so lange hier Hof gehalten wurde (bis 1805), in dem Hause, das jetzt die Kastellans-Wohnung bildet. Friedrich Wilhelm IV. hatte vor, die Anlagen des Schloßgartens zu erweitern; die nöthigen Ländereien waren auch bereits angekauft, als sein Hinscheiden dem Plan ein Ende machte."
Diese Notizen enthalten so ziemlich eine Quintessenz alles Dessen, was in Freienwalde über Geschichte und Entstehung des "neuen Schlosses" cursirt. Die erste Zeile derselben ist in soweit nicht ganz correkt, als ich nachzuweisen im Stande bin, daß das neue Schloß bis 1795 nicht existirte, also nicht Anfangs der neunziger Jahre, sondern höchst wahrscheinlich erst am Schluß der- selben entstanden ist. Es liegt mir ein Buch aus dem Jahre 1795, "Dr. Heidekkers Beschreibung der Stadt Freienwalde" vor, dessen Titelkupfer eine Abbildung aller der Baulichkeiten giebt, die damals auf dem mehrgenannten Berge standen. Es sind dies: der Pavillon der Königin, der Königin Wohnhaus und der Königin Garten- haus, -- aber vom "Schloß" keine Spur, auch nicht einmal die Anfänge desselben.
So weit die Vignette des Buches, die indessen möglicherweise täuschen könnte; aber der Inhalt des Buches bestätigt, was die Vignette zeigt, nämlich die Thatsache, daß bis 1795 kein "Schloß" an den Abhängen des "Apothekerbergs" zu finden war. Dr. Hei- dekker schreibt in dem genannten Jahre: "Die Gemahlin Friedrich Wilhelms II. fand die Lage dieses Berges so reizend, daß sie von 1790 -- 95 alljährlich über 6 Wochen während der Badezeit in Freienwalde zubrachte und die Wohnung des Oberförsters Wiprecht, die zu diesem Zweck erweitert und eingerichtet worden war, be- wohnte. Sie ließ zugleich neben der Oberförster-Wohnung eine geschmackvolle Sommerwohnung bauen, die aus einem Saale, 4 Kabinets und einer Küche bestand, -- der jetzige Pavillon." Dieser Pavillon existirt noch, ganz in der Gestalt, wie ihn die Vignette zeigt; er wurde später zu Gartenfesten und kleinen Thea- terspielen benutzt, ist aber durchaus nicht das "Schloß."
Dies "Schloß" selbst wurde höchst wahrscheinlich im Sommer
ſo lange hier Hof gehalten wurde (bis 1805), in dem Hauſe, das jetzt die Kaſtellans-Wohnung bildet. Friedrich Wilhelm IV. hatte vor, die Anlagen des Schloßgartens zu erweitern; die nöthigen Ländereien waren auch bereits angekauft, als ſein Hinſcheiden dem Plan ein Ende machte.“
Dieſe Notizen enthalten ſo ziemlich eine Quinteſſenz alles Deſſen, was in Freienwalde über Geſchichte und Entſtehung des „neuen Schloſſes“ curſirt. Die erſte Zeile derſelben iſt in ſoweit nicht ganz correkt, als ich nachzuweiſen im Stande bin, daß das neue Schloß bis 1795 nicht exiſtirte, alſo nicht Anfangs der neunziger Jahre, ſondern höchſt wahrſcheinlich erſt am Schluß der- ſelben entſtanden iſt. Es liegt mir ein Buch aus dem Jahre 1795, „Dr. Heidekkers Beſchreibung der Stadt Freienwalde“ vor, deſſen Titelkupfer eine Abbildung aller der Baulichkeiten giebt, die damals auf dem mehrgenannten Berge ſtanden. Es ſind dies: der Pavillon der Königin, der Königin Wohnhaus und der Königin Garten- haus, — aber vom „Schloß“ keine Spur, auch nicht einmal die Anfänge deſſelben.
So weit die Vignette des Buches, die indeſſen möglicherweiſe täuſchen könnte; aber der Inhalt des Buches beſtätigt, was die Vignette zeigt, nämlich die Thatſache, daß bis 1795 kein „Schloß“ an den Abhängen des „Apothekerbergs“ zu finden war. Dr. Hei- dekker ſchreibt in dem genannten Jahre: „Die Gemahlin Friedrich Wilhelms II. fand die Lage dieſes Berges ſo reizend, daß ſie von 1790 — 95 alljährlich über 6 Wochen während der Badezeit in Freienwalde zubrachte und die Wohnung des Oberförſters Wiprecht, die zu dieſem Zweck erweitert und eingerichtet worden war, be- wohnte. Sie ließ zugleich neben der Oberförſter-Wohnung eine geſchmackvolle Sommerwohnung bauen, die aus einem Saale, 4 Kabinets und einer Küche beſtand, — der jetzige Pavillon.“ Dieſer Pavillon exiſtirt noch, ganz in der Geſtalt, wie ihn die Vignette zeigt; er wurde ſpäter zu Gartenfeſten und kleinen Thea- terſpielen benutzt, iſt aber durchaus nicht das „Schloß.“
Dies „Schloß“ ſelbſt wurde höchſt wahrſcheinlich im Sommer
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ſo lange hier Hof gehalten wurde (bis 1805), in dem Hauſe, das
jetzt die Kaſtellans-Wohnung bildet. Friedrich Wilhelm IV. hatte
vor, die Anlagen des Schloßgartens zu erweitern; die nöthigen
Ländereien waren auch bereits angekauft, als ſein Hinſcheiden dem
Plan ein Ende machte.“
Dieſe Notizen enthalten ſo ziemlich eine Quinteſſenz alles
Deſſen, was in Freienwalde über Geſchichte und Entſtehung des
„neuen Schloſſes“ curſirt. Die erſte Zeile derſelben iſt in ſoweit
nicht ganz correkt, als ich nachzuweiſen im Stande bin, daß das
neue Schloß bis 1795 nicht exiſtirte, alſo nicht Anfangs der
neunziger Jahre, ſondern höchſt wahrſcheinlich erſt am Schluß der-
ſelben entſtanden iſt. Es liegt mir ein Buch aus dem Jahre 1795,
„Dr. Heidekkers Beſchreibung der Stadt Freienwalde“ vor, deſſen
Titelkupfer eine Abbildung aller der Baulichkeiten giebt, die damals
auf dem mehrgenannten Berge ſtanden. Es ſind dies: der Pavillon
der Königin, der Königin Wohnhaus und der Königin Garten-
haus, — aber vom „Schloß“ keine Spur, auch nicht einmal die
Anfänge deſſelben.
So weit die Vignette des Buches, die indeſſen möglicherweiſe
täuſchen könnte; aber der Inhalt des Buches beſtätigt, was die
Vignette zeigt, nämlich die Thatſache, daß bis 1795 kein „Schloß“
an den Abhängen des „Apothekerbergs“ zu finden war. Dr. Hei-
dekker ſchreibt in dem genannten Jahre: „Die Gemahlin Friedrich
Wilhelms II. fand die Lage dieſes Berges ſo reizend, daß ſie von
1790 — 95 alljährlich über 6 Wochen während der Badezeit in
Freienwalde zubrachte und die Wohnung des Oberförſters Wiprecht,
die zu dieſem Zweck erweitert und eingerichtet worden war, be-
wohnte. Sie ließ zugleich neben der Oberförſter-Wohnung eine
geſchmackvolle Sommerwohnung bauen, die aus einem Saale, 4
Kabinets und einer Küche beſtand, — der jetzige Pavillon.“
Dieſer Pavillon exiſtirt noch, ganz in der Geſtalt, wie ihn die
Vignette zeigt; er wurde ſpäter zu Gartenfeſten und kleinen Thea-
terſpielen benutzt, iſt aber durchaus nicht das „Schloß.“
Dies „Schloß“ ſelbſt wurde höchſt wahrſcheinlich im Sommer
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/286>, abgerufen am 25.11.2024.
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