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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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Alexander von der Marwitz.

Du hoffst umsonst vom Meere
Vom Weltgetümmel Ruh;
Selbst Lorbeer, Ruhm und Ehre
Heilt keine Wunden zu
.

Waiblinger.

Blühend blieb mir im Gedächtniß
Diese schlanke Heldenblume;
Nie vergeß ich dieses schöne
Träumerische Jünglingsantlitz.

H. Heine.

Alexander von der Marwitz war der jüngere Bruder des
Generallieutenants Ludwig von der Marwitz, dessen Leben und
Charakter ich im vorhergehenden Kapitel zu schildern versucht habe.
Der Anfang dieses Jahrhunderts war eine Epoche der Dioskuren,
der glänzenden Brüderpaare: die beiden Humboldt, die beiden
Schlegel, die beiden Tieck, die beiden Bülow -- zu ihnen gesellten
sich die beiden Marwitz. Beide Brüder waren von verwandter
Naturanlage, von gleichem Temperament; sie hatten dasselbe Blut.
Beider Herz war groß und hatte jenen hohen Vollschlag, der die
Freiheit bedeutet. Sie hatten eine verwandte Naturanlage, aber sie
waren doch verschieden. Wie ein Adler war der ältere Bruder.
Himmel und Einsamkeit um sich her, sah er auf die irdischen
Dinge wie auf etwas Fremdes herab, wie auf das Treiben eines
Lagers, das morgen abgebrochen wird; Ziel und Heimath lagen
ihm über der Welt, nicht auf ihr. Wie ein Falke aber, ein früh
gezähmter, war das Herz des jüngeren Bruders. Früh an die
Menschenwelt gewöhnt, ein Theil von ihr geworden, blieb er in
Zwiespalt, wo seine Heimath sei, ob hinter Gitterstäben, wo die
schöne Hand der Herrin ihm Spielzeug und Schmeichelworte reichte,
oder dort oben in jauchzender Freiheit und Einsamkeit. So oft er

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Alexander von der Marwitz.

Du hoffſt umſonſt vom Meere
Vom Weltgetümmel Ruh;
Selbſt Lorbeer, Ruhm und Ehre
Heilt keine Wunden zu
.

Waiblinger.

Blühend blieb mir im Gedächtniß
Dieſe ſchlanke Heldenblume;
Nie vergeß ich dieſes ſchöne
Träumeriſche Jünglingsantlitz.

H. Heine.

Alexander von der Marwitz war der jüngere Bruder des
Generallieutenants Ludwig von der Marwitz, deſſen Leben und
Charakter ich im vorhergehenden Kapitel zu ſchildern verſucht habe.
Der Anfang dieſes Jahrhunderts war eine Epoche der Dioskuren,
der glänzenden Brüderpaare: die beiden Humboldt, die beiden
Schlegel, die beiden Tieck, die beiden Bülow — zu ihnen geſellten
ſich die beiden Marwitz. Beide Brüder waren von verwandter
Naturanlage, von gleichem Temperament; ſie hatten daſſelbe Blut.
Beider Herz war groß und hatte jenen hohen Vollſchlag, der die
Freiheit bedeutet. Sie hatten eine verwandte Naturanlage, aber ſie
waren doch verſchieden. Wie ein Adler war der ältere Bruder.
Himmel und Einſamkeit um ſich her, ſah er auf die irdiſchen
Dinge wie auf etwas Fremdes herab, wie auf das Treiben eines
Lagers, das morgen abgebrochen wird; Ziel und Heimath lagen
ihm über der Welt, nicht auf ihr. Wie ein Falke aber, ein früh
gezähmter, war das Herz des jüngeren Bruders. Früh an die
Menſchenwelt gewöhnt, ein Theil von ihr geworden, blieb er in
Zwieſpalt, wo ſeine Heimath ſei, ob hinter Gitterſtäben, wo die
ſchöne Hand der Herrin ihm Spielzeug und Schmeichelworte reichte,
oder dort oben in jauchzender Freiheit und Einſamkeit. So oft er

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[[387]/0399] Alexander von der Marwitz. Du hoffſt umſonſt vom Meere Vom Weltgetümmel Ruh; Selbſt Lorbeer, Ruhm und Ehre Heilt keine Wunden zu. Waiblinger. Blühend blieb mir im Gedächtniß Dieſe ſchlanke Heldenblume; Nie vergeß ich dieſes ſchöne Träumeriſche Jünglingsantlitz. H. Heine. Alexander von der Marwitz war der jüngere Bruder des Generallieutenants Ludwig von der Marwitz, deſſen Leben und Charakter ich im vorhergehenden Kapitel zu ſchildern verſucht habe. Der Anfang dieſes Jahrhunderts war eine Epoche der Dioskuren, der glänzenden Brüderpaare: die beiden Humboldt, die beiden Schlegel, die beiden Tieck, die beiden Bülow — zu ihnen geſellten ſich die beiden Marwitz. Beide Brüder waren von verwandter Naturanlage, von gleichem Temperament; ſie hatten daſſelbe Blut. Beider Herz war groß und hatte jenen hohen Vollſchlag, der die Freiheit bedeutet. Sie hatten eine verwandte Naturanlage, aber ſie waren doch verſchieden. Wie ein Adler war der ältere Bruder. Himmel und Einſamkeit um ſich her, ſah er auf die irdiſchen Dinge wie auf etwas Fremdes herab, wie auf das Treiben eines Lagers, das morgen abgebrochen wird; Ziel und Heimath lagen ihm über der Welt, nicht auf ihr. Wie ein Falke aber, ein früh gezähmter, war das Herz des jüngeren Bruders. Früh an die Menſchenwelt gewöhnt, ein Theil von ihr geworden, blieb er in Zwieſpalt, wo ſeine Heimath ſei, ob hinter Gitterſtäben, wo die ſchöne Hand der Herrin ihm Spielzeug und Schmeichelworte reichte, oder dort oben in jauchzender Freiheit und Einſamkeit. So oft er 25*

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. [387]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/399>, abgerufen am 25.11.2024.