führung, wie wir annehmen dürfen, ihm wenig Sorge gemacht hatte. Seine Hand war zu schwer zur Einfädelung einer Intrigue. Er gab das Gewicht seines Namens her und ließ dann die andern machen.
Danckelmann war gestürzt und Barfus wurde Premier- minister. Es war eine Zeit, wo sich jeder zu jedem fähig glaubte, wenigstens bei Hofe. Das bekannte Wort Oxenstiernas wurde wahr an jedem neuen Tag, und was das erstaunlichste ist: die Dinge gingen auch so, und gingen zum Theil sogar gut.
Barfus war Premierminister, noch richtiger Universalminister. Er war alles, er that alles. Auswärtiges, Finanzen, Krieg -- alles fiel ihm zu. Dazu war er Gouverneur von Berlin, Commandeur der Garde, Landeshauptmann der Grafschaft Ruppin, und so viel Stellen sich ihm aufthaten, so viel Quellen flossen in seinen Schatz. Er wurde sehr reich. Als Gouverneur von Berlin bezog er ein palastartiges Gebäude, das vor ihm der Obermarschall von Grumbkow (der Vater des bekannten) besessen hatte. Barfus ließ es umbauen, erweitern und einen Garten nach der Spree hin an- legen. Es ist dieß dasselbe Gebäude, das später, und bis auf diesen Tag, als "Stadtvogtei" eine so hervorragende, aber freilich wenig poetische Rolle in unserer Stadt- und Staatsgeschichte gespielt hat.
Hans Albrecht war Universalminister, aber er war es nur durch Zulassung und nicht durch eigene Kraft. Die Dohna- Dönhofs schoben ihn einfach vor, um in die entstandene Günst- lingslücke nicht einen neuen, vielleicht viel gefährlicheren Günst- ling einrücken zu lassen, als Danckelmann je gewesen war. Barfus fiel also die Rolle zu, durch sein bloßes Dasein den Satz zu predigen: wo ich bin, kann kein anderer sein.
Das ging zwei Jahre lang, aber nicht länger. Der Kurfürst, was immer seine Schwächen sein mochten, war aus zu feiner Schulung, um an der Haltung eines alten Campagnesoldaten, der nicht einmal französisch sprach, auf die Dauer ein Genüge finden zu können. Neben einem geborenen Hofmann wie Kolbe-Warten- berg verschwand er, und die Einführung einer Perückensteuer,
führung, wie wir annehmen dürfen, ihm wenig Sorge gemacht hatte. Seine Hand war zu ſchwer zur Einfädelung einer Intrigue. Er gab das Gewicht ſeines Namens her und ließ dann die andern machen.
Danckelmann war geſtürzt und Barfus wurde Premier- miniſter. Es war eine Zeit, wo ſich jeder zu jedem fähig glaubte, wenigſtens bei Hofe. Das bekannte Wort Oxenſtiernas wurde wahr an jedem neuen Tag, und was das erſtaunlichſte iſt: die Dinge gingen auch ſo, und gingen zum Theil ſogar gut.
Barfus war Premierminiſter, noch richtiger Univerſalminiſter. Er war alles, er that alles. Auswärtiges, Finanzen, Krieg — alles fiel ihm zu. Dazu war er Gouverneur von Berlin, Commandeur der Garde, Landeshauptmann der Grafſchaft Ruppin, und ſo viel Stellen ſich ihm aufthaten, ſo viel Quellen floſſen in ſeinen Schatz. Er wurde ſehr reich. Als Gouverneur von Berlin bezog er ein palaſtartiges Gebäude, das vor ihm der Obermarſchall von Grumbkow (der Vater des bekannten) beſeſſen hatte. Barfus ließ es umbauen, erweitern und einen Garten nach der Spree hin an- legen. Es iſt dieß daſſelbe Gebäude, das ſpäter, und bis auf dieſen Tag, als „Stadtvogtei“ eine ſo hervorragende, aber freilich wenig poetiſche Rolle in unſerer Stadt- und Staatsgeſchichte geſpielt hat.
Hans Albrecht war Univerſalminiſter, aber er war es nur durch Zulaſſung und nicht durch eigene Kraft. Die Dohna- Dönhofs ſchoben ihn einfach vor, um in die entſtandene Günſt- lingslücke nicht einen neuen, vielleicht viel gefährlicheren Günſt- ling einrücken zu laſſen, als Danckelmann je geweſen war. Barfus fiel alſo die Rolle zu, durch ſein bloßes Daſein den Satz zu predigen: wo ich bin, kann kein anderer ſein.
Das ging zwei Jahre lang, aber nicht länger. Der Kurfürſt, was immer ſeine Schwächen ſein mochten, war aus zu feiner Schulung, um an der Haltung eines alten Campagneſoldaten, der nicht einmal franzöſiſch ſprach, auf die Dauer ein Genüge finden zu können. Neben einem geborenen Hofmann wie Kolbe-Warten- berg verſchwand er, und die Einführung einer Perückenſteuer,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0103"n="91"/>
führung, wie wir annehmen dürfen, ihm wenig Sorge gemacht<lb/>
hatte. Seine Hand war zu ſchwer zur Einfädelung einer Intrigue.<lb/>
Er gab das Gewicht ſeines Namens her und ließ dann die andern<lb/>
machen.</p><lb/><p>Danckelmann war geſtürzt und Barfus wurde <hirendition="#g">Premier-<lb/>
miniſter</hi>. Es war eine Zeit, wo ſich jeder zu jedem fähig glaubte,<lb/>
wenigſtens bei Hofe. Das bekannte Wort Oxenſtiernas wurde wahr<lb/>
an jedem neuen Tag, und was das erſtaunlichſte iſt: die Dinge<lb/>
gingen auch <hirendition="#g">ſo</hi>, und gingen zum Theil ſogar <hirendition="#g">gut</hi>.</p><lb/><p>Barfus war Premierminiſter, noch richtiger <hirendition="#g">Univerſal</hi>miniſter.<lb/>
Er war alles, er that alles. Auswärtiges, Finanzen, Krieg — alles<lb/>
fiel ihm zu. Dazu war er Gouverneur von Berlin, Commandeur<lb/>
der Garde, Landeshauptmann der Grafſchaft Ruppin, und ſo viel<lb/>
Stellen ſich ihm aufthaten, ſo viel Quellen floſſen in ſeinen Schatz.<lb/>
Er wurde ſehr reich. Als Gouverneur von Berlin bezog er ein<lb/>
palaſtartiges Gebäude, das vor ihm der Obermarſchall von<lb/>
Grumbkow (der Vater des bekannten) beſeſſen hatte. Barfus ließ<lb/>
es umbauen, erweitern und einen Garten nach der Spree hin an-<lb/>
legen. Es iſt dieß daſſelbe Gebäude, das ſpäter, und bis auf dieſen<lb/>
Tag, als „Stadtvogtei“ eine ſo hervorragende, aber freilich wenig<lb/>
poetiſche Rolle in unſerer Stadt- und Staatsgeſchichte geſpielt hat.</p><lb/><p>Hans Albrecht war <hirendition="#g">Univerſal</hi>miniſter, aber er war es nur<lb/>
durch <hirendition="#g">Zulaſſung</hi> und nicht durch eigene Kraft. Die Dohna-<lb/>
Dönhofs ſchoben ihn einfach vor, um in die entſtandene Günſt-<lb/>
lingslücke nicht einen neuen, vielleicht viel gefährlicheren Günſt-<lb/>
ling einrücken zu laſſen, als Danckelmann je geweſen war. Barfus<lb/>
fiel alſo die Rolle zu, durch ſein bloßes Daſein den Satz zu<lb/>
predigen: wo ich bin, kann kein anderer ſein.</p><lb/><p>Das ging zwei Jahre lang, aber nicht länger. Der Kurfürſt,<lb/>
was immer ſeine Schwächen ſein mochten, war aus zu feiner<lb/>
Schulung, um an der Haltung eines alten Campagneſoldaten, der<lb/>
nicht einmal franzöſiſch ſprach, auf die Dauer ein Genüge finden<lb/>
zu können. Neben einem geborenen Hofmann wie Kolbe-Warten-<lb/>
berg verſchwand er, und die Einführung einer <hirendition="#g">Perückenſteuer</hi>,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[91/0103]
führung, wie wir annehmen dürfen, ihm wenig Sorge gemacht
hatte. Seine Hand war zu ſchwer zur Einfädelung einer Intrigue.
Er gab das Gewicht ſeines Namens her und ließ dann die andern
machen.
Danckelmann war geſtürzt und Barfus wurde Premier-
miniſter. Es war eine Zeit, wo ſich jeder zu jedem fähig glaubte,
wenigſtens bei Hofe. Das bekannte Wort Oxenſtiernas wurde wahr
an jedem neuen Tag, und was das erſtaunlichſte iſt: die Dinge
gingen auch ſo, und gingen zum Theil ſogar gut.
Barfus war Premierminiſter, noch richtiger Univerſalminiſter.
Er war alles, er that alles. Auswärtiges, Finanzen, Krieg — alles
fiel ihm zu. Dazu war er Gouverneur von Berlin, Commandeur
der Garde, Landeshauptmann der Grafſchaft Ruppin, und ſo viel
Stellen ſich ihm aufthaten, ſo viel Quellen floſſen in ſeinen Schatz.
Er wurde ſehr reich. Als Gouverneur von Berlin bezog er ein
palaſtartiges Gebäude, das vor ihm der Obermarſchall von
Grumbkow (der Vater des bekannten) beſeſſen hatte. Barfus ließ
es umbauen, erweitern und einen Garten nach der Spree hin an-
legen. Es iſt dieß daſſelbe Gebäude, das ſpäter, und bis auf dieſen
Tag, als „Stadtvogtei“ eine ſo hervorragende, aber freilich wenig
poetiſche Rolle in unſerer Stadt- und Staatsgeſchichte geſpielt hat.
Hans Albrecht war Univerſalminiſter, aber er war es nur
durch Zulaſſung und nicht durch eigene Kraft. Die Dohna-
Dönhofs ſchoben ihn einfach vor, um in die entſtandene Günſt-
lingslücke nicht einen neuen, vielleicht viel gefährlicheren Günſt-
ling einrücken zu laſſen, als Danckelmann je geweſen war. Barfus
fiel alſo die Rolle zu, durch ſein bloßes Daſein den Satz zu
predigen: wo ich bin, kann kein anderer ſein.
Das ging zwei Jahre lang, aber nicht länger. Der Kurfürſt,
was immer ſeine Schwächen ſein mochten, war aus zu feiner
Schulung, um an der Haltung eines alten Campagneſoldaten, der
nicht einmal franzöſiſch ſprach, auf die Dauer ein Genüge finden
zu können. Neben einem geborenen Hofmann wie Kolbe-Warten-
berg verſchwand er, und die Einführung einer Perückenſteuer,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/103>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.