Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.Barg sein milderes Licht dem oft getäuscheten Auge, Und die peinliche Furcht herrschte mit kühner Gewalt! Zwar vom Nimen hatt' uns Irene's Palme gewinket, Aber noch waltete streng fremdes Gesetz und Gebot. Kriegesgetön' umrauschte das Ohr des schüchternen Bürgers, Und die heimische Flur stampfte das eherne Roß. Laren weinten vor Gram, es weinten die treuen Penaten; Nicht für Gatten und Kind flammte der sichere Heerd. Traurend sah es Sylvan, Pomon' und die bräunliche Ceres; Und das Friedrichsgestirn glüh'te erröthend im Zorn. Denn dem Pflüger gedieh ja nicht der Segen der Götter; Fremde begehrten den Lohn, welcher dem Fleiße erwuchs. Da verstummte die Freud', es floh die belebende Hoffnung Und der göttliche Muth, und der gefällige Scherz. Statt der Tugenden Chor schlich her am Stabe die Armuth, Die verzweifelnde Sorg, und die entnervende Scheu. Es erstarrte das Herz im tödtenden Eise der Selbstsucht Und mit Schlangengezisch tauchte die Zwietracht hervor. So erschienst du uns, du Jüngstgeborner des Kronos! Aber wir fluchen dir nicht, siehe, wir fluchen dir nicht. Denn kaum hatte dein Fuß den Mittag übergeschritten, Als das schwarze Gewölk plötzlich am Himmel zerfloß. Da erschienst du uns umtanzt von freundlichen Horen, Und ein strahlender Glanz krönte dein lockiges Haupt. Und die himmlische Schaar -- sie führte Borussiens Schutzgeist -- Stieg mit Jubelgetön wieder zur Erde herab. Wiedergegeben ward nun -- des jauchzen die Söhne der Brennen -- Seinem Fürsten das Volk, seinem Volke der Fürst. Friedrich Wilhelm kehrt heim zur verödeten Halle der Väter, Und mit dem goldenen Pfeil steiget zur Sonne sein Aar. O, wie hebt sich die Brust im Hochgefühle der Freiheit! Wie erwachet der Muth! o wie ermannt sich das Herz! Lied der Liebe ertönt in der Palmenlaube des Friedens, Und der beflügelte Fuß eilt zum vergessenen Tanz. Magisch umschlingt ihr Band die alles versöhnende Freude Um den heiligen Bund traulichen Bürgervereins. Kunstlos erhebet sich hier ein Tempel geselliger Eintracht, Wo sich im bunten Gewühl Menschen mit Menschen erfreu'n; Wo von der eisernen Zeit die harte Erinn'rung vergessen, Treue die Treue umarmt, Tugend die Tugenden küßt. Steig' empor, o Gesang, die theuren Namen zu feiern, Deren geweiheter Stirn ewig der Eichenkranz grünt. Dich vor allen begrüßt mein Lied, Du Edler vom Knes'beck Und auch Beiersdorf, Dich, einer der Väter der Stadt. Als in den Tagen des Grams die blöden Gemüther erstarrten, Und dem drohenden Sturm jegliche Seele erlag, Tratet Ihr kühnlich hervor, gesetzt und weis' und besonnen, Zu beschwören den Sturm, der uns Verderben gedroht. Vor der Zaubergewalt der feineren Sitte und Rede Neigte sich herrischer Stolz, beugte sich feindlicher Trotz. Barg ſein milderes Licht dem oft getäuſcheten Auge, Und die peinliche Furcht herrſchte mit kühner Gewalt! Zwar vom Nimen hatt’ uns Irene’s Palme gewinket, Aber noch waltete ſtreng fremdes Geſetz und Gebot. Kriegesgetön’ umrauſchte das Ohr des ſchüchternen Bürgers, Und die heimiſche Flur ſtampfte das eherne Roß. Laren weinten vor Gram, es weinten die treuen Penaten; Nicht für Gatten und Kind flammte der ſichere Heerd. Traurend ſah es Sylvan, Pomon’ und die bräunliche Ceres; Und das Friedrichsgeſtirn glüh’te erröthend im Zorn. Denn dem Pflüger gedieh ja nicht der Segen der Götter; Fremde begehrten den Lohn, welcher dem Fleiße erwuchs. Da verſtummte die Freud’, es floh die belebende Hoffnung Und der göttliche Muth, und der gefällige Scherz. Statt der Tugenden Chor ſchlich her am Stabe die Armuth, Die verzweifelnde Sorg, und die entnervende Scheu. Es erſtarrte das Herz im tödtenden Eiſe der Selbſtſucht Und mit Schlangengeziſch tauchte die Zwietracht hervor. So erſchienſt du uns, du Jüngſtgeborner des Kronos! Aber wir fluchen dir nicht, ſiehe, wir fluchen dir nicht. Denn kaum hatte dein Fuß den Mittag übergeſchritten, Als das ſchwarze Gewölk plötzlich am Himmel zerfloß. Da erſchienſt du uns umtanzt von freundlichen Horen, Und ein ſtrahlender Glanz krönte dein lockiges Haupt. Und die himmliſche Schaar — ſie führte Boruſſiens Schutzgeiſt — Stieg mit Jubelgetön wieder zur Erde herab. Wiedergegeben ward nun — des jauchzen die Söhne der Brennen — Seinem Fürſten das Volk, ſeinem Volke der Fürſt. Friedrich Wilhelm kehrt heim zur verödeten Halle der Väter, Und mit dem goldenen Pfeil ſteiget zur Sonne ſein Aar. O, wie hebt ſich die Bruſt im Hochgefühle der Freiheit! Wie erwachet der Muth! o wie ermannt ſich das Herz! Lied der Liebe ertönt in der Palmenlaube des Friedens, Und der beflügelte Fuß eilt zum vergeſſenen Tanz. Magiſch umſchlingt ihr Band die alles verſöhnende Freude Um den heiligen Bund traulichen Bürgervereins. Kunſtlos erhebet ſich hier ein Tempel geſelliger Eintracht, Wo ſich im bunten Gewühl Menſchen mit Menſchen erfreu’n; Wo von der eiſernen Zeit die harte Erinn’rung vergeſſen, Treue die Treue umarmt, Tugend die Tugenden küßt. Steig’ empor, o Geſang, die theuren Namen zu feiern, Deren geweiheter Stirn ewig der Eichenkranz grünt. Dich vor allen begrüßt mein Lied, Du Edler vom Kneſ’beck Und auch Beiersdorf, Dich, einer der Väter der Stadt. Als in den Tagen des Grams die blöden Gemüther erſtarrten, Und dem drohenden Sturm jegliche Seele erlag, Tratet Ihr kühnlich hervor, geſetzt und weiſ’ und beſonnen, Zu beſchwören den Sturm, der uns Verderben gedroht. Vor der Zaubergewalt der feineren Sitte und Rede Neigte ſich herriſcher Stolz, beugte ſich feindlicher Trotz. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0489" n="471"/> <lg n="3"> <l>Barg ſein milderes Licht dem oft getäuſcheten Auge,</l><lb/> <l>Und die peinliche Furcht herrſchte mit kühner Gewalt!</l><lb/> <l>Zwar vom Nimen hatt’ uns Irene’s Palme gewinket,</l><lb/> <l>Aber noch waltete ſtreng fremdes Geſetz und Gebot.</l><lb/> <l>Kriegesgetön’ umrauſchte das Ohr des ſchüchternen Bürgers,</l><lb/> <l>Und die heimiſche Flur ſtampfte das eherne Roß.</l><lb/> <l>Laren weinten vor Gram, es weinten die treuen Penaten;</l><lb/> <l>Nicht für Gatten und Kind flammte der ſichere Heerd.</l><lb/> <l>Traurend ſah es Sylvan, Pomon’ und die bräunliche Ceres;</l><lb/> <l>Und das Friedrichsgeſtirn glüh’te erröthend im Zorn.</l><lb/> <l>Denn dem Pflüger gedieh ja nicht der Segen der Götter;</l><lb/> <l>Fremde begehrten den Lohn, welcher dem Fleiße erwuchs.</l><lb/> <l>Da verſtummte die Freud’, es floh die belebende Hoffnung</l><lb/> <l>Und der göttliche Muth, und der gefällige Scherz.</l><lb/> <l>Statt der Tugenden Chor ſchlich her am Stabe die Armuth,</l><lb/> <l>Die verzweifelnde Sorg, und die entnervende Scheu.</l><lb/> <l>Es erſtarrte das Herz im tödtenden Eiſe der Selbſtſucht</l><lb/> <l>Und mit Schlangengeziſch tauchte die Zwietracht hervor.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>So erſchienſt du uns, du Jüngſtgeborner des Kronos!</l><lb/> <l>Aber wir fluchen dir nicht, ſiehe, wir fluchen dir nicht.</l><lb/> <l>Denn kaum hatte dein Fuß den Mittag übergeſchritten,</l><lb/> <l>Als das ſchwarze Gewölk plötzlich am Himmel zerfloß.</l><lb/> <l>Da erſchienſt du uns umtanzt von freundlichen Horen,</l><lb/> <l>Und ein ſtrahlender Glanz krönte dein lockiges Haupt.</l><lb/> <l>Und die himmliſche Schaar — ſie führte Boruſſiens Schutzgeiſt —</l><lb/> <l>Stieg mit Jubelgetön wieder zur Erde herab.</l><lb/> <l>Wiedergegeben ward nun — des jauchzen die Söhne der Brennen —</l><lb/> <l>Seinem Fürſten das Volk, ſeinem Volke der Fürſt.</l><lb/> <l>Friedrich Wilhelm kehrt heim zur verödeten Halle der Väter,</l><lb/> <l>Und mit dem goldenen Pfeil ſteiget zur Sonne ſein Aar.</l><lb/> <l>O, wie hebt ſich die Bruſt im Hochgefühle der Freiheit!</l><lb/> <l>Wie erwachet der Muth! o wie ermannt ſich das Herz!</l><lb/> <l>Lied der Liebe ertönt in der Palmenlaube des Friedens,</l><lb/> <l>Und der beflügelte Fuß eilt zum vergeſſenen Tanz.</l><lb/> <l>Magiſch umſchlingt ihr Band die alles verſöhnende Freude</l><lb/> <l>Um den heiligen Bund traulichen Bürgervereins.</l><lb/> <l>Kunſtlos erhebet ſich hier ein Tempel geſelliger Eintracht,</l><lb/> <l>Wo ſich im bunten Gewühl Menſchen mit Menſchen erfreu’n;</l><lb/> <l>Wo von der eiſernen Zeit die harte Erinn’rung vergeſſen,</l><lb/> <l>Treue die Treue umarmt, Tugend die Tugenden küßt.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Steig’ empor, o Geſang, die theuren Namen zu feiern,</l><lb/> <l>Deren geweiheter Stirn ewig der Eichenkranz grünt.</l><lb/> <l>Dich vor allen begrüßt mein Lied, <hi rendition="#g">Du Edler vom Kneſ’beck</hi></l><lb/> <l>Und auch <hi rendition="#g">Beiersdorf, Dich,</hi> einer der Väter der Stadt.</l><lb/> <l>Als in den Tagen des Grams die blöden Gemüther erſtarrten,</l><lb/> <l>Und dem drohenden Sturm jegliche Seele erlag,</l><lb/> <l>Tratet <hi rendition="#g">Ihr</hi> kühnlich hervor, geſetzt und weiſ’ und beſonnen,</l><lb/> <l>Zu beſchwören den Sturm, der uns Verderben gedroht.</l><lb/> <l>Vor der Zaubergewalt der feineren Sitte und Rede</l><lb/> <l>Neigte ſich herriſcher Stolz, beugte ſich feindlicher Trotz.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [471/0489]
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Aber noch waltete ſtreng fremdes Geſetz und Gebot.
Kriegesgetön’ umrauſchte das Ohr des ſchüchternen Bürgers,
Und die heimiſche Flur ſtampfte das eherne Roß.
Laren weinten vor Gram, es weinten die treuen Penaten;
Nicht für Gatten und Kind flammte der ſichere Heerd.
Traurend ſah es Sylvan, Pomon’ und die bräunliche Ceres;
Und das Friedrichsgeſtirn glüh’te erröthend im Zorn.
Denn dem Pflüger gedieh ja nicht der Segen der Götter;
Fremde begehrten den Lohn, welcher dem Fleiße erwuchs.
Da verſtummte die Freud’, es floh die belebende Hoffnung
Und der göttliche Muth, und der gefällige Scherz.
Statt der Tugenden Chor ſchlich her am Stabe die Armuth,
Die verzweifelnde Sorg, und die entnervende Scheu.
Es erſtarrte das Herz im tödtenden Eiſe der Selbſtſucht
Und mit Schlangengeziſch tauchte die Zwietracht hervor.
So erſchienſt du uns, du Jüngſtgeborner des Kronos!
Aber wir fluchen dir nicht, ſiehe, wir fluchen dir nicht.
Denn kaum hatte dein Fuß den Mittag übergeſchritten,
Als das ſchwarze Gewölk plötzlich am Himmel zerfloß.
Da erſchienſt du uns umtanzt von freundlichen Horen,
Und ein ſtrahlender Glanz krönte dein lockiges Haupt.
Und die himmliſche Schaar — ſie führte Boruſſiens Schutzgeiſt —
Stieg mit Jubelgetön wieder zur Erde herab.
Wiedergegeben ward nun — des jauchzen die Söhne der Brennen —
Seinem Fürſten das Volk, ſeinem Volke der Fürſt.
Friedrich Wilhelm kehrt heim zur verödeten Halle der Väter,
Und mit dem goldenen Pfeil ſteiget zur Sonne ſein Aar.
O, wie hebt ſich die Bruſt im Hochgefühle der Freiheit!
Wie erwachet der Muth! o wie ermannt ſich das Herz!
Lied der Liebe ertönt in der Palmenlaube des Friedens,
Und der beflügelte Fuß eilt zum vergeſſenen Tanz.
Magiſch umſchlingt ihr Band die alles verſöhnende Freude
Um den heiligen Bund traulichen Bürgervereins.
Kunſtlos erhebet ſich hier ein Tempel geſelliger Eintracht,
Wo ſich im bunten Gewühl Menſchen mit Menſchen erfreu’n;
Wo von der eiſernen Zeit die harte Erinn’rung vergeſſen,
Treue die Treue umarmt, Tugend die Tugenden küßt.
Steig’ empor, o Geſang, die theuren Namen zu feiern,
Deren geweiheter Stirn ewig der Eichenkranz grünt.
Dich vor allen begrüßt mein Lied, Du Edler vom Kneſ’beck
Und auch Beiersdorf, Dich, einer der Väter der Stadt.
Als in den Tagen des Grams die blöden Gemüther erſtarrten,
Und dem drohenden Sturm jegliche Seele erlag,
Tratet Ihr kühnlich hervor, geſetzt und weiſ’ und beſonnen,
Zu beſchwören den Sturm, der uns Verderben gedroht.
Vor der Zaubergewalt der feineren Sitte und Rede
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