Junckelsche Leichenpredigt blos auszugs- und abschriftsweise in Händen gehabt zu haben, sondern auch noch, wie zum Ueber- fluß, den Fehler begeht, über Geburt, Leben und Tod der Edell von Sparr folgenden Gallimathias drucken zu lassen: "Edell von Sparr," so schreibt er, "wurde den 10. Juni 1598 geboren; sie verehelichte sich den 16. Juli 1598 auf dem königlichen Schlosse zu Kopenhagen im Beisein des Hofes und starb den 13. Novem- ber 1599 bei Geburt unsres Feldmarschalls." Es ist schwer, in vier Zeilen mehr Thorheit zu sagen. Hiernach wäre also Edell Sparr bei ihrer Verheirathung 36 Tage und bei Geburt ihres Sohnes nicht voll anderthalb Jahre alt gewesen. Nun würde man unter andern Umständen selbstverständlich die Pflicht haben, die Geburts-Jahreszahl einfach für einen Druckfehler zu halten, wenn nicht Koenig selbst wieder einem diese Annahme unmöglich machte und zwar dadurch, daß er, angesichts seiner eigenen Zahlen, ruhig fortfährt: "sie starb also in einem Alter von 14 Jahren und vier Wochen." Angenommen nun (wie schon zugegeben), daß bei An- gabe der Geburts-Jahreszahl ein Irrthum mit drunter gelaufen sei, so ist doch ein solcher Irrthum hinsichtlich der Monate nicht gut möglich und die zwischen dem 10. Juni und dem 13. No- vember mitten inneliegende Zeit, gleichviel um welche Jahreszahlen es sich handeln möge, kann nie vier Wochen betragen.
Alles dies läßt die Koenigschen Mittheilungen in einem höchst bedenklichen Lichte erscheinen und dennoch fehlt es den gegenüber- stehenden Angaben wenigstens an einer völlig überzeugenden Kraft. Namentlich gilt dies vom Geburtsjahr 1605. Eine Lektüre der dreitägigen Schlacht bei Warschau, wie der polnischen Campagne von 1656 überhaupt, giebt einem immer wieder den Eindruck, daß unser Otto Christoph in dem eben genannten Jahre bereits ein ziemlich alter Herr gewesen sei. Er heißt damals schon "der alte Vater Sparr" und dem Schwedenkönig werden eigens die Worte in den Mund gelegt, daß sich der alte Vater Sparr als ein rechter kriegskundiger General erwiesen habe. Wurde nun aber Otto Christoph erst im Jahre 1605 geboren, so war er wäh-
Junckelſche Leichenpredigt blos auszugs- und abſchriftsweiſe in Händen gehabt zu haben, ſondern auch noch, wie zum Ueber- fluß, den Fehler begeht, über Geburt, Leben und Tod der Edell von Sparr folgenden Gallimathias drucken zu laſſen: „Edell von Sparr,“ ſo ſchreibt er, „wurde den 10. Juni 1598 geboren; ſie verehelichte ſich den 16. Juli 1598 auf dem königlichen Schloſſe zu Kopenhagen im Beiſein des Hofes und ſtarb den 13. Novem- ber 1599 bei Geburt unſres Feldmarſchalls.“ Es iſt ſchwer, in vier Zeilen mehr Thorheit zu ſagen. Hiernach wäre alſo Edell Sparr bei ihrer Verheirathung 36 Tage und bei Geburt ihres Sohnes nicht voll anderthalb Jahre alt geweſen. Nun würde man unter andern Umſtänden ſelbſtverſtändlich die Pflicht haben, die Geburts-Jahreszahl einfach für einen Druckfehler zu halten, wenn nicht Koenig ſelbſt wieder einem dieſe Annahme unmöglich machte und zwar dadurch, daß er, angeſichts ſeiner eigenen Zahlen, ruhig fortfährt: „ſie ſtarb alſo in einem Alter von 14 Jahren und vier Wochen.“ Angenommen nun (wie ſchon zugegeben), daß bei An- gabe der Geburts-Jahreszahl ein Irrthum mit drunter gelaufen ſei, ſo iſt doch ein ſolcher Irrthum hinſichtlich der Monate nicht gut möglich und die zwiſchen dem 10. Juni und dem 13. No- vember mitten inneliegende Zeit, gleichviel um welche Jahreszahlen es ſich handeln möge, kann nie vier Wochen betragen.
Alles dies läßt die Koenigſchen Mittheilungen in einem höchſt bedenklichen Lichte erſcheinen und dennoch fehlt es den gegenüber- ſtehenden Angaben wenigſtens an einer völlig überzeugenden Kraft. Namentlich gilt dies vom Geburtsjahr 1605. Eine Lektüre der dreitägigen Schlacht bei Warſchau, wie der polniſchen Campagne von 1656 überhaupt, giebt einem immer wieder den Eindruck, daß unſer Otto Chriſtoph in dem eben genannten Jahre bereits ein ziemlich alter Herr geweſen ſei. Er heißt damals ſchon „der alte Vater Sparr“ und dem Schwedenkönig werden eigens die Worte in den Mund gelegt, daß ſich der alte Vater Sparr als ein rechter kriegskundiger General erwieſen habe. Wurde nun aber Otto Chriſtoph erſt im Jahre 1605 geboren, ſo war er wäh-
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Junckelſche Leichenpredigt blos auszugs- und abſchriftsweiſe
in Händen gehabt zu haben, ſondern auch noch, wie zum Ueber-
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von Sparr folgenden Gallimathias drucken zu laſſen: „Edell von
Sparr,“ ſo ſchreibt er, „wurde den 10. Juni 1598 geboren; ſie
verehelichte ſich den 16. Juli 1598 auf dem königlichen Schloſſe
zu Kopenhagen im Beiſein des Hofes und ſtarb den 13. Novem-
ber 1599 bei Geburt unſres Feldmarſchalls.“ Es iſt ſchwer, in
vier Zeilen mehr Thorheit zu ſagen. Hiernach wäre alſo Edell
Sparr bei ihrer Verheirathung 36 Tage und bei Geburt ihres
Sohnes nicht voll anderthalb Jahre alt geweſen. Nun würde man
unter andern Umſtänden ſelbſtverſtändlich die Pflicht haben, die
Geburts-Jahreszahl einfach für einen Druckfehler zu halten, wenn
nicht Koenig ſelbſt wieder einem dieſe Annahme unmöglich machte
und zwar dadurch, daß er, angeſichts ſeiner eigenen Zahlen, ruhig
fortfährt: „ſie ſtarb alſo in einem Alter von 14 Jahren und vier
Wochen.“ Angenommen nun (wie ſchon zugegeben), daß bei An-
gabe der Geburts-Jahreszahl ein Irrthum mit drunter gelaufen
ſei, ſo iſt doch ein ſolcher Irrthum hinſichtlich der Monate nicht
gut möglich und die zwiſchen dem 10. Juni und dem 13. No-
vember mitten inneliegende Zeit, gleichviel um welche Jahreszahlen
es ſich handeln möge, kann nie vier Wochen betragen.
Alles dies läßt die Koenigſchen Mittheilungen in einem höchſt
bedenklichen Lichte erſcheinen und dennoch fehlt es den gegenüber-
ſtehenden Angaben wenigſtens an einer völlig überzeugenden Kraft.
Namentlich gilt dies vom Geburtsjahr 1605. Eine Lektüre der
dreitägigen Schlacht bei Warſchau, wie der polniſchen Campagne
von 1656 überhaupt, giebt einem immer wieder den Eindruck, daß
unſer Otto Chriſtoph in dem eben genannten Jahre bereits ein
ziemlich alter Herr geweſen ſei. Er heißt damals ſchon „der
alte Vater Sparr“ und dem Schwedenkönig werden eigens die
Worte in den Mund gelegt, daß ſich der alte Vater Sparr
als ein rechter kriegskundiger General erwieſen habe. Wurde nun
aber Otto Chriſtoph erſt im Jahre 1605 geboren, ſo war er wäh-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/348>, abgerufen am 22.11.2024.
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