Das, der Thronbesteigung des großen Königs vorhergehende Jahr- zehnt, also der Zeitraum von 1730--1740, pflegt, nach einer Gesetz gewordenen Annahme, in zwei ungleiche Hälften getheilt zu werden, in die düstern Tage von Küstrin und in die lachenden Tage von Rheinsberg.
Diese Eintheilung, die sich noch durch den Reiz des Gegensatzes empfiehlt, mag der ganzen Welt ein Genüge thun, nur die Stadt Ruppin hat ein Recht, dagegen zu protestiren und eine Dreithei- lung in Vorschlag zu bringen. Zwischen den Tagen von Küstrin und Rheinsberg liegen eben die Tage von Ruppin.
Es ist wahr, die Ruppiner Episode ist unscheinbarer, un- dramatischer; kein Bayard-Orden wird gestiftet und kein Katt tritt auf das Blutgerüst, aber auch diese stilleren Tage haben ihre Be- deutung. Versuch' ich es, ihnen in Nachstehendem zu ihrem Recht zu verhelfen, ihnen ihre Existenz gleichsam zurückzuerobern.
Am 26. Februar war Kronprinz Friedrich von Küstrin in Berlin wieder eingetroffen; zwölf Tage später (am 10. März) folgte seine Verlobung. Aller Zwiespalt schien vergessen. "Obrist- lieutenant Fritz," über dessen Haupt vor nicht allzu langer Zeit das Schwert geschwebt hatte, war wieder ein "lieber Sohn" und Oberst und Chef eines Regiments. (Seit dem 29. Februar 1732.) Dies Regiment, das bis dahin compagnieweise in den kleinen Städten der Priegnitz und des Havellandes, in Perleberg, Pritz-
3. Kronprinz Friedrich in Ruppin.
Das, der Thronbeſteigung des großen Königs vorhergehende Jahr- zehnt, alſo der Zeitraum von 1730—1740, pflegt, nach einer Geſetz gewordenen Annahme, in zwei ungleiche Hälften getheilt zu werden, in die düſtern Tage von Küſtrin und in die lachenden Tage von Rheinsberg.
Dieſe Eintheilung, die ſich noch durch den Reiz des Gegenſatzes empfiehlt, mag der ganzen Welt ein Genüge thun, nur die Stadt Ruppin hat ein Recht, dagegen zu proteſtiren und eine Dreithei- lung in Vorſchlag zu bringen. Zwiſchen den Tagen von Küſtrin und Rheinsberg liegen eben die Tage von Ruppin.
Es iſt wahr, die Ruppiner Epiſode iſt unſcheinbarer, un- dramatiſcher; kein Bayard-Orden wird geſtiftet und kein Katt tritt auf das Blutgerüſt, aber auch dieſe ſtilleren Tage haben ihre Be- deutung. Verſuch’ ich es, ihnen in Nachſtehendem zu ihrem Recht zu verhelfen, ihnen ihre Exiſtenz gleichſam zurückzuerobern.
Am 26. Februar war Kronprinz Friedrich von Küſtrin in Berlin wieder eingetroffen; zwölf Tage ſpäter (am 10. März) folgte ſeine Verlobung. Aller Zwieſpalt ſchien vergeſſen. „Obriſt- lieutenant Fritz,“ über deſſen Haupt vor nicht allzu langer Zeit das Schwert geſchwebt hatte, war wieder ein „lieber Sohn“ und Oberſt und Chef eines Regiments. (Seit dem 29. Februar 1732.) Dies Regiment, das bis dahin compagnieweiſe in den kleinen Städten der Priegnitz und des Havellandes, in Perleberg, Pritz-
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3.
Kronprinz Friedrich in Ruppin.
Das, der Thronbeſteigung des großen Königs vorhergehende Jahr-
zehnt, alſo der Zeitraum von 1730—1740, pflegt, nach einer Geſetz
gewordenen Annahme, in zwei ungleiche Hälften getheilt zu werden,
in die düſtern Tage von Küſtrin und in die lachenden Tage von
Rheinsberg.
Dieſe Eintheilung, die ſich noch durch den Reiz des Gegenſatzes
empfiehlt, mag der ganzen Welt ein Genüge thun, nur die Stadt
Ruppin hat ein Recht, dagegen zu proteſtiren und eine Dreithei-
lung in Vorſchlag zu bringen. Zwiſchen den Tagen von Küſtrin
und Rheinsberg liegen eben die Tage von Ruppin.
Es iſt wahr, die Ruppiner Epiſode iſt unſcheinbarer, un-
dramatiſcher; kein Bayard-Orden wird geſtiftet und kein Katt tritt
auf das Blutgerüſt, aber auch dieſe ſtilleren Tage haben ihre Be-
deutung. Verſuch’ ich es, ihnen in Nachſtehendem zu ihrem Recht
zu verhelfen, ihnen ihre Exiſtenz gleichſam zurückzuerobern.
Am 26. Februar war Kronprinz Friedrich von Küſtrin in
Berlin wieder eingetroffen; zwölf Tage ſpäter (am 10. März)
folgte ſeine Verlobung. Aller Zwieſpalt ſchien vergeſſen. „Obriſt-
lieutenant Fritz,“ über deſſen Haupt vor nicht allzu langer Zeit
das Schwert geſchwebt hatte, war wieder ein „lieber Sohn“ und
Oberſt und Chef eines Regiments. (Seit dem 29. Februar 1732.)
Dies Regiment, das bis dahin compagnieweiſe in den kleinen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. [39]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/57>, abgerufen am 21.11.2024.
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