Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.zu Felde, schlugen die gräflichen Mannen in die Flucht, nahmen Die Bürger von Buckow saßen bei'm Bier, Das gab ein lärmen und streiten, Sie sprachen vom Grafen und ihrem Prozeß, Von Instanzen, ersten und zweiten. Sie wußten es alle klipp und klar, Daß der Graf die Richter bethörte Und daß der Forst (trotz aller Instanz) Von je zur Stadt gehörte. Drum (hieß es) hätten sie appellirt Und sie wußten aus guten Gründen, Daß über ein Kleines, in Woch oder Tag, Die Sachen ganz anders stünden. So klang es. Nur einer saß am Tisch, Der spielte mit Gabel und Teller, Der rief jetzt: "Heh! zwei Seidel frisch, Zwei bairisch aus dem Keller." Er leerte das aufgehobene Glas Mit einem einzigen Zuge (Seine blinzelnden Augen tranken zugleich Aus dem stehen-gebliebenen Kruge); Er strich den Schaum sich aus dem Bart Und wetterte über die Tische: "He, Bürger von Buckow, was immer ihr prahlt, 's sind alles faule Fische. zu Felde, ſchlugen die gräflichen Mannen in die Flucht, nahmen Die Bürger von Buckow ſaßen bei’m Bier, Das gab ein lärmen und ſtreiten, Sie ſprachen vom Grafen und ihrem Prozeß, Von Inſtanzen, erſten und zweiten. Sie wußten es alle klipp und klar, Daß der Graf die Richter bethörte Und daß der Forſt (trotz aller Inſtanz) Von je zur Stadt gehörte. Drum (hieß es) hätten ſie appellirt Und ſie wußten aus guten Gründen, Daß über ein Kleines, in Woch oder Tag, Die Sachen ganz anders ſtünden. So klang es. Nur einer ſaß am Tiſch, Der ſpielte mit Gabel und Teller, Der rief jetzt: „Heh! zwei Seidel friſch, Zwei bairiſch aus dem Keller.“ Er leerte das aufgehobene Glas Mit einem einzigen Zuge (Seine blinzelnden Augen tranken zugleich Aus dem ſtehen-gebliebenen Kruge); Er ſtrich den Schaum ſich aus dem Bart Und wetterte über die Tiſche: „He, Bürger von Buckow, was immer ihr prahlt, ’s ſind alles faule Fiſche. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0188" n="176"/> zu Felde, ſchlugen die gräflichen Mannen in die Flucht, nahmen<lb/> Poſſeß vom ſtreitigen Terrain und pflanzten ihr Banner auf dem<lb/> eroberten Grund und Boden auf. Kurzum eine <hi rendition="#g">mittelalterliche<lb/> Fehde</hi> in beſter Form. Streitobjekt war ein Forſt, den der Graf<lb/> als <hi rendition="#g">ſeine</hi>, die Stadt als <hi rendition="#g">ihre</hi> beanſpruchte. Die Gerichte hatten<lb/> zu Gunſten des Grafen entſchieden, aber die Stadt ſchüttelte den<lb/> Kopf und ſo geſchah wie eben gemeldet. Ein Bänkelſänger, der<lb/> juſt des Weges kam, hörte von dem kaum geſchlichteten Streit<lb/> und das Balladenhafte des Vorganges raſch erkennend, brachte er<lb/> alles in „neue Reime aus dieſem Jahr.“ Ich habe das Blatt<lb/> zufällig in die Hand bekommen und gebe etliche Strophen daraus.</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Die Bürger von Buckow ſaßen bei’m Bier,</l><lb/> <l>Das gab ein lärmen und ſtreiten,</l><lb/> <l>Sie ſprachen vom Grafen und ihrem Prozeß,</l><lb/> <l>Von Inſtanzen, erſten und zweiten.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Sie wußten es alle klipp und klar,</l><lb/> <l>Daß der Graf die Richter bethörte</l><lb/> <l>Und daß der Forſt (trotz aller Inſtanz)</l><lb/> <l>Von je zur Stadt gehörte.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Drum (hieß es) hätten ſie appellirt</l><lb/> <l>Und ſie wußten aus guten Gründen,</l><lb/> <l>Daß über ein Kleines, in Woch oder Tag,</l><lb/> <l>Die Sachen ganz anders ſtünden.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>So klang es. Nur einer ſaß am Tiſch,</l><lb/> <l>Der ſpielte mit Gabel und Teller,</l><lb/> <l>Der rief jetzt: „Heh! zwei Seidel friſch,</l><lb/> <l>Zwei bairiſch aus dem Keller.“</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Er leerte das aufgehobene Glas</l><lb/> <l>Mit einem einzigen Zuge</l><lb/> <l>(Seine blinzelnden Augen tranken zugleich</l><lb/> <l>Aus dem ſtehen-gebliebenen Kruge);</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Er ſtrich den Schaum ſich aus dem Bart</l><lb/> <l>Und wetterte über die Tiſche:</l><lb/> <l>„He, Bürger von Buckow, was immer ihr prahlt,</l><lb/> <l>’s ſind alles faule Fiſche.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [176/0188]
zu Felde, ſchlugen die gräflichen Mannen in die Flucht, nahmen
Poſſeß vom ſtreitigen Terrain und pflanzten ihr Banner auf dem
eroberten Grund und Boden auf. Kurzum eine mittelalterliche
Fehde in beſter Form. Streitobjekt war ein Forſt, den der Graf
als ſeine, die Stadt als ihre beanſpruchte. Die Gerichte hatten
zu Gunſten des Grafen entſchieden, aber die Stadt ſchüttelte den
Kopf und ſo geſchah wie eben gemeldet. Ein Bänkelſänger, der
juſt des Weges kam, hörte von dem kaum geſchlichteten Streit
und das Balladenhafte des Vorganges raſch erkennend, brachte er
alles in „neue Reime aus dieſem Jahr.“ Ich habe das Blatt
zufällig in die Hand bekommen und gebe etliche Strophen daraus.
Die Bürger von Buckow ſaßen bei’m Bier,
Das gab ein lärmen und ſtreiten,
Sie ſprachen vom Grafen und ihrem Prozeß,
Von Inſtanzen, erſten und zweiten.
Sie wußten es alle klipp und klar,
Daß der Graf die Richter bethörte
Und daß der Forſt (trotz aller Inſtanz)
Von je zur Stadt gehörte.
Drum (hieß es) hätten ſie appellirt
Und ſie wußten aus guten Gründen,
Daß über ein Kleines, in Woch oder Tag,
Die Sachen ganz anders ſtünden.
So klang es. Nur einer ſaß am Tiſch,
Der ſpielte mit Gabel und Teller,
Der rief jetzt: „Heh! zwei Seidel friſch,
Zwei bairiſch aus dem Keller.“
Er leerte das aufgehobene Glas
Mit einem einzigen Zuge
(Seine blinzelnden Augen tranken zugleich
Aus dem ſtehen-gebliebenen Kruge);
Er ſtrich den Schaum ſich aus dem Bart
Und wetterte über die Tiſche:
„He, Bürger von Buckow, was immer ihr prahlt,
’s ſind alles faule Fiſche.
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