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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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wir, daß die im Text genannten 15 Offiziere (der Vorsitzende, General-
lieutenant Achatz v. d. Schulenburg, war der 16.) am Tage vor dem
Kriegsgericht, also am 27. Oktober, im Schloß zu Coepenick zusammen-
traten und zunächst in 5 Gruppen (drei General-Majors, drei Obersten,
drei Obristlieutenants, drei Majors und drei Hauptleute) beriethen, dem-
gemäß auch 5 vorläufige Urtheile zu Protokoll gaben. Das sechste (vor-
läufige) Urtheil war das des Vorsitzenden, Generallieutenants v. d. Schu-
lenburg, das aber nicht am 27. schon, wie die Urtheile der andern Offiziere,
sondern erst am Morgen des 28., also wahrscheinlich ziemlich unmittelbar
vor der am selben Tage stattfindenden großen, allgemeinen Kriegs-
gerichtssitzung abgegeben wurde. Alle die Urtheile haben, wenn auch nicht
im Ausdruck so doch in der Anschauung der Sachlage, eine große Aehn-
lichkeit; sie erklären alle, daß sie ein Urtheil über den Kronprinzen für
Sache des Königs und nicht des Kriegsgerichts erachteten und daß der
Lieutenant Hans Herrmann v. Katte nicht mit Lebensstrafe, sondern
mit ewigem Gefängniß zu belegen sei.

Das Urtheil des alten Generallieutenants von der Schulenburg ist
das klarste, kürzeste, übersichtlichste und stehe deshalb hier seinem Wort-
laut nach:

Votum Praesidis.

Nach fleißiger und genauer Erwegung sämmtlicher dem General-Kriegs-
gericht vorgelesenen Acten finde ich, desselben Praeses nach meinem Gewissen
und abgestatteten Eyde mich verbunden

1. Was den Cron-Printzen betrifft, denen sämmtlichen dahin gehen-
den votis beyzufallen, daß aber deßelben jetzige Sache nach ihren Um-
ständen von einem Krieges-Recht nicht gesprochen werden
könne, sondern Sr. K. M. zu überlassen sey, welchergestalt Sie deßen
wiederholte wehmüthige Reu Bezeugung, submission und Bitte als König
und Vater in Gnaden anzusehen geruhen möchten.

2. So viel den Hans Herrmann Katten anlanget, muß ich denjeni-
gen votis beystimmen, welche ewigen Vestungs-Arrest erkannt haben;
Allermaaßen deßelben sonst böser Raht und Anschläge, auch dem Cron-
Printzen zur Flucht so offt versprochene und abgeredete Hülffe dennoch zu
keinem Effect und Würklichkeit gelanget, jenes noch nicht -- so weit ge-
kommen, daß dem Katten Zeit und Orth feste gesetzet worden, also daß
er das Vorhaben zu gewissen und unfehlbaren Execution hätte bringen
können. Aus meiner gesunden Vernunfft aber und vor mich ich nicht an-
ders begreifen kann, als daß auch in denen grösten Verbrechen ein sonder-
bahrer Unterschied zwischen würklicher Vollziehung der vorgenommenen
bösen That und zwischen denen dazu allererst genommenen Mesures seyn
müßen, und eine Lebens-Straffe zwar bey jener, nicht aber bey diesen
stattfinden könne. Und da es in diesem Falle noch zu keiner würklichen
Desertion gekommen, so kann ich nach meinem besten Wißen und Ge-

wir, daß die im Text genannten 15 Offiziere (der Vorſitzende, General-
lieutenant Achatz v. d. Schulenburg, war der 16.) am Tage vor dem
Kriegsgericht, alſo am 27. Oktober, im Schloß zu Coepenick zuſammen-
traten und zunächſt in 5 Gruppen (drei General-Majors, drei Oberſten,
drei Obriſtlieutenants, drei Majors und drei Hauptleute) beriethen, dem-
gemäß auch 5 vorläufige Urtheile zu Protokoll gaben. Das ſechste (vor-
läufige) Urtheil war das des Vorſitzenden, Generallieutenants v. d. Schu-
lenburg, das aber nicht am 27. ſchon, wie die Urtheile der andern Offiziere,
ſondern erſt am Morgen des 28., alſo wahrſcheinlich ziemlich unmittelbar
vor der am ſelben Tage ſtattfindenden großen, allgemeinen Kriegs-
gerichtsſitzung abgegeben wurde. Alle die Urtheile haben, wenn auch nicht
im Ausdruck ſo doch in der Anſchauung der Sachlage, eine große Aehn-
lichkeit; ſie erklären alle, daß ſie ein Urtheil über den Kronprinzen für
Sache des Königs und nicht des Kriegsgerichts erachteten und daß der
Lieutenant Hans Herrmann v. Katte nicht mit Lebensſtrafe, ſondern
mit ewigem Gefängniß zu belegen ſei.

Das Urtheil des alten Generallieutenants von der Schulenburg iſt
das klarſte, kürzeſte, überſichtlichſte und ſtehe deshalb hier ſeinem Wort-
laut nach:

Votum Praesidis.

Nach fleißiger und genauer Erwegung ſämmtlicher dem General-Kriegs-
gericht vorgeleſenen Acten finde ich, desſelben Praeses nach meinem Gewiſſen
und abgeſtatteten Eyde mich verbunden

1. Was den Cron-Printzen betrifft, denen ſämmtlichen dahin gehen-
den votis beyzufallen, daß aber deßelben jetzige Sache nach ihren Um-
ſtänden von einem Krieges-Recht nicht geſprochen werden
könne, ſondern Sr. K. M. zu überlaſſen ſey, welchergeſtalt Sie deßen
wiederholte wehmüthige Reu Bezeugung, submission und Bitte als König
und Vater in Gnaden anzuſehen geruhen möchten.

2. So viel den Hans Herrmann Katten anlanget, muß ich denjeni-
gen votis beyſtimmen, welche ewigen Veſtungs-Arreſt erkannt haben;
Allermaaßen deßelben ſonſt böſer Raht und Anſchläge, auch dem Cron-
Printzen zur Flucht ſo offt verſprochene und abgeredete Hülffe dennoch zu
keinem Effect und Würklichkeit gelanget, jenes noch nicht — ſo weit ge-
kommen, daß dem Katten Zeit und Orth feſte geſetzet worden, alſo daß
er das Vorhaben zu gewiſſen und unfehlbaren Execution hätte bringen
können. Aus meiner geſunden Vernunfft aber und vor mich ich nicht an-
ders begreifen kann, als daß auch in denen gröſten Verbrechen ein ſonder-
bahrer Unterſchied zwiſchen würklicher Vollziehung der vorgenommenen
böſen That und zwiſchen denen dazu allererſt genommenen Mesures ſeyn
müßen, und eine Lebens-Straffe zwar bey jener, nicht aber bey dieſen
ſtattfinden könne. Und da es in dieſem Falle noch zu keiner würklichen
Desertion gekommen, ſo kann ich nach meinem beſten Wißen und Ge-

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[466/0484] wir, daß die im Text genannten 15 Offiziere (der Vorſitzende, General- lieutenant Achatz v. d. Schulenburg, war der 16.) am Tage vor dem Kriegsgericht, alſo am 27. Oktober, im Schloß zu Coepenick zuſammen- traten und zunächſt in 5 Gruppen (drei General-Majors, drei Oberſten, drei Obriſtlieutenants, drei Majors und drei Hauptleute) beriethen, dem- gemäß auch 5 vorläufige Urtheile zu Protokoll gaben. Das ſechste (vor- läufige) Urtheil war das des Vorſitzenden, Generallieutenants v. d. Schu- lenburg, das aber nicht am 27. ſchon, wie die Urtheile der andern Offiziere, ſondern erſt am Morgen des 28., alſo wahrſcheinlich ziemlich unmittelbar vor der am ſelben Tage ſtattfindenden großen, allgemeinen Kriegs- gerichtsſitzung abgegeben wurde. Alle die Urtheile haben, wenn auch nicht im Ausdruck ſo doch in der Anſchauung der Sachlage, eine große Aehn- lichkeit; ſie erklären alle, daß ſie ein Urtheil über den Kronprinzen für Sache des Königs und nicht des Kriegsgerichts erachteten und daß der Lieutenant Hans Herrmann v. Katte nicht mit Lebensſtrafe, ſondern mit ewigem Gefängniß zu belegen ſei. Das Urtheil des alten Generallieutenants von der Schulenburg iſt das klarſte, kürzeſte, überſichtlichſte und ſtehe deshalb hier ſeinem Wort- laut nach: Votum Praesidis. Nach fleißiger und genauer Erwegung ſämmtlicher dem General-Kriegs- gericht vorgeleſenen Acten finde ich, desſelben Praeses nach meinem Gewiſſen und abgeſtatteten Eyde mich verbunden 1. Was den Cron-Printzen betrifft, denen ſämmtlichen dahin gehen- den votis beyzufallen, daß aber deßelben jetzige Sache nach ihren Um- ſtänden von einem Krieges-Recht nicht geſprochen werden könne, ſondern Sr. K. M. zu überlaſſen ſey, welchergeſtalt Sie deßen wiederholte wehmüthige Reu Bezeugung, submission und Bitte als König und Vater in Gnaden anzuſehen geruhen möchten. 2. So viel den Hans Herrmann Katten anlanget, muß ich denjeni- gen votis beyſtimmen, welche ewigen Veſtungs-Arreſt erkannt haben; Allermaaßen deßelben ſonſt böſer Raht und Anſchläge, auch dem Cron- Printzen zur Flucht ſo offt verſprochene und abgeredete Hülffe dennoch zu keinem Effect und Würklichkeit gelanget, jenes noch nicht — ſo weit ge- kommen, daß dem Katten Zeit und Orth feſte geſetzet worden, alſo daß er das Vorhaben zu gewiſſen und unfehlbaren Execution hätte bringen können. Aus meiner geſunden Vernunfft aber und vor mich ich nicht an- ders begreifen kann, als daß auch in denen gröſten Verbrechen ein ſonder- bahrer Unterſchied zwiſchen würklicher Vollziehung der vorgenommenen böſen That und zwiſchen denen dazu allererſt genommenen Mesures ſeyn müßen, und eine Lebens-Straffe zwar bey jener, nicht aber bey dieſen ſtattfinden könne. Und da es in dieſem Falle noch zu keiner würklichen Desertion gekommen, ſo kann ich nach meinem beſten Wißen und Ge-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/484>, abgerufen am 23.11.2024.