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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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So kam der August 1736 heran; der Umbau des Rheins-
berger Schlosses war beendet und der Umzug, die Uebersiedelung
fand statt. Von da ab beginnen die glänzenden, die vielgefeierten
Rheinsberger Tage. Aber diese schönen Rheinsberger Tage, die
das Ruppiner Leben verdunkelt haben, waren doch nicht so völlig
das Ende, der Tod des Ruppiner Interregnums, wie, einer allge-
meinen Vorstellung nach, geglaubt wird. Vielmehr fand jetzt ein
Austausch, eine Art Rückzahlung statt und wenn von 1733 an,
die Ausflüge nach Rheinsberg Ruppin um die andauernde An-
wesenheit des Kronprinzen gebracht hatten, so war von jetzt an
Ruppin der Gegenstand und das Ziel beständiger, freilich zum
Theil durch den "Dienst" gebotener Besuche. Aber nicht nur waren
es die militairischen Inspektionen, die diese Ausflüge nöthig machten,
auch Neigung, Gefallen an der Stadt, in der er vier glückliche
Jahre verlebt hatte, zogen ihn immer neu in die alten Kreise zu-
rück. Viele seiner Briefe geben Auskunft darüber; entweder tragen
sie das Datum Ruppin und führen dadurch den Beweis längeren
oder kürzeren Aufenthalts daselbst, oder flüchtige Zeilen, von Pots-
dam, Berlin und andern Punkten aus geschrieben, sprechen seine
Sehnsucht aus nach seiner "geliebten Garnison." So schreibt er
im Juni 1737 von Berlin aus an Suhm: "Den 25. gehe ich
nach "Amalthea," meinem Garten in Ruppin. Ich brenne vor
Ungeduld meinen Wein, meine Kirschen und meine Melonen wieder
zu sehn;" und 1739 noch (am 16. Juni) heißt es in einem,
vom Ruppiner Garten aus datirten Briefe: "Ich werde morgen
nach Rheinsberg gehn um allda nach meiner kleinen Wirthschaft
zu sehen; hier wollen keine Melonen reif werden, so
gerne wie ich auch gewollt, daß ich meinem Gnädigsten Vater die
Erstlinge des Jahres hätte schicken können."

Diese beiden Briefe sind in soweit wichtig, als sie keinen
Zweifel darüber lassen, daß Kronprinz Friedrich seinem "Amalthea"
zu Ruppin keineswegs den Rücken kehrte, vielmehr vom August
1736 an, eine Art Doppelwirthschaft führte und an die Gär-
ten und Treibhäuser, hier wie dort, die gleichen Ansprüche erhob.

So kam der Auguſt 1736 heran; der Umbau des Rheins-
berger Schloſſes war beendet und der Umzug, die Ueberſiedelung
fand ſtatt. Von da ab beginnen die glänzenden, die vielgefeierten
Rheinsberger Tage. Aber dieſe ſchönen Rheinsberger Tage, die
das Ruppiner Leben verdunkelt haben, waren doch nicht ſo völlig
das Ende, der Tod des Ruppiner Interregnums, wie, einer allge-
meinen Vorſtellung nach, geglaubt wird. Vielmehr fand jetzt ein
Austauſch, eine Art Rückzahlung ſtatt und wenn von 1733 an,
die Ausflüge nach Rheinsberg Ruppin um die andauernde An-
weſenheit des Kronprinzen gebracht hatten, ſo war von jetzt an
Ruppin der Gegenſtand und das Ziel beſtändiger, freilich zum
Theil durch den „Dienſt“ gebotener Beſuche. Aber nicht nur waren
es die militairiſchen Inſpektionen, die dieſe Ausflüge nöthig machten,
auch Neigung, Gefallen an der Stadt, in der er vier glückliche
Jahre verlebt hatte, zogen ihn immer neu in die alten Kreiſe zu-
rück. Viele ſeiner Briefe geben Auskunft darüber; entweder tragen
ſie das Datum Ruppin und führen dadurch den Beweis längeren
oder kürzeren Aufenthalts daſelbſt, oder flüchtige Zeilen, von Pots-
dam, Berlin und andern Punkten aus geſchrieben, ſprechen ſeine
Sehnſucht aus nach ſeiner „geliebten Garniſon.“ So ſchreibt er
im Juni 1737 von Berlin aus an Suhm: „Den 25. gehe ich
nach „Amalthea,“ meinem Garten in Ruppin. Ich brenne vor
Ungeduld meinen Wein, meine Kirſchen und meine Melonen wieder
zu ſehn;“ und 1739 noch (am 16. Juni) heißt es in einem,
vom Ruppiner Garten aus datirten Briefe: „Ich werde morgen
nach Rheinsberg gehn um allda nach meiner kleinen Wirthſchaft
zu ſehen; hier wollen keine Melonen reif werden, ſo
gerne wie ich auch gewollt, daß ich meinem Gnädigſten Vater die
Erſtlinge des Jahres hätte ſchicken können.“

Dieſe beiden Briefe ſind in ſoweit wichtig, als ſie keinen
Zweifel darüber laſſen, daß Kronprinz Friedrich ſeinem „Amalthea“
zu Ruppin keineswegs den Rücken kehrte, vielmehr vom Auguſt
1736 an, eine Art Doppelwirthſchaft führte und an die Gär-
ten und Treibhäuſer, hier wie dort, die gleichen Anſprüche erhob.

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[47/0065] So kam der Auguſt 1736 heran; der Umbau des Rheins- berger Schloſſes war beendet und der Umzug, die Ueberſiedelung fand ſtatt. Von da ab beginnen die glänzenden, die vielgefeierten Rheinsberger Tage. Aber dieſe ſchönen Rheinsberger Tage, die das Ruppiner Leben verdunkelt haben, waren doch nicht ſo völlig das Ende, der Tod des Ruppiner Interregnums, wie, einer allge- meinen Vorſtellung nach, geglaubt wird. Vielmehr fand jetzt ein Austauſch, eine Art Rückzahlung ſtatt und wenn von 1733 an, die Ausflüge nach Rheinsberg Ruppin um die andauernde An- weſenheit des Kronprinzen gebracht hatten, ſo war von jetzt an Ruppin der Gegenſtand und das Ziel beſtändiger, freilich zum Theil durch den „Dienſt“ gebotener Beſuche. Aber nicht nur waren es die militairiſchen Inſpektionen, die dieſe Ausflüge nöthig machten, auch Neigung, Gefallen an der Stadt, in der er vier glückliche Jahre verlebt hatte, zogen ihn immer neu in die alten Kreiſe zu- rück. Viele ſeiner Briefe geben Auskunft darüber; entweder tragen ſie das Datum Ruppin und führen dadurch den Beweis längeren oder kürzeren Aufenthalts daſelbſt, oder flüchtige Zeilen, von Pots- dam, Berlin und andern Punkten aus geſchrieben, ſprechen ſeine Sehnſucht aus nach ſeiner „geliebten Garniſon.“ So ſchreibt er im Juni 1737 von Berlin aus an Suhm: „Den 25. gehe ich nach „Amalthea,“ meinem Garten in Ruppin. Ich brenne vor Ungeduld meinen Wein, meine Kirſchen und meine Melonen wieder zu ſehn;“ und 1739 noch (am 16. Juni) heißt es in einem, vom Ruppiner Garten aus datirten Briefe: „Ich werde morgen nach Rheinsberg gehn um allda nach meiner kleinen Wirthſchaft zu ſehen; hier wollen keine Melonen reif werden, ſo gerne wie ich auch gewollt, daß ich meinem Gnädigſten Vater die Erſtlinge des Jahres hätte ſchicken können.“ Dieſe beiden Briefe ſind in ſoweit wichtig, als ſie keinen Zweifel darüber laſſen, daß Kronprinz Friedrich ſeinem „Amalthea“ zu Ruppin keineswegs den Rücken kehrte, vielmehr vom Auguſt 1736 an, eine Art Doppelwirthſchaft führte und an die Gär- ten und Treibhäuſer, hier wie dort, die gleichen Anſprüche erhob.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/65>, abgerufen am 24.11.2024.