stellung, daß eine andere, segensreichere Kunst da sein müsse, herr- licher, nützlicher, heilender, als die Heilkunst. Nach dieser Kunst begann sein Herz zu suchen. Er fand sie; aber erst allmälig, von Stufe zu Stufe.
Als diese schönste, segensreichste Heilkunst erschien ihm der Ackerbau; ihrem Dienst beschloß er sich zu widmen. Von kleinen Anfängen ging er aus.
Er hatte sich in Celle ein geräumiges Haus mit einem sehr großen Hofraum gekauft, welchen er zu einem kleinen Garten benutzte. Er wandte sich alsbald mit Vorliebe der Blumenzucht zu und bezeigte ein besonderes Geschick und eine glückliche Hand im Varüren von Nelken und Aurikeln. Es sprach sich hierin schon dieselbe Neigung für das "Princip der Kreuzung" aus, das er später, innerhalb der Thierwelt, so glänzend durchführte.
Der kleine Raum hinterm Hause genügte dem "Hofmedicus" bald nicht mehr; er kaufte einen größeren vor dem Thore gelege- nen Garten, mit einem daranstoßenden Kamp von meist dürrem Flugsandboden, aber mit schönen Gruppen alter Eichen und Buchen besetzt. Garten und Kamp umfaßten 16 Morgen und der Bebauung und Verschönerung dieses Fleckchens Erde waren von nun an alle seine Mußestunden gewidmet. Akazien, Lärchenbäume, Pappeln wur- den gepflanzt; Weißdorn- und Büchenhecken zogen sich als le- bendiger Zaun um die Anlage, Rasenflächen wurden geschaffen, und Obstbaum-Plantagen angelegt. Dazwischen Fruchtsträucher aller Art. Gartenbau trat an die Stelle der Pflege von Nelken und Aurikeln, -- aus dem Blumisten war ein Gärtner geworden.
So ging es eine Weile. Aber wie ihm das Blumenbeet zu kleinlich geworden war, so wurde ihm jetzt der Garten (trotz seiner relativen Größe) zu eng. Er kaufte deshalb in kurzer Zeit noch so viele Ländereien hinzu, daß alles zusammen eine zwar kleine, aber ziemlich anständige Wirthschaft ausmachen konnte. Diese Wirth- schaft lag nur eine Viertelstunde vor dem Thore, zog sich am Aller-Fluß entlang und umfaßte ohngefähr 110 Morgen unterm Pfluge und 18 Morgen natürliche Wiesen. Da er kein Wirth-
ſtellung, daß eine andere, ſegensreichere Kunſt da ſein müſſe, herr- licher, nützlicher, heilender, als die Heilkunſt. Nach dieſer Kunſt begann ſein Herz zu ſuchen. Er fand ſie; aber erſt allmälig, von Stufe zu Stufe.
Als dieſe ſchönſte, ſegensreichſte Heilkunſt erſchien ihm der Ackerbau; ihrem Dienſt beſchloß er ſich zu widmen. Von kleinen Anfängen ging er aus.
Er hatte ſich in Celle ein geräumiges Haus mit einem ſehr großen Hofraum gekauft, welchen er zu einem kleinen Garten benutzte. Er wandte ſich alsbald mit Vorliebe der Blumenzucht zu und bezeigte ein beſonderes Geſchick und eine glückliche Hand im Varüren von Nelken und Aurikeln. Es ſprach ſich hierin ſchon dieſelbe Neigung für das „Princip der Kreuzung“ aus, das er ſpäter, innerhalb der Thierwelt, ſo glänzend durchführte.
Der kleine Raum hinterm Hauſe genügte dem „Hofmedicus“ bald nicht mehr; er kaufte einen größeren vor dem Thore gelege- nen Garten, mit einem daranſtoßenden Kamp von meiſt dürrem Flugſandboden, aber mit ſchönen Gruppen alter Eichen und Buchen beſetzt. Garten und Kamp umfaßten 16 Morgen und der Bebauung und Verſchönerung dieſes Fleckchens Erde waren von nun an alle ſeine Mußeſtunden gewidmet. Akazien, Lärchenbäume, Pappeln wur- den gepflanzt; Weißdorn- und Büchenhecken zogen ſich als le- bendiger Zaun um die Anlage, Raſenflächen wurden geſchaffen, und Obſtbaum-Plantagen angelegt. Dazwiſchen Fruchtſträucher aller Art. Gartenbau trat an die Stelle der Pflege von Nelken und Aurikeln, — aus dem Blumiſten war ein Gärtner geworden.
So ging es eine Weile. Aber wie ihm das Blumenbeet zu kleinlich geworden war, ſo wurde ihm jetzt der Garten (trotz ſeiner relativen Größe) zu eng. Er kaufte deshalb in kurzer Zeit noch ſo viele Ländereien hinzu, daß alles zuſammen eine zwar kleine, aber ziemlich anſtändige Wirthſchaft ausmachen konnte. Dieſe Wirth- ſchaft lag nur eine Viertelſtunde vor dem Thore, zog ſich am Aller-Fluß entlang und umfaßte ohngefähr 110 Morgen unterm Pfluge und 18 Morgen natürliche Wieſen. Da er kein Wirth-
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ſtellung, daß eine andere, ſegensreichere Kunſt da ſein müſſe, herr-
licher, nützlicher, heilender, als die Heilkunſt. Nach dieſer Kunſt
begann ſein Herz zu ſuchen. Er fand ſie; aber erſt allmälig, von
Stufe zu Stufe.
Als dieſe ſchönſte, ſegensreichſte Heilkunſt erſchien ihm der
Ackerbau; ihrem Dienſt beſchloß er ſich zu widmen. Von kleinen
Anfängen ging er aus.
Er hatte ſich in Celle ein geräumiges Haus mit einem ſehr
großen Hofraum gekauft, welchen er zu einem kleinen Garten
benutzte. Er wandte ſich alsbald mit Vorliebe der Blumenzucht
zu und bezeigte ein beſonderes Geſchick und eine glückliche Hand
im Varüren von Nelken und Aurikeln. Es ſprach ſich hierin ſchon
dieſelbe Neigung für das „Princip der Kreuzung“ aus, das er
ſpäter, innerhalb der Thierwelt, ſo glänzend durchführte.
Der kleine Raum hinterm Hauſe genügte dem „Hofmedicus“
bald nicht mehr; er kaufte einen größeren vor dem Thore gelege-
nen Garten, mit einem daranſtoßenden Kamp von meiſt dürrem
Flugſandboden, aber mit ſchönen Gruppen alter Eichen und Buchen
beſetzt. Garten und Kamp umfaßten 16 Morgen und der Bebauung
und Verſchönerung dieſes Fleckchens Erde waren von nun an alle
ſeine Mußeſtunden gewidmet. Akazien, Lärchenbäume, Pappeln wur-
den gepflanzt; Weißdorn- und Büchenhecken zogen ſich als le-
bendiger Zaun um die Anlage, Raſenflächen wurden geſchaffen,
und Obſtbaum-Plantagen angelegt. Dazwiſchen Fruchtſträucher
aller Art. Gartenbau trat an die Stelle der Pflege von Nelken
und Aurikeln, — aus dem Blumiſten war ein Gärtner geworden.
So ging es eine Weile. Aber wie ihm das Blumenbeet zu
kleinlich geworden war, ſo wurde ihm jetzt der Garten (trotz ſeiner
relativen Größe) zu eng. Er kaufte deshalb in kurzer Zeit noch
ſo viele Ländereien hinzu, daß alles zuſammen eine zwar kleine,
aber ziemlich anſtändige Wirthſchaft ausmachen konnte. Dieſe Wirth-
ſchaft lag nur eine Viertelſtunde vor dem Thore, zog ſich am
Aller-Fluß entlang und umfaßte ohngefähr 110 Morgen unterm
Pfluge und 18 Morgen natürliche Wieſen. Da er kein Wirth-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/242>, abgerufen am 24.11.2024.
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