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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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Die beiden See'n schauen zu dem Berge hinauf, der seiner-
seits terrassenförmig ansteigt. Am Fuß der Treppe breitet sich der
große Tornow aus, aber auf der mittleren Treppenstufe liegt der
kleine Tornow, dunkel, still, in verschwiegener Tiefe.

Von der Kuppe des Hügels herab überblickt man nur den
kleineren See; Baumparthieen fassen ihn ein und beschränken die
Fernsicht. Das Terrassenförmige des Berges kommt wenig zur
Erscheinung. Möglich daß das Landschaftsbild an Reiz gewönne,
wenn der Blick an dieser Stelle zu erweitern wäre, wenn das
Auge des Beschauers, gleichsam die Stufen der Treppen hernie-
dersteigend, erst bei dem kleineren Tornow-See, dann endlich tief
unten bei der größeren Wasserfläche verweilen könnte. Möglich daß
mehr Weite dem Blick auch einen weiteren Zauber liehe; aber
auch wie es ist, ist es schön.

Der kleine Tornow hat den Charakter der sogenannten
"Teufels-Seen", denen man in der Mark an den Abhängen der
Hügel so oft begegnet. Ihr Name bezeichnet ihren Charakter. Das
Wasser ist schwarz (von Moorgrund in der Tiefe), dunkle Baum-
gruppen schließen es ein, breite Teichrosenblätter bilden einen Ufer-
kranz und die Oberfläche bleibt spiegelglatt, auch wenn der Wind
durch den Wald zieht. Es ist als hätten diese dunklen Wasser
einen besonderen Zug in die Tiefe und als stünden sie fester,
unbeweglicher da, als das Wasser anderer Seen. *)

So ist auch der kleine Tornow in Erscheinung eine Art
Hertha-See; einer jener Plätze, an denen Sage und Märchen am

*) Der schönste See derart im nördlichen Deutschland war vielleicht
der Jordan-See auf der Insel Wollin. Still, dunkel, einsam, von
Kiefern eingeschlossen, lag er da. Braune, halbverfaulte Baumstämme
überragten hier und da seine Fläche, so daß es war, als richteten sich Kro-
kodile auf und sögen mit zurückgebogenem Kopf die Nachtluft ein. Die
Blätter und Stiele der Nymphäen machten den See unpassirbar. Guter
Wille und wenig Geschmack haben dies kostbare Stück Natur zerstört.
Die Baumstümpfe sind fort und die Nymphäen auch; statt ihrer ist ein
Kahn da, der nun über die glatte, prosaisch gewordene Fläche hingleitet,
als wär' es ein See wie jeder andre.

Die beiden See’n ſchauen zu dem Berge hinauf, der ſeiner-
ſeits terraſſenförmig anſteigt. Am Fuß der Treppe breitet ſich der
große Tornow aus, aber auf der mittleren Treppenſtufe liegt der
kleine Tornow, dunkel, ſtill, in verſchwiegener Tiefe.

Von der Kuppe des Hügels herab überblickt man nur den
kleineren See; Baumparthieen faſſen ihn ein und beſchränken die
Fernſicht. Das Terraſſenförmige des Berges kommt wenig zur
Erſcheinung. Möglich daß das Landſchaftsbild an Reiz gewönne,
wenn der Blick an dieſer Stelle zu erweitern wäre, wenn das
Auge des Beſchauers, gleichſam die Stufen der Treppen hernie-
derſteigend, erſt bei dem kleineren Tornow-See, dann endlich tief
unten bei der größeren Waſſerfläche verweilen könnte. Möglich daß
mehr Weite dem Blick auch einen weiteren Zauber liehe; aber
auch wie es iſt, iſt es ſchön.

Der kleine Tornow hat den Charakter der ſogenannten
„Teufels-Seen“, denen man in der Mark an den Abhängen der
Hügel ſo oft begegnet. Ihr Name bezeichnet ihren Charakter. Das
Waſſer iſt ſchwarz (von Moorgrund in der Tiefe), dunkle Baum-
gruppen ſchließen es ein, breite Teichroſenblätter bilden einen Ufer-
kranz und die Oberfläche bleibt ſpiegelglatt, auch wenn der Wind
durch den Wald zieht. Es iſt als hätten dieſe dunklen Waſſer
einen beſonderen Zug in die Tiefe und als ſtünden ſie feſter,
unbeweglicher da, als das Waſſer anderer Seen. *)

So iſt auch der kleine Tornow in Erſcheinung eine Art
Hertha-See; einer jener Plätze, an denen Sage und Märchen am

*) Der ſchönſte See derart im nördlichen Deutſchland war vielleicht
der Jordan-See auf der Inſel Wollin. Still, dunkel, einſam, von
Kiefern eingeſchloſſen, lag er da. Braune, halbverfaulte Baumſtämme
überragten hier und da ſeine Fläche, ſo daß es war, als richteten ſich Kro-
kodile auf und ſögen mit zurückgebogenem Kopf die Nachtluft ein. Die
Blätter und Stiele der Nymphäen machten den See unpaſſirbar. Guter
Wille und wenig Geſchmack haben dies koſtbare Stück Natur zerſtört.
Die Baumſtümpfe ſind fort und die Nymphäen auch; ſtatt ihrer iſt ein
Kahn da, der nun über die glatte, proſaiſch gewordene Fläche hingleitet,
als wär’ es ein See wie jeder andre.
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[187/0199] Die beiden See’n ſchauen zu dem Berge hinauf, der ſeiner- ſeits terraſſenförmig anſteigt. Am Fuß der Treppe breitet ſich der große Tornow aus, aber auf der mittleren Treppenſtufe liegt der kleine Tornow, dunkel, ſtill, in verſchwiegener Tiefe. Von der Kuppe des Hügels herab überblickt man nur den kleineren See; Baumparthieen faſſen ihn ein und beſchränken die Fernſicht. Das Terraſſenförmige des Berges kommt wenig zur Erſcheinung. Möglich daß das Landſchaftsbild an Reiz gewönne, wenn der Blick an dieſer Stelle zu erweitern wäre, wenn das Auge des Beſchauers, gleichſam die Stufen der Treppen hernie- derſteigend, erſt bei dem kleineren Tornow-See, dann endlich tief unten bei der größeren Waſſerfläche verweilen könnte. Möglich daß mehr Weite dem Blick auch einen weiteren Zauber liehe; aber auch wie es iſt, iſt es ſchön. Der kleine Tornow hat den Charakter der ſogenannten „Teufels-Seen“, denen man in der Mark an den Abhängen der Hügel ſo oft begegnet. Ihr Name bezeichnet ihren Charakter. Das Waſſer iſt ſchwarz (von Moorgrund in der Tiefe), dunkle Baum- gruppen ſchließen es ein, breite Teichroſenblätter bilden einen Ufer- kranz und die Oberfläche bleibt ſpiegelglatt, auch wenn der Wind durch den Wald zieht. Es iſt als hätten dieſe dunklen Waſſer einen beſonderen Zug in die Tiefe und als ſtünden ſie feſter, unbeweglicher da, als das Waſſer anderer Seen. *) So iſt auch der kleine Tornow in Erſcheinung eine Art Hertha-See; einer jener Plätze, an denen Sage und Märchen am *) Der ſchönſte See derart im nördlichen Deutſchland war vielleicht der Jordan-See auf der Inſel Wollin. Still, dunkel, einſam, von Kiefern eingeſchloſſen, lag er da. Braune, halbverfaulte Baumſtämme überragten hier und da ſeine Fläche, ſo daß es war, als richteten ſich Kro- kodile auf und ſögen mit zurückgebogenem Kopf die Nachtluft ein. Die Blätter und Stiele der Nymphäen machten den See unpaſſirbar. Guter Wille und wenig Geſchmack haben dies koſtbare Stück Natur zerſtört. Die Baumſtümpfe ſind fort und die Nymphäen auch; ſtatt ihrer iſt ein Kahn da, der nun über die glatte, proſaiſch gewordene Fläche hingleitet, als wär’ es ein See wie jeder andre.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/199>, abgerufen am 23.11.2024.