Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.Anlagen ersetzen können. Er rechtfertigte sich mit Shakespeare's "Doch wird Natur durch keine Art gebessert, Schafft nicht Natur die Art; so, ob der Kunst, Die, wie du sagst, Natur bestreitet, giebt es Noch eine Kunst, von der Natur erschaffen. Du siehst, mein holdes Kind, wie wir vermählen Den edlern Sproß dem allerwildsten Stamm; Befruchten so die Rinde schlechtrer Art Durch Knospen edler Frucht: dies ist 'ne Kunst, Die die Natur verbessert, mind'stens ändert: Doch diese Kunst ist selbst Natur." Thaer erfuhr Angriffe, aber sie waren vereinzelt und speziell Aber der Weg zu diesen Erfolgen war ein weiter und mühe- Die Herstellung einer landwirthschaftlichen Lehranstalt war, Anlagen erſetzen können. Er rechtfertigte ſich mit Shakeſpeare’s „Doch wird Natur durch keine Art gebeſſert, Schafft nicht Natur die Art; ſo, ob der Kunſt, Die, wie du ſagſt, Natur beſtreitet, giebt es Noch eine Kunſt, von der Natur erſchaffen. Du ſiehſt, mein holdes Kind, wie wir vermählen Den edlern Sproß dem allerwildſten Stamm; Befruchten ſo die Rinde ſchlechtrer Art Durch Knospen edler Frucht: dies iſt ’ne Kunſt, Die die Natur verbeſſert, mind’ſtens ändert: Doch dieſe Kunſt iſt ſelbſt Natur.“ Thaer erfuhr Angriffe, aber ſie waren vereinzelt und ſpeziell Aber der Weg zu dieſen Erfolgen war ein weiter und mühe- Die Herſtellung einer landwirthſchaftlichen Lehranſtalt war, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0254" n="242"/> Anlagen erſetzen können. Er rechtfertigte ſich mit Shakeſpeare’s<lb/> tiefgeſchöpfter Lehre (Wintermährchen <hi rendition="#aq">IV,</hi> 3.):</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Doch wird Natur durch keine Art gebeſſert,</l><lb/> <l>Schafft nicht <hi rendition="#g">Natur</hi> die Art; ſo, ob der Kunſt,</l><lb/> <l>Die, wie du ſagſt, Natur <hi rendition="#g">beſtreitet</hi>, giebt es</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Noch</hi> eine Kunſt, von der <hi rendition="#g">Natur erſchaffen</hi>.</l><lb/> <l>Du ſiehſt, mein holdes Kind, wie wir vermählen</l><lb/> <l>Den edlern Sproß dem allerwildſten Stamm;</l><lb/> <l>Befruchten ſo die Rinde ſchlechtrer Art</l><lb/> <l>Durch Knospen edler Frucht: dies iſt ’ne Kunſt,</l><lb/> <l>Die die Natur <hi rendition="#g">verbeſſert</hi>, mind’ſtens <hi rendition="#g">ändert</hi>:</l><lb/> <l>Doch <hi rendition="#g">dieſe Kunſt iſt ſelbſt Natur</hi>.“</l> </lg><lb/> <p>Thaer erfuhr Angriffe, aber ſie waren vereinzelt und ſpeziell<lb/> auf dem Gebiete der Schafzucht ward er mehr und mehr eine<lb/> europäiſche Autorität. Bei Errichtung (1816) der beiden auf Rech-<lb/> nung des Staats gegründeten Stammſchäfereien zu <hi rendition="#g">Franken-<lb/> felde</hi> in der Mark und zu <hi rendition="#g">Panten</hi> in Schleſien, wurde Thaer<lb/> zum General-Intendanten derſelben ernannt und 1823, als auf<lb/> ſeine Veranlaſſung in Leipzig der erſte „Wollzüchter-Convent“ zu-<lb/> ſammentrat, huldigte man ihm nicht nur als dem Präſidenten,<lb/> ſondern ſpeziell auch als dem <hi rendition="#g">Meiſter</hi> der Verſammlung.</p><lb/> <p>Aber der Weg zu dieſen Erfolgen war ein weiter und mühe-<lb/> voller. Unter den denkbar ungünſtigſten Verhältniſſen waren ihm<lb/> die erſten Jahre ſeiner Moegliner Wirthſchaftsführung vergangen.<lb/> Zu den Sorgen und Fehlſchlägen, die, namentlich nach dem un-<lb/> glücklichen Kriege von 1806, <hi rendition="#g">alle</hi> damaligen Grundbeſitzer trafen,<lb/> geſellten ſich für ihn noch ganz beſondere Schwierigkeiten: ſein<lb/> relatives Fremdſein in der neuen Heimath und — das „Inſtitut.“</p><lb/> <p>Die Herſtellung einer landwirthſchaftlichen Lehranſtalt war,<lb/> wie oben bereits erwähnt, bei Thaers Ueberſiedelung nach Moeg-<lb/> lin allerdings in Erwägung gezogen, aber von Seiten der preu-<lb/> ßiſchen Regierung mehr als ein <hi rendition="#g">Anſpruch</hi>, den Thaer erheben<lb/> könne, wie als eine <hi rendition="#g">Pflicht</hi>, die er zu erfüllen habe, angeſehen<lb/> worden. Thaer ging indeß ſofort an die Errichtung eines „Inſti-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [242/0254]
Anlagen erſetzen können. Er rechtfertigte ſich mit Shakeſpeare’s
tiefgeſchöpfter Lehre (Wintermährchen IV, 3.):
„Doch wird Natur durch keine Art gebeſſert,
Schafft nicht Natur die Art; ſo, ob der Kunſt,
Die, wie du ſagſt, Natur beſtreitet, giebt es
Noch eine Kunſt, von der Natur erſchaffen.
Du ſiehſt, mein holdes Kind, wie wir vermählen
Den edlern Sproß dem allerwildſten Stamm;
Befruchten ſo die Rinde ſchlechtrer Art
Durch Knospen edler Frucht: dies iſt ’ne Kunſt,
Die die Natur verbeſſert, mind’ſtens ändert:
Doch dieſe Kunſt iſt ſelbſt Natur.“
Thaer erfuhr Angriffe, aber ſie waren vereinzelt und ſpeziell
auf dem Gebiete der Schafzucht ward er mehr und mehr eine
europäiſche Autorität. Bei Errichtung (1816) der beiden auf Rech-
nung des Staats gegründeten Stammſchäfereien zu Franken-
felde in der Mark und zu Panten in Schleſien, wurde Thaer
zum General-Intendanten derſelben ernannt und 1823, als auf
ſeine Veranlaſſung in Leipzig der erſte „Wollzüchter-Convent“ zu-
ſammentrat, huldigte man ihm nicht nur als dem Präſidenten,
ſondern ſpeziell auch als dem Meiſter der Verſammlung.
Aber der Weg zu dieſen Erfolgen war ein weiter und mühe-
voller. Unter den denkbar ungünſtigſten Verhältniſſen waren ihm
die erſten Jahre ſeiner Moegliner Wirthſchaftsführung vergangen.
Zu den Sorgen und Fehlſchlägen, die, namentlich nach dem un-
glücklichen Kriege von 1806, alle damaligen Grundbeſitzer trafen,
geſellten ſich für ihn noch ganz beſondere Schwierigkeiten: ſein
relatives Fremdſein in der neuen Heimath und — das „Inſtitut.“
Die Herſtellung einer landwirthſchaftlichen Lehranſtalt war,
wie oben bereits erwähnt, bei Thaers Ueberſiedelung nach Moeg-
lin allerdings in Erwägung gezogen, aber von Seiten der preu-
ßiſchen Regierung mehr als ein Anſpruch, den Thaer erheben
könne, wie als eine Pflicht, die er zu erfüllen habe, angeſehen
worden. Thaer ging indeß ſofort an die Errichtung eines „Inſti-
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