Souches, den linken Feldmarschall Graf Dünewald, im Centrum aber befehligte Hans Albrecht von Barfus; siebzehn Bataillone und einunddreißig Schwadronen standen unter seinem Commando.
Der Plan des Markgrafen Ludwig war vortrefflich. Graf Dünewald sollte vom linken Flügel her mit 85 Schwadronen die Spahis von der Ebene fortfegen, und den glücklichen Moment benutzend, war Graf Souches angewiesen, über das frei gewordene Terrain hinweg die Hügel zu erstürmen; aber der große Reiteran- griff Graf Dünewalds unterblieb (das Terrain war unwegsam), und so griff denn Graf Souches unter ungünstigen Verhältnissen an. Dreimal vordringend, wurde er dreimal zurückgeschlagen, und bereits schickte die ganze türkische Reiterei sich an, die Vernichtung des rechten Flügels vollständig zu machen, als Barfus mit seinen Bataillonen vorrückend und einfach rechts schwenkend, eine schützende Mauer zwischen die eben angreifenden Spahis und den in Flucht aufgelösten rechten Flügel schob. Diese Eine Bewegung stellte die Schlacht wieder her.
Aber Barfus sollte nicht nur die schon verlorene Schlacht wieder herstellen, er sollte sie in der zweiten Hälfte des Kampfes gewinnen. Wir blicken jetzt auf den zweiten Akt der Schlacht.
Der sieghafte Sturm der Spahis war gehemmt, noch ehe er seinen vollen Anlauf hatte nehmen können; die Schlacht stand. Da endlich kam Graf Dünewald, der lang erwartete, mit dem linken Flügel heran; Markgraf Ludwig stellte sich selbst an die Spitze der Reiterei und brach nun von links her in die Spahis ein, während 6000 Kürassiere, die gesammte Reserve des christlichen Heeres, den Feind in der Front angriffen. Der Angriff war unwiderstehlich. Die Fortfegung der Spahis, womit die Schlacht hatte beginnen sollen, jetzt war sie vollzogen; aber kein rechter Flügel existirte mehr, um die Gunst des Moments zu nutzen. Graf Souches selbst lag todt auf der Wahlstatt.
Nur das Centrum stand noch. Barfus erkannte die volle Bedeutung des Moments. Was der rechte Flügel nicht mehr konnte, das konnte das Centrum, nur noch das Centrum. Die
Souches, den linken Feldmarſchall Graf Dünewald, im Centrum aber befehligte Hans Albrecht von Barfus; ſiebzehn Bataillone und einunddreißig Schwadronen ſtanden unter ſeinem Commando.
Der Plan des Markgrafen Ludwig war vortrefflich. Graf Dünewald ſollte vom linken Flügel her mit 85 Schwadronen die Spahis von der Ebene fortfegen, und den glücklichen Moment benutzend, war Graf Souches angewieſen, über das frei gewordene Terrain hinweg die Hügel zu erſtürmen; aber der große Reiteran- griff Graf Dünewalds unterblieb (das Terrain war unwegſam), und ſo griff denn Graf Souches unter ungünſtigen Verhältniſſen an. Dreimal vordringend, wurde er dreimal zurückgeſchlagen, und bereits ſchickte die ganze türkiſche Reiterei ſich an, die Vernichtung des rechten Flügels vollſtändig zu machen, als Barfus mit ſeinen Bataillonen vorrückend und einfach rechts ſchwenkend, eine ſchützende Mauer zwiſchen die eben angreifenden Spahis und den in Flucht aufgelösten rechten Flügel ſchob. Dieſe Eine Bewegung ſtellte die Schlacht wieder her.
Aber Barfus ſollte nicht nur die ſchon verlorene Schlacht wieder herſtellen, er ſollte ſie in der zweiten Hälfte des Kampfes gewinnen. Wir blicken jetzt auf den zweiten Akt der Schlacht.
Der ſieghafte Sturm der Spahis war gehemmt, noch ehe er ſeinen vollen Anlauf hatte nehmen können; die Schlacht ſtand. Da endlich kam Graf Dünewald, der lang erwartete, mit dem linken Flügel heran; Markgraf Ludwig ſtellte ſich ſelbſt an die Spitze der Reiterei und brach nun von links her in die Spahis ein, während 6000 Küraſſiere, die geſammte Reſerve des chriſtlichen Heeres, den Feind in der Front angriffen. Der Angriff war unwiderſtehlich. Die Fortfegung der Spahis, womit die Schlacht hatte beginnen ſollen, jetzt war ſie vollzogen; aber kein rechter Flügel exiſtirte mehr, um die Gunſt des Moments zu nutzen. Graf Souches ſelbſt lag todt auf der Wahlſtatt.
Nur das Centrum ſtand noch. Barfus erkannte die volle Bedeutung des Moments. Was der rechte Flügel nicht mehr konnte, das konnte das Centrum, nur noch das Centrum. Die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0100"n="88"/>
Souches, den linken Feldmarſchall Graf Dünewald, im Centrum<lb/>
aber befehligte Hans Albrecht von Barfus; ſiebzehn Bataillone<lb/>
und einunddreißig Schwadronen ſtanden unter ſeinem Commando.</p><lb/><p>Der Plan des Markgrafen Ludwig war vortrefflich. Graf<lb/>
Dünewald ſollte vom linken Flügel her mit 85 Schwadronen<lb/>
die Spahis von der Ebene fortfegen, und den glücklichen Moment<lb/>
benutzend, war Graf Souches angewieſen, über das frei gewordene<lb/>
Terrain hinweg die Hügel zu erſtürmen; aber der große Reiteran-<lb/>
griff Graf Dünewalds unterblieb (das Terrain war unwegſam),<lb/>
und ſo griff denn Graf Souches unter ungünſtigen Verhältniſſen<lb/>
an. Dreimal vordringend, wurde er dreimal zurückgeſchlagen, und<lb/>
bereits ſchickte die ganze türkiſche Reiterei ſich an, die Vernichtung<lb/>
des rechten Flügels vollſtändig zu machen, als Barfus mit ſeinen<lb/>
Bataillonen vorrückend und einfach rechts ſchwenkend, eine ſchützende<lb/>
Mauer zwiſchen die eben angreifenden Spahis und den in Flucht<lb/>
aufgelösten rechten Flügel ſchob. Dieſe Eine Bewegung ſtellte die<lb/>
Schlacht wieder her.</p><lb/><p>Aber Barfus ſollte nicht nur die ſchon verlorene Schlacht<lb/>
wieder herſtellen, er ſollte ſie in der zweiten Hälfte des Kampfes<lb/><hirendition="#g">gewinnen</hi>. Wir blicken jetzt auf den zweiten Akt der Schlacht.</p><lb/><p>Der ſieghafte Sturm der Spahis war gehemmt, noch ehe er<lb/>ſeinen vollen Anlauf hatte nehmen können; die Schlacht ſtand.<lb/>
Da endlich kam Graf Dünewald, der lang erwartete, mit dem<lb/>
linken Flügel heran; Markgraf Ludwig ſtellte ſich ſelbſt an die<lb/>
Spitze der Reiterei und brach nun von links her in die Spahis<lb/>
ein, während 6000 Küraſſiere, die geſammte Reſerve des chriſtlichen<lb/>
Heeres, den Feind in der Front angriffen. Der Angriff war<lb/>
unwiderſtehlich. Die Fortfegung der Spahis, womit die Schlacht<lb/>
hatte beginnen ſollen, jetzt war ſie vollzogen; aber kein rechter<lb/>
Flügel exiſtirte mehr, um die Gunſt des Moments zu nutzen.<lb/>
Graf Souches ſelbſt lag todt auf der Wahlſtatt.</p><lb/><p>Nur das Centrum ſtand noch. Barfus erkannte die volle<lb/>
Bedeutung des Moments. Was der rechte Flügel nicht mehr<lb/>
konnte, das konnte das Centrum, <hirendition="#g">nur</hi> noch das Centrum. Die<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[88/0100]
Souches, den linken Feldmarſchall Graf Dünewald, im Centrum
aber befehligte Hans Albrecht von Barfus; ſiebzehn Bataillone
und einunddreißig Schwadronen ſtanden unter ſeinem Commando.
Der Plan des Markgrafen Ludwig war vortrefflich. Graf
Dünewald ſollte vom linken Flügel her mit 85 Schwadronen
die Spahis von der Ebene fortfegen, und den glücklichen Moment
benutzend, war Graf Souches angewieſen, über das frei gewordene
Terrain hinweg die Hügel zu erſtürmen; aber der große Reiteran-
griff Graf Dünewalds unterblieb (das Terrain war unwegſam),
und ſo griff denn Graf Souches unter ungünſtigen Verhältniſſen
an. Dreimal vordringend, wurde er dreimal zurückgeſchlagen, und
bereits ſchickte die ganze türkiſche Reiterei ſich an, die Vernichtung
des rechten Flügels vollſtändig zu machen, als Barfus mit ſeinen
Bataillonen vorrückend und einfach rechts ſchwenkend, eine ſchützende
Mauer zwiſchen die eben angreifenden Spahis und den in Flucht
aufgelösten rechten Flügel ſchob. Dieſe Eine Bewegung ſtellte die
Schlacht wieder her.
Aber Barfus ſollte nicht nur die ſchon verlorene Schlacht
wieder herſtellen, er ſollte ſie in der zweiten Hälfte des Kampfes
gewinnen. Wir blicken jetzt auf den zweiten Akt der Schlacht.
Der ſieghafte Sturm der Spahis war gehemmt, noch ehe er
ſeinen vollen Anlauf hatte nehmen können; die Schlacht ſtand.
Da endlich kam Graf Dünewald, der lang erwartete, mit dem
linken Flügel heran; Markgraf Ludwig ſtellte ſich ſelbſt an die
Spitze der Reiterei und brach nun von links her in die Spahis
ein, während 6000 Küraſſiere, die geſammte Reſerve des chriſtlichen
Heeres, den Feind in der Front angriffen. Der Angriff war
unwiderſtehlich. Die Fortfegung der Spahis, womit die Schlacht
hatte beginnen ſollen, jetzt war ſie vollzogen; aber kein rechter
Flügel exiſtirte mehr, um die Gunſt des Moments zu nutzen.
Graf Souches ſelbſt lag todt auf der Wahlſtatt.
Nur das Centrum ſtand noch. Barfus erkannte die volle
Bedeutung des Moments. Was der rechte Flügel nicht mehr
konnte, das konnte das Centrum, nur noch das Centrum. Die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/100>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.