Die Teupitzer Kirche, der alte Schloßthurm hinter Pappeln, die rothen Dächer der Stadt, das Schilf, die Hügel -- alles spie- gelte sich in dem klaren Wasser, aber, so schön es war, mir war doch, als hätt' ich dies Alles schon einmal gesehen, nur schöner, märchenhafter, und diese Märchenbilder sucht' ich nun. Lächelnd gestand ich mir endlich, daß ich sie nicht finden würde. Noch ein- mal umfuhr der Kahn die Halbinsel, auf der die Ueberreste des alten Teupitz-Schlosses gelegen sind, dann trieben wir durch den Schilfgürtel hindurch, den Kahn an's Land.
Die Stelle, wo wir landeten, lag in dem Winkel, den Ufer und Landzunge bilden, und das alte Teupitz-Schloß (soviel davon noch da ist) oder mit seinem vollen Namen "das alte Schloß der Schenken von Landsberg und Teupitz" stieg fast unmittelbar vor uns auf. Ich schritt ihm zu.
Das alte Teupitz-Schloß, das in frühe Jahrhunderte zurück- reicht, galt ehedem für sehr fest. Es lag an der Grenze zwischen Mark und Lausitz und scheint abwechselnd eine märkische oder sächsische Grenzfestung gewesen zu sein, je nachdem Verträge oder das Glück der Waffen, zu Gunsten des einen oder andern Theils über den Besitz der Burg entschieden hatten. Im 13. sowie in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts waren die Plötzke's Her- ren von Teupitz; 1350 etwa kam die Herrschaft Tupitz oder Tuptz, wie sie damals genannt wurde, in Besitz der Schenken von Landsberg und nahm seitdem (abwechselnd mit dem Namen "Herrschaft Teupitz") den Namen das "Schenkenländchen" an. Dies Ländchen umfaßte 4 # Meilen; in seiner Mitte lag Teupitz (die Stadt) mit See und Burg. Die Lehnsverhältnisse des "Schenkenländchens" blieben noch geraume Zeit hindurch ver- wickelter und schwankender Natur, bis endlich der Einfall der Hus- siten in die Mark den Ausschlag gab und die Schenken von Landsberg und Teupitz veranlaßte, sich in den Schutz des Bran- denburgischen Kurfürsten (Friedrich I.) zu begeben. Zwar geschah dies zunächst noch mit der Bemerkung: "unbeschadet unserer Un- terthänigkeitsverpflichtung gegen den Kaiser und den Herzog von
Die Teupitzer Kirche, der alte Schloßthurm hinter Pappeln, die rothen Dächer der Stadt, das Schilf, die Hügel — alles ſpie- gelte ſich in dem klaren Waſſer, aber, ſo ſchön es war, mir war doch, als hätt’ ich dies Alles ſchon einmal geſehen, nur ſchöner, märchenhafter, und dieſe Märchenbilder ſucht’ ich nun. Lächelnd geſtand ich mir endlich, daß ich ſie nicht finden würde. Noch ein- mal umfuhr der Kahn die Halbinſel, auf der die Ueberreſte des alten Teupitz-Schloſſes gelegen ſind, dann trieben wir durch den Schilfgürtel hindurch, den Kahn an’s Land.
Die Stelle, wo wir landeten, lag in dem Winkel, den Ufer und Landzunge bilden, und das alte Teupitz-Schloß (ſoviel davon noch da iſt) oder mit ſeinem vollen Namen „das alte Schloß der Schenken von Landsberg und Teupitz“ ſtieg faſt unmittelbar vor uns auf. Ich ſchritt ihm zu.
Das alte Teupitz-Schloß, das in frühe Jahrhunderte zurück- reicht, galt ehedem für ſehr feſt. Es lag an der Grenze zwiſchen Mark und Lauſitz und ſcheint abwechſelnd eine märkiſche oder ſächſiſche Grenzfeſtung geweſen zu ſein, je nachdem Verträge oder das Glück der Waffen, zu Gunſten des einen oder andern Theils über den Beſitz der Burg entſchieden hatten. Im 13. ſowie in der erſten Hälfte des 14. Jahrhunderts waren die Plötzke’s Her- ren von Teupitz; 1350 etwa kam die Herrſchaft Tupitz oder Tuptz, wie ſie damals genannt wurde, in Beſitz der Schenken von Landsberg und nahm ſeitdem (abwechſelnd mit dem Namen „Herrſchaft Teupitz“) den Namen das „Schenkenländchen“ an. Dies Ländchen umfaßte 4 □ Meilen; in ſeiner Mitte lag Teupitz (die Stadt) mit See und Burg. Die Lehnsverhältniſſe des „Schenkenländchens“ blieben noch geraume Zeit hindurch ver- wickelter und ſchwankender Natur, bis endlich der Einfall der Huſ- ſiten in die Mark den Ausſchlag gab und die Schenken von Landsberg und Teupitz veranlaßte, ſich in den Schutz des Bran- denburgiſchen Kurfürſten (Friedrich I.) zu begeben. Zwar geſchah dies zunächſt noch mit der Bemerkung: „unbeſchadet unſerer Un- terthänigkeitsverpflichtung gegen den Kaiſer und den Herzog von
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Die Teupitzer Kirche, der alte Schloßthurm hinter Pappeln, die
rothen Dächer der Stadt, das Schilf, die Hügel — alles ſpie-
gelte ſich in dem klaren Waſſer, aber, ſo ſchön es war, mir war
doch, als hätt’ ich dies Alles ſchon einmal geſehen, nur ſchöner,
märchenhafter, und dieſe Märchenbilder ſucht’ ich nun. Lächelnd
geſtand ich mir endlich, daß ich ſie nicht finden würde. Noch ein-
mal umfuhr der Kahn die Halbinſel, auf der die Ueberreſte des
alten Teupitz-Schloſſes gelegen ſind, dann trieben wir durch den
Schilfgürtel hindurch, den Kahn an’s Land.
Die Stelle, wo wir landeten, lag in dem Winkel, den Ufer
und Landzunge bilden, und das alte Teupitz-Schloß (ſoviel davon
noch da iſt) oder mit ſeinem vollen Namen „das alte Schloß der
Schenken von Landsberg und Teupitz“ ſtieg faſt unmittelbar vor
uns auf. Ich ſchritt ihm zu.
Das alte Teupitz-Schloß, das in frühe Jahrhunderte zurück-
reicht, galt ehedem für ſehr feſt. Es lag an der Grenze zwiſchen
Mark und Lauſitz und ſcheint abwechſelnd eine märkiſche oder
ſächſiſche Grenzfeſtung geweſen zu ſein, je nachdem Verträge oder
das Glück der Waffen, zu Gunſten des einen oder andern Theils
über den Beſitz der Burg entſchieden hatten. Im 13. ſowie in
der erſten Hälfte des 14. Jahrhunderts waren die Plötzke’s Her-
ren von Teupitz; 1350 etwa kam die Herrſchaft Tupitz oder
Tuptz, wie ſie damals genannt wurde, in Beſitz der Schenken
von Landsberg und nahm ſeitdem (abwechſelnd mit dem Namen
„Herrſchaft Teupitz“) den Namen das „Schenkenländchen“ an.
Dies Ländchen umfaßte 4 □ Meilen; in ſeiner Mitte lag Teupitz
(die Stadt) mit See und Burg. Die Lehnsverhältniſſe des
„Schenkenländchens“ blieben noch geraume Zeit hindurch ver-
wickelter und ſchwankender Natur, bis endlich der Einfall der Huſ-
ſiten in die Mark den Ausſchlag gab und die Schenken von
Landsberg und Teupitz veranlaßte, ſich in den Schutz des Bran-
denburgiſchen Kurfürſten (Friedrich I.) zu begeben. Zwar geſchah
dies zunächſt noch mit der Bemerkung: „unbeſchadet unſerer Un-
terthänigkeitsverpflichtung gegen den Kaiſer und den Herzog von
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/149>, abgerufen am 23.11.2024.
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