer der Armee, etwa 3 bis 4000 Mann, ſo daß ihm nicht nur der Ruhm gebührt, den Kö- nig, ſondern auch den Reſt der Armee gerettet zu haben; denn wurden die Truppen nicht in der Nacht nach Oetſcher, wo die Schiffsbrücken waren, dirigirt, ſo waren ſie auf dem rechten Oder- ufer verloren. Als er dem Könige melden wollte, daß ſich einige Bataillone geſammelt hätten, verhinderten ihn die Adjutanten da- ran, die bei der verzweifelten Stimmung des Königs fürchteten, derſelbe werde, ſobald er erführe, er habe noch Truppen in Hän- den, den unglücklichen Kampf von Neuem beginnen.“ So erzählen die meiſten zeitgenöſſiſchen Schriftſteller die Ret- tung des Königs. Etwas abweichend davon, berichtet Frau von Blumenthal in ihrer trefflichen Lebensbeſchreibung Zietens, über denſelben Hergang, und in Erwägung des Umſtands, daß Pritt- witz ſelbſt eine Vorrede zu dieſer Lebensbeſchreibung ſchrieb (alſo das Buch, wenigſtens aber doch dieſe, ihn ſelbſt ſo nah angehende Stelle geleſen haben muß), können wir nicht umhin, dieſer an-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/430>, abgerufen am 22.11.2024.