Ich kenne die Thürme, die Zinnen, Die steinerne Brücke, das Thor.
In der Nähe von Gusow (dem alten Besitzthum Derfflingers) auf dem Plateau, das den Südwestrand des Oderbruchs begrenzt, liegt Friedersdorf, ein Besitz der Familie von der Marwitz. Die Marwitze, ursprünglich eine neumärkische Familie, kamen gegen Ende des siebzehnten Jahrhunderts in Besitz dieses Guts und haben es seitdem ununterbrochen besessen.*)
Vom Städtchen Selow (halben Wegs zwischen Müncheberg und Küstrin) erreicht man Friedersdorf in einer Viertelstunde. Die Landschaft ist reizlos und nur die Bäume des Parks, die man auf einige Entfernung hin hoch aufragen sieht, unterbrechen das flache Einerlei. Unmalerisch wie die Landschaft, ist auch die Einfahrt in das Dorf selbst, und erst in der Mitte desselben, wo wir die Parkbäume, die bis dahin den halbnebligten Hintergrund des Bil-
*) Wie die Familie zu den ältesten und angesehensten der Mark ge- hört, so ist es ihr vorbehalten gewesen, auch durch drei Generationen hin, ihren Namen mit der Geschichte des Landes zu verweben, und zum Ruhme desselben beizusteuern. In 150 Jahren gingen mehrere hundert Offiziere aus dieser Familie hervor, darunter acht Generale. Nur wenigen Geschlech- tern (fünf) war es vergönnt die Marwitze nach dieser Seite hin zu über- flügeln: die Kleist weisen 14 auf, die Schwerin 11, die von der Goltz 10, die Bork und die Bredow 9.
Schloß Friedersdorf.
Ich kenne die Thürme, die Zinnen, Die ſteinerne Brücke, das Thor.
In der Nähe von Guſow (dem alten Beſitzthum Derfflingers) auf dem Plateau, das den Südweſtrand des Oderbruchs begrenzt, liegt Friedersdorf, ein Beſitz der Familie von der Marwitz. Die Marwitze, urſprünglich eine neumärkiſche Familie, kamen gegen Ende des ſiebzehnten Jahrhunderts in Beſitz dieſes Guts und haben es ſeitdem ununterbrochen beſeſſen.*)
Vom Städtchen Selow (halben Wegs zwiſchen Müncheberg und Küſtrin) erreicht man Friedersdorf in einer Viertelſtunde. Die Landſchaft iſt reizlos und nur die Bäume des Parks, die man auf einige Entfernung hin hoch aufragen ſieht, unterbrechen das flache Einerlei. Unmaleriſch wie die Landſchaft, iſt auch die Einfahrt in das Dorf ſelbſt, und erſt in der Mitte deſſelben, wo wir die Parkbäume, die bis dahin den halbnebligten Hintergrund des Bil-
*) Wie die Familie zu den älteſten und angeſehenſten der Mark ge- hört, ſo iſt es ihr vorbehalten geweſen, auch durch drei Generationen hin, ihren Namen mit der Geſchichte des Landes zu verweben, und zum Ruhme deſſelben beizuſteuern. In 150 Jahren gingen mehrere hundert Offiziere aus dieſer Familie hervor, darunter acht Generale. Nur wenigen Geſchlech- tern (fünf) war es vergönnt die Marwitze nach dieſer Seite hin zu über- flügeln: die Kleiſt weiſen 14 auf, die Schwerin 11, die von der Goltz 10, die Bork und die Bredow 9.
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Schloß Friedersdorf.
Ich kenne die Thürme, die Zinnen,
Die ſteinerne Brücke, das Thor.
In der Nähe von Guſow (dem alten Beſitzthum Derfflingers)
auf dem Plateau, das den Südweſtrand des Oderbruchs begrenzt,
liegt Friedersdorf, ein Beſitz der Familie von der Marwitz.
Die Marwitze, urſprünglich eine neumärkiſche Familie, kamen gegen
Ende des ſiebzehnten Jahrhunderts in Beſitz dieſes Guts und
haben es ſeitdem ununterbrochen beſeſſen. *)
Vom Städtchen Selow (halben Wegs zwiſchen Müncheberg
und Küſtrin) erreicht man Friedersdorf in einer Viertelſtunde. Die
Landſchaft iſt reizlos und nur die Bäume des Parks, die man
auf einige Entfernung hin hoch aufragen ſieht, unterbrechen das
flache Einerlei. Unmaleriſch wie die Landſchaft, iſt auch die Einfahrt
in das Dorf ſelbſt, und erſt in der Mitte deſſelben, wo wir die
Parkbäume, die bis dahin den halbnebligten Hintergrund des Bil-
*) Wie die Familie zu den älteſten und angeſehenſten der Mark ge-
hört, ſo iſt es ihr vorbehalten geweſen, auch durch drei Generationen hin,
ihren Namen mit der Geſchichte des Landes zu verweben, und zum Ruhme
deſſelben beizuſteuern. In 150 Jahren gingen mehrere hundert Offiziere
aus dieſer Familie hervor, darunter acht Generale. Nur wenigen Geſchlech-
tern (fünf) war es vergönnt die Marwitze nach dieſer Seite hin zu über-
flügeln: die Kleiſt weiſen 14 auf, die Schwerin 11, die von der Goltz 10,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. [347]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/359>, abgerufen am 23.07.2024.
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