que mes soldats traitent les citoyens francais comme les votres vous ont traites." Itzenplitz, der ein Mit- glied der Deputation war, hat diese Worte aufgezeichnet. Marwitz sammelte dergleichen zu doppeltem Zweck, zu seiner Instruktion und zur Nährung seines Hasses.
Aber Hand in Hand mit diesen losen Collectaneen, bei deren Durchblätterung die ganze Epoche, der sie angehören, wieder leben- dig vor uns hintritt, gingen abgerundete, tief durchdachte Arbei- ten, von denen uns wenigstens Eine über die sogenannte "Se- paration", d. h. "die Theilung der Gemeinheiten" in aller Voll- ständigkeit aufbewahrt worden ist. Marwitz ist gegen die Separa- tion. Er sucht zu beweisen, daß die "Theilung der Gemeinheit" und das sogenannte "Abbauen der Dörfer" ein Fehler sei; ein Fehler deßhalb, weil es den Egoismus des Einzelnen steigere, statt ihn zu mindern. Dieser Egoismus erscheint ihm als der Wurm, der den Geist der Nationen, diese eigentlich produktive Kraft, zerstört. Lassen wir ihn selber sprechen.
"Die Nationalkraft ist der Urgrund alles Producirens. Selbst wenn unsere Zustände, wie sie jetzt sind, sich befestigen sollten, selbst wenn wir Zeiten der Ruhe entgegen gingen, die einen un- gestörten Auf- und Ausbau dessen zulassen, was ihr einzuführen gedenkt (Separation und Dörferabbau), so ist damit wenig ge- wonnen. Die Welt hat solche Zeiten schon einmal gesehen. Es waren die Zeiten der besseren römischen Kaiser. Friede herrschte von den Säulen des Hercules bis zu den Ufern des Euphrat; das Recht war genau bestimmt und wurde strenge gehandhabt, es wurden manche Rohheiten der früheren Zeit verbannt durch die milde Gesinnung der Herrscher und überhaupt alle Störungen entfernt, die dem Wohlsein der Einzelnen entgegen stehen mochten. Und doch waren dieß dieselben Zeiten, in denen in den höheren Regionen des menschlichen Daseins völlige Oede herrschte, Zeiten, in denen weder Wissenschaft noch Religion, noch Vaterland die Menschen begeisterten. Aber mehr denn das (mehr in den Augen derer, die sich durch die Erscheinung bestechen lassen), auch der
que mes soldats traitent les citoyens français comme les votres vous ont traités.“ Itzenplitz, der ein Mit- glied der Deputation war, hat dieſe Worte aufgezeichnet. Marwitz ſammelte dergleichen zu doppeltem Zweck, zu ſeiner Inſtruktion und zur Nährung ſeines Haſſes.
Aber Hand in Hand mit dieſen loſen Collectaneen, bei deren Durchblätterung die ganze Epoche, der ſie angehören, wieder leben- dig vor uns hintritt, gingen abgerundete, tief durchdachte Arbei- ten, von denen uns wenigſtens Eine über die ſogenannte „Se- paration“, d. h. „die Theilung der Gemeinheiten“ in aller Voll- ſtändigkeit aufbewahrt worden iſt. Marwitz iſt gegen die Separa- tion. Er ſucht zu beweiſen, daß die „Theilung der Gemeinheit“ und das ſogenannte „Abbauen der Dörfer“ ein Fehler ſei; ein Fehler deßhalb, weil es den Egoismus des Einzelnen ſteigere, ſtatt ihn zu mindern. Dieſer Egoismus erſcheint ihm als der Wurm, der den Geiſt der Nationen, dieſe eigentlich produktive Kraft, zerſtört. Laſſen wir ihn ſelber ſprechen.
„Die Nationalkraft iſt der Urgrund alles Producirens. Selbſt wenn unſere Zuſtände, wie ſie jetzt ſind, ſich befeſtigen ſollten, ſelbſt wenn wir Zeiten der Ruhe entgegen gingen, die einen un- geſtörten Auf- und Ausbau deſſen zulaſſen, was ihr einzuführen gedenkt (Separation und Dörferabbau), ſo iſt damit wenig ge- wonnen. Die Welt hat ſolche Zeiten ſchon einmal geſehen. Es waren die Zeiten der beſſeren römiſchen Kaiſer. Friede herrſchte von den Säulen des Hercules bis zu den Ufern des Euphrat; das Recht war genau beſtimmt und wurde ſtrenge gehandhabt, es wurden manche Rohheiten der früheren Zeit verbannt durch die milde Geſinnung der Herrſcher und überhaupt alle Störungen entfernt, die dem Wohlſein der Einzelnen entgegen ſtehen mochten. Und doch waren dieß dieſelben Zeiten, in denen in den höheren Regionen des menſchlichen Daſeins völlige Oede herrſchte, Zeiten, in denen weder Wiſſenſchaft noch Religion, noch Vaterland die Menſchen begeiſterten. Aber mehr denn das (mehr in den Augen derer, die ſich durch die Erſcheinung beſtechen laſſen), auch der
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comme les votres vous ont traités.“ Itzenplitz, der ein Mit-
glied der Deputation war, hat dieſe Worte aufgezeichnet. Marwitz
ſammelte dergleichen zu doppeltem Zweck, zu ſeiner Inſtruktion
und zur Nährung ſeines Haſſes.
Aber Hand in Hand mit dieſen loſen Collectaneen, bei deren
Durchblätterung die ganze Epoche, der ſie angehören, wieder leben-
dig vor uns hintritt, gingen abgerundete, tief durchdachte Arbei-
ten, von denen uns wenigſtens Eine über die ſogenannte „Se-
paration“, d. h. „die Theilung der Gemeinheiten“ in aller Voll-
ſtändigkeit aufbewahrt worden iſt. Marwitz iſt gegen die Separa-
tion. Er ſucht zu beweiſen, daß die „Theilung der Gemeinheit“
und das ſogenannte „Abbauen der Dörfer“ ein Fehler ſei; ein
Fehler deßhalb, weil es den Egoismus des Einzelnen ſteigere,
ſtatt ihn zu mindern. Dieſer Egoismus erſcheint ihm als der
Wurm, der den Geiſt der Nationen, dieſe eigentlich produktive
Kraft, zerſtört. Laſſen wir ihn ſelber ſprechen.
„Die Nationalkraft iſt der Urgrund alles Producirens. Selbſt
wenn unſere Zuſtände, wie ſie jetzt ſind, ſich befeſtigen ſollten,
ſelbſt wenn wir Zeiten der Ruhe entgegen gingen, die einen un-
geſtörten Auf- und Ausbau deſſen zulaſſen, was ihr einzuführen
gedenkt (Separation und Dörferabbau), ſo iſt damit wenig ge-
wonnen. Die Welt hat ſolche Zeiten ſchon einmal geſehen. Es
waren die Zeiten der beſſeren römiſchen Kaiſer. Friede herrſchte
von den Säulen des Hercules bis zu den Ufern des Euphrat;
das Recht war genau beſtimmt und wurde ſtrenge gehandhabt, es
wurden manche Rohheiten der früheren Zeit verbannt durch die
milde Geſinnung der Herrſcher und überhaupt alle Störungen
entfernt, die dem Wohlſein der Einzelnen entgegen ſtehen mochten.
Und doch waren dieß dieſelben Zeiten, in denen in den höheren
Regionen des menſchlichen Daſeins völlige Oede herrſchte, Zeiten,
in denen weder Wiſſenſchaft noch Religion, noch Vaterland die
Menſchen begeiſterten. Aber mehr denn das (mehr in den Augen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/417>, abgerufen am 25.11.2024.
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