und gefangen. Nicht nur die Traditionen des Hauses, die Natur selber schien die Ruppiner Grafen auf ein andres Feld als das des Krieges zu verweisen, denn während es von den Grafen zu Pappenheim heißt, daß sich auf ihrer Stirn zwei blutrothe Schwerter gekreuzt hätten, erzählt der Chronist von den Ruppiner Grafen nur, daß sie alle "mit einem Loch im Ohrläppchen geboren wurden." Welch entschiedener Hinweis auf das zartere Geschlecht!
Sie waren nicht comites bellicosissimi, aber sie waren sicherlich, wie sie in anderen Urkunden genannt werden, viri nobiles et generosi. Feine Sitte und wahre Frömmigkeit zeich- neten sie aus; sie standen fest zur Kirche, und "Mitleid und Gut- thätigkeit" waren erbliche Züge. Graf Ullrich's Sprüchwort hieß:
Hew ick Geld, so mütt ick gewen Andre Stände mütten ock lewen;
und als, vorher oder nachher, ein andrer Graf Ullrich hinaus ge- tragen wurde, sang man im ganzen Lande Ruppin:
Ullrich, det was en gode Herr Schade, dat he lewt nicht mehr.
Aber die Ruppiner Grafen gingen weiter, weit über so all- gemeine Züge wie "Frömmigkeit und Gutthätigkeit," hinaus. Graf Waldemar war ein passionirter Tourist, wenn man ein so modernes Wort will gelten lassen, und Graf Burchardt, ein Freund des dichterischen Markgrafen Otto mit dem Pfeil, dichtete selbst und turnirte mit Versen so gut wie mit Lanzen. Das war damals nicht Landesbrauch zwischen Elbe und Oder, und nur die Grafen von Ruppin, in deren Adern noch das thüringische Blut floß, konnten solch Beginnen wagen. Spärliche Zeilen aus Burchardt's Dichterthum sind auf uns gekommen, Worte die er an Elisabeth, sein "geliebt Gemahl" richtet:
Fulget Elisabeth et floret inter uxores Quas Rupina fovet clarissimas inter sorores, Haec mea Lux, mea spes per omnes inter nitores.
und gefangen. Nicht nur die Traditionen des Hauſes, die Natur ſelber ſchien die Ruppiner Grafen auf ein andres Feld als das des Krieges zu verweiſen, denn während es von den Grafen zu Pappenheim heißt, daß ſich auf ihrer Stirn zwei blutrothe Schwerter gekreuzt hätten, erzählt der Chroniſt von den Ruppiner Grafen nur, daß ſie alle „mit einem Loch im Ohrläppchen geboren wurden.“ Welch entſchiedener Hinweis auf das zartere Geſchlecht!
Sie waren nicht comites bellicosissimi, aber ſie waren ſicherlich, wie ſie in anderen Urkunden genannt werden, viri nobiles et generosi. Feine Sitte und wahre Frömmigkeit zeich- neten ſie aus; ſie ſtanden feſt zur Kirche, und „Mitleid und Gut- thätigkeit“ waren erbliche Züge. Graf Ullrich’s Sprüchwort hieß:
und als, vorher oder nachher, ein andrer Graf Ullrich hinaus ge- tragen wurde, ſang man im ganzen Lande Ruppin:
Ullrich, det was en gode Herr Schade, dat he lewt nicht mehr.
Aber die Ruppiner Grafen gingen weiter, weit über ſo all- gemeine Züge wie „Frömmigkeit und Gutthätigkeit,“ hinaus. Graf Waldemar war ein paſſionirter Touriſt, wenn man ein ſo modernes Wort will gelten laſſen, und Graf Burchardt, ein Freund des dichteriſchen Markgrafen Otto mit dem Pfeil, dichtete ſelbſt und turnirte mit Verſen ſo gut wie mit Lanzen. Das war damals nicht Landesbrauch zwiſchen Elbe und Oder, und nur die Grafen von Ruppin, in deren Adern noch das thüringiſche Blut floß, konnten ſolch Beginnen wagen. Spärliche Zeilen aus Burchardt’s Dichterthum ſind auf uns gekommen, Worte die er an Eliſabeth, ſein „geliebt Gemahl“ richtet:
Fulget Elisabeth et floret inter uxores Quas Rupina fovet clarissimas inter sorores, Haec mea Lux, mea spes per omnes inter nitores.
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und gefangen. Nicht nur die Traditionen des Hauſes, die Natur ſelber
ſchien die Ruppiner Grafen auf ein andres Feld als das des Krieges
zu verweiſen, denn während es von den Grafen zu Pappenheim
heißt, daß ſich auf ihrer Stirn zwei blutrothe Schwerter gekreuzt
hätten, erzählt der Chroniſt von den Ruppiner Grafen nur, daß
ſie alle „mit einem Loch im Ohrläppchen geboren wurden.“ Welch
entſchiedener Hinweis auf das zartere Geſchlecht!
Sie waren nicht comites bellicosissimi, aber ſie waren
ſicherlich, wie ſie in anderen Urkunden genannt werden, viri
nobiles et generosi. Feine Sitte und wahre Frömmigkeit zeich-
neten ſie aus; ſie ſtanden feſt zur Kirche, und „Mitleid und Gut-
thätigkeit“ waren erbliche Züge. Graf Ullrich’s Sprüchwort hieß:
Hew ick Geld, ſo mütt ick gewen
Andre Stände mütten ock lewen;
und als, vorher oder nachher, ein andrer Graf Ullrich hinaus ge-
tragen wurde, ſang man im ganzen Lande Ruppin:
Ullrich, det was en gode Herr
Schade, dat he lewt nicht mehr.
Aber die Ruppiner Grafen gingen weiter, weit über ſo all-
gemeine Züge wie „Frömmigkeit und Gutthätigkeit,“ hinaus. Graf
Waldemar war ein paſſionirter Touriſt, wenn man ein ſo
modernes Wort will gelten laſſen, und Graf Burchardt, ein
Freund des dichteriſchen Markgrafen Otto mit dem Pfeil, dichtete
ſelbſt und turnirte mit Verſen ſo gut wie mit Lanzen. Das war
damals nicht Landesbrauch zwiſchen Elbe und Oder, und nur die
Grafen von Ruppin, in deren Adern noch das thüringiſche Blut
floß, konnten ſolch Beginnen wagen. Spärliche Zeilen aus
Burchardt’s Dichterthum ſind auf uns gekommen, Worte die er
an Eliſabeth, ſein „geliebt Gemahl“ richtet:
Fulget Elisabeth et floret inter uxores
Quas Rupina fovet clarissimas inter sorores,
Haec mea Lux, mea spes per omnes inter nitores.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/52>, abgerufen am 23.07.2024.
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