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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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Also etwa:

Es leuchtet Elisabeth unter den Frauen
Wie Ruppin unter seinen Schwestern zu schauen,
Mein Trost, meine Hoffnung, um drauf zu bauen.

Die Ruppiner Grafen waren von ihrem ersten Auftreten an
Männer von Welt, von Wissen, von Voraussicht und Klugheit,
und da sich derartige Elemente damals auf märkischem Boden
schwer betreffen ließen, so war ihre vorzüglichste Wirksamkeit in
aller Bestimmtheit vorgezeichnet: es waren ritterliche Herren, aber
vor allem Hofleute, Diplomaten. Sie kannten und übten die
schwere Kunst der Nachgiebigkeit und wußten zwischen Festigkeit
und Eigensinn zu unterscheiden. Daher begegnen wir ihnen oft
auf den Reichstagen in Kostnitz und Worms, als Begleiter und
Berather ihrer markgräflichen Herren, und wo es einen Streit
zu schlichten gab, da waren die Ruppiner Grafen die Vertrauens-
männer beider Partheien, und das Schiedsrichteramt lag, wie erblich
fast, in ihren Händen.

Sie waren ein bevorzugtes, hoch-vornehmes Geschlecht, ein
Geschlecht vom feinsten Korn, aber eines mußten sie entbehren und
vermissen -- die Liebe ihrer Unterthanen. Haftitius der Chronist
erzählt uns: "die Grafen waren fromm und demüthig und gut-
thätig, aber waren doch wenig geliebt und geachtet trotz aller Gü-
tigkeit. Denn obwohl die Herren Grafen oftmals den Rath und
die fürnehmsten Bürger zu Neuen-Ruppin mit ihren Weibern und
Kindern zu Gaste geladen und unter den Bäumen zwischen Alten-
und Neuen-Ruppin haben Maien-Lauben machen und Tänze auf-
führen lassen, sie auch wohl traktiret und alles Liebste und Beste
ihnen angethan, so sind doch Rath und Bürger den Herren Grafen
immer entgegen gewesen."

Woran es lag, wer die Schuld trug -- wer mag es sagen?
kaum Vermuthungen lassen sich aussprechen. Einen ersten Grund
zu Zerwürfnissen gaben vermuthlich die Geldverhältnisse des gräf-
lichen Hauses, die, zumal im Lauf des 15. Jahrhunderts, von
Jahrzehnt zu Jahrzehnt zerrütteter wurden. Rath und Bürger-

3*

Alſo etwa:

Es leuchtet Eliſabeth unter den Frauen
Wie Ruppin unter ſeinen Schweſtern zu ſchauen,
Mein Troſt, meine Hoffnung, um drauf zu bauen.

Die Ruppiner Grafen waren von ihrem erſten Auftreten an
Männer von Welt, von Wiſſen, von Vorausſicht und Klugheit,
und da ſich derartige Elemente damals auf märkiſchem Boden
ſchwer betreffen ließen, ſo war ihre vorzüglichſte Wirkſamkeit in
aller Beſtimmtheit vorgezeichnet: es waren ritterliche Herren, aber
vor allem Hofleute, Diplomaten. Sie kannten und übten die
ſchwere Kunſt der Nachgiebigkeit und wußten zwiſchen Feſtigkeit
und Eigenſinn zu unterſcheiden. Daher begegnen wir ihnen oft
auf den Reichstagen in Koſtnitz und Worms, als Begleiter und
Berather ihrer markgräflichen Herren, und wo es einen Streit
zu ſchlichten gab, da waren die Ruppiner Grafen die Vertrauens-
männer beider Partheien, und das Schiedsrichteramt lag, wie erblich
faſt, in ihren Händen.

Sie waren ein bevorzugtes, hoch-vornehmes Geſchlecht, ein
Geſchlecht vom feinſten Korn, aber eines mußten ſie entbehren und
vermiſſen — die Liebe ihrer Unterthanen. Haftitius der Chroniſt
erzählt uns: „die Grafen waren fromm und demüthig und gut-
thätig, aber waren doch wenig geliebt und geachtet trotz aller Gü-
tigkeit. Denn obwohl die Herren Grafen oftmals den Rath und
die fürnehmſten Bürger zu Neuen-Ruppin mit ihren Weibern und
Kindern zu Gaſte geladen und unter den Bäumen zwiſchen Alten-
und Neuen-Ruppin haben Maien-Lauben machen und Tänze auf-
führen laſſen, ſie auch wohl traktiret und alles Liebſte und Beſte
ihnen angethan, ſo ſind doch Rath und Bürger den Herren Grafen
immer entgegen geweſen.“

Woran es lag, wer die Schuld trug — wer mag es ſagen?
kaum Vermuthungen laſſen ſich ausſprechen. Einen erſten Grund
zu Zerwürfniſſen gaben vermuthlich die Geldverhältniſſe des gräf-
lichen Hauſes, die, zumal im Lauf des 15. Jahrhunderts, von
Jahrzehnt zu Jahrzehnt zerrütteter wurden. Rath und Bürger-

3*
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[35/0053] Alſo etwa: Es leuchtet Eliſabeth unter den Frauen Wie Ruppin unter ſeinen Schweſtern zu ſchauen, Mein Troſt, meine Hoffnung, um drauf zu bauen. Die Ruppiner Grafen waren von ihrem erſten Auftreten an Männer von Welt, von Wiſſen, von Vorausſicht und Klugheit, und da ſich derartige Elemente damals auf märkiſchem Boden ſchwer betreffen ließen, ſo war ihre vorzüglichſte Wirkſamkeit in aller Beſtimmtheit vorgezeichnet: es waren ritterliche Herren, aber vor allem Hofleute, Diplomaten. Sie kannten und übten die ſchwere Kunſt der Nachgiebigkeit und wußten zwiſchen Feſtigkeit und Eigenſinn zu unterſcheiden. Daher begegnen wir ihnen oft auf den Reichstagen in Koſtnitz und Worms, als Begleiter und Berather ihrer markgräflichen Herren, und wo es einen Streit zu ſchlichten gab, da waren die Ruppiner Grafen die Vertrauens- männer beider Partheien, und das Schiedsrichteramt lag, wie erblich faſt, in ihren Händen. Sie waren ein bevorzugtes, hoch-vornehmes Geſchlecht, ein Geſchlecht vom feinſten Korn, aber eines mußten ſie entbehren und vermiſſen — die Liebe ihrer Unterthanen. Haftitius der Chroniſt erzählt uns: „die Grafen waren fromm und demüthig und gut- thätig, aber waren doch wenig geliebt und geachtet trotz aller Gü- tigkeit. Denn obwohl die Herren Grafen oftmals den Rath und die fürnehmſten Bürger zu Neuen-Ruppin mit ihren Weibern und Kindern zu Gaſte geladen und unter den Bäumen zwiſchen Alten- und Neuen-Ruppin haben Maien-Lauben machen und Tänze auf- führen laſſen, ſie auch wohl traktiret und alles Liebſte und Beſte ihnen angethan, ſo ſind doch Rath und Bürger den Herren Grafen immer entgegen geweſen.“ Woran es lag, wer die Schuld trug — wer mag es ſagen? kaum Vermuthungen laſſen ſich ausſprechen. Einen erſten Grund zu Zerwürfniſſen gaben vermuthlich die Geldverhältniſſe des gräf- lichen Hauſes, die, zumal im Lauf des 15. Jahrhunderts, von Jahrzehnt zu Jahrzehnt zerrütteter wurden. Rath und Bürger- 3*

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/53>, abgerufen am 24.11.2024.