Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite
5.
Der Rosengarten. Der Baasee.

Und wo der Rosengarten war,
Da soll der Liliengarten werden.

Uhland.

Das Brunnenthal ist still und windgeschützt, aber in seinem
Rücken liegt eine stillere Stelle -- der Friedhof. Es ist ein klei-
ner, von einer niedrigen Steinmauer eingefaßter, mitten im Wald
gelegener Begräbnißort, so recht ein Platz, wo

-- jeder eitle Kummer,
Dir wie ein Traum zerfließt,
Und Dich der letzte Schlummer
Im Bienenton begrüßt, --

ein Platz, der uns mit dem Gedanken des Scheidens versöhnt und
uns im Tiefsten empfinden läßt:

Die Ruh' ist wohl das beste
Von all' dem Glück der Welt.

Die Pforte, einladend, steht immer offen, die Waldblumen
blühen draußen und drinnen und die Buchen legen, von außen
her, ihre grüne Hand auf die Gräber, als wollten sie den Schlum-
mer Derer, die drunter ruhn, noch ruhiger machen.

Es ist dies die Begräbnißstätte nicht für Freienwalde selbst,
sondern für Die, die als Gäste kamen, um Genesung zu suchen
und -- sie an dieser Stelle fanden.


5.
Der Roſengarten. Der Baaſee.

Und wo der Roſengarten war,
Da ſoll der Liliengarten werden.

Uhland.

Das Brunnenthal iſt ſtill und windgeſchützt, aber in ſeinem
Rücken liegt eine ſtillere Stelle — der Friedhof. Es iſt ein klei-
ner, von einer niedrigen Steinmauer eingefaßter, mitten im Wald
gelegener Begräbnißort, ſo recht ein Platz, wo

— jeder eitle Kummer,
Dir wie ein Traum zerfließt,
Und Dich der letzte Schlummer
Im Bienenton begrüßt, —

ein Platz, der uns mit dem Gedanken des Scheidens verſöhnt und
uns im Tiefſten empfinden läßt:

Die Ruh’ iſt wohl das beſte
Von all’ dem Glück der Welt.

Die Pforte, einladend, ſteht immer offen, die Waldblumen
blühen draußen und drinnen und die Buchen legen, von außen
her, ihre grüne Hand auf die Gräber, als wollten ſie den Schlum-
mer Derer, die drunter ruhn, noch ruhiger machen.

Es iſt dies die Begräbnißſtätte nicht für Freienwalde ſelbſt,
ſondern für Die, die als Gäſte kamen, um Geneſung zu ſuchen
und — ſie an dieſer Stelle fanden.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0302" n="[290]"/>
        <div n="2">
          <head>5.<lb/><hi rendition="#g">Der Ro&#x017F;engarten. Der Baa&#x017F;ee</hi>.</head><lb/>
          <cit rendition="#et">
            <quote>               Und wo der Ro&#x017F;engarten war,<lb/>
Da &#x017F;oll der Liliengarten werden.</quote><lb/>
            <bibl> <hi rendition="#b">Uhland.</hi> </bibl>
          </cit><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>as Brunnenthal i&#x017F;t &#x017F;till und windge&#x017F;chützt, aber in &#x017F;einem<lb/>
Rücken liegt eine &#x017F;tillere Stelle &#x2014; der Friedhof. Es i&#x017F;t ein klei-<lb/>
ner, von einer niedrigen Steinmauer eingefaßter, mitten im Wald<lb/>
gelegener Begräbnißort, &#x017F;o recht ein Platz, wo</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>&#x2014; jeder eitle Kummer,</l><lb/>
            <l>Dir wie ein Traum zerfließt,</l><lb/>
            <l>Und Dich der letzte Schlummer</l><lb/>
            <l>Im Bienenton begrüßt, &#x2014;</l>
          </lg><lb/>
          <p>ein Platz, der uns mit dem Gedanken des Scheidens ver&#x017F;öhnt und<lb/>
uns im Tief&#x017F;ten empfinden läßt:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Die Ruh&#x2019; i&#x017F;t wohl das be&#x017F;te</l><lb/>
            <l>Von all&#x2019; dem Glück der Welt.</l>
          </lg><lb/>
          <p>Die Pforte, einladend, &#x017F;teht immer offen, die Waldblumen<lb/>
blühen draußen und drinnen und die Buchen legen, von außen<lb/>
her, ihre grüne Hand auf die Gräber, als wollten &#x017F;ie den Schlum-<lb/>
mer Derer, die drunter ruhn, noch ruhiger machen.</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t dies die Begräbniß&#x017F;tätte nicht für Freienwalde &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;ondern für Die, die als Gä&#x017F;te kamen, um Gene&#x017F;ung zu &#x017F;uchen<lb/>
und &#x2014; &#x017F;ie an <hi rendition="#g">die&#x017F;er</hi> Stelle fanden.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[290]/0302] 5. Der Roſengarten. Der Baaſee. Und wo der Roſengarten war, Da ſoll der Liliengarten werden. Uhland. Das Brunnenthal iſt ſtill und windgeſchützt, aber in ſeinem Rücken liegt eine ſtillere Stelle — der Friedhof. Es iſt ein klei- ner, von einer niedrigen Steinmauer eingefaßter, mitten im Wald gelegener Begräbnißort, ſo recht ein Platz, wo — jeder eitle Kummer, Dir wie ein Traum zerfließt, Und Dich der letzte Schlummer Im Bienenton begrüßt, — ein Platz, der uns mit dem Gedanken des Scheidens verſöhnt und uns im Tiefſten empfinden läßt: Die Ruh’ iſt wohl das beſte Von all’ dem Glück der Welt. Die Pforte, einladend, ſteht immer offen, die Waldblumen blühen draußen und drinnen und die Buchen legen, von außen her, ihre grüne Hand auf die Gräber, als wollten ſie den Schlum- mer Derer, die drunter ruhn, noch ruhiger machen. Es iſt dies die Begräbnißſtätte nicht für Freienwalde ſelbſt, ſondern für Die, die als Gäſte kamen, um Geneſung zu ſuchen und — ſie an dieſer Stelle fanden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/302
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. [290]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/302>, abgerufen am 22.11.2024.