(Ueber Oberst v. Ingersleben) schreibt General v. d. Marwitz in seinen Memoiren folgendes:
"Im Jahre 1792 auf dem Rückzuge aus der Champagne hatte dieser Ingersleben den Orden pour le merite auf folgende Weise erhalten. Der König setzte großen Werth darauf, kein Geschütz stehen zu lassen. Eines Tages quälten sich die Artilleristen mit einer solchen Kanone, als eben das Regiment, in welchem Ingersleben stand, vorbeiging. Dieser saß auf einem seiner gewaltigen Gestalt angemessnen riesigen Braunen, der noch sehr wohl im Stande war. Er hatte den König von weitem kommen sehn, sprang vom Pferde, steckte seinen Braunen in eins der Geschirre, ließ aber wohlbedacht den Sattel mit Pistolenhalfter und der großen goldge- stickten Parade-Chabraque darauf, schrie tüchtig, that sehr geschäftig, legte selbst Hand an und trieb so, wie der König vorbeiritt, die Kanone aus dem Koth heraus. Der König fragte sogleich, wem das Pferd gehöre? und gab ihm den Orden, so wie er aber nur weit genug weg war, spannte Ingersleben seinen Braunen wieder aus, setzte sich auf und ließ die Kanone stehen. Nachher wurde er wegen üblen Betragens vor dem Feinde vom Regiment entfernt und später durch Fürsprache Commandant von Küstrin.
Schloß Coepenick.
Benutzt: Fidicin's Teltow. Merian's Topographie. Koenig's Geschichte der Stadt Berlin. Poellnitz, Lebensgeschichte der vier letzten Regenten. Preuß, Friedrich der Große. Foer- ster's Friedrich Wilhelm I.Danneil's Vollständige Pro- tokolle des Koepenicker Kriegsgerichts über Kronprinz Friedrich. Hesekiel's Untersuchungen über das Leben des Freiherrn v. Krohne. Berghaus, Landbuch der Mark Brandenburg. Mündliche und briefliche Mittheilungen.
Die Kriegsgerichtssitzung am 28. Oktober 1730.
Bis in die allerneuste Zeit hinein haben über diese denkwürdige Kriegsgerichtssitzung allerhand Unklarheiten, schwankende Angaben und Irrthümer geherrscht. Dieselben sind ganz vor Kurzem erst durch eine Veröffentlichung aus dem trefflichen Schulenburg'schen Archiv zu Salz- wedel beseitigt worden, eine Veröffentlichung (ein Verdienst des Herrn Danneil), die unter dem Titel: "Vollständige Protokolle des Coepenicker Kriegsgerichts über Kronprinz Friedrich, Lieu- tenant von Katte, von Kait u. s. w." im R. Deckerschen Verlage zu Berlin erschienen ist. Aus dieser Sammlung von Protokollen ersehen
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(Ueber Oberſt v. Ingersleben) ſchreibt General v. d. Marwitz in ſeinen Memoiren folgendes:
„Im Jahre 1792 auf dem Rückzuge aus der Champagne hatte dieſer Ingersleben den Orden pour le mérite auf folgende Weiſe erhalten. Der König ſetzte großen Werth darauf, kein Geſchütz ſtehen zu laſſen. Eines Tages quälten ſich die Artilleriſten mit einer ſolchen Kanone, als eben das Regiment, in welchem Ingersleben ſtand, vorbeiging. Dieſer ſaß auf einem ſeiner gewaltigen Geſtalt angemeſſnen rieſigen Braunen, der noch ſehr wohl im Stande war. Er hatte den König von weitem kommen ſehn, ſprang vom Pferde, ſteckte ſeinen Braunen in eins der Geſchirre, ließ aber wohlbedacht den Sattel mit Piſtolenhalfter und der großen goldge- ſtickten Parade-Chabraque darauf, ſchrie tüchtig, that ſehr geſchäftig, legte ſelbſt Hand an und trieb ſo, wie der König vorbeiritt, die Kanone aus dem Koth heraus. Der König fragte ſogleich, wem das Pferd gehöre? und gab ihm den Orden, ſo wie er aber nur weit genug weg war, ſpannte Ingersleben ſeinen Braunen wieder aus, ſetzte ſich auf und ließ die Kanone ſtehen. Nachher wurde er wegen üblen Betragens vor dem Feinde vom Regiment entfernt und ſpäter durch Fürſprache Commandant von Küſtrin.
Schloß Coepenick.
Benutzt: Fidicin’s Teltow. Merian’s Topographie. Koenig’s Geſchichte der Stadt Berlin. Poellnitz, Lebensgeſchichte der vier letzten Regenten. Preuß, Friedrich der Große. Foer- ſter’s Friedrich Wilhelm I.Danneil’s Vollſtändige Pro- tokolle des Koepenicker Kriegsgerichts über Kronprinz Friedrich. Heſekiel’s Unterſuchungen über das Leben des Freiherrn v. Krohne. Berghaus, Landbuch der Mark Brandenburg. Mündliche und briefliche Mittheilungen.
Die Kriegsgerichtsſitzung am 28. Oktober 1730.
Bis in die allerneuſte Zeit hinein haben über dieſe denkwürdige Kriegsgerichtsſitzung allerhand Unklarheiten, ſchwankende Angaben und Irrthümer geherrſcht. Dieſelben ſind ganz vor Kurzem erſt durch eine Veröffentlichung aus dem trefflichen Schulenburg’ſchen Archiv zu Salz- wedel beſeitigt worden, eine Veröffentlichung (ein Verdienſt des Herrn Danneil), die unter dem Titel: „Vollſtändige Protokolle des Coepenicker Kriegsgerichts über Kronprinz Friedrich, Lieu- tenant von Katte, von Kait u. ſ. w.“ im R. Deckerſchen Verlage zu Berlin erſchienen iſt. Aus dieſer Sammlung von Protokollen erſehen
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in ſeinen Memoiren folgendes:
„Im Jahre 1792 auf dem Rückzuge aus der Champagne hatte dieſer
Ingersleben den Orden pour le mérite auf folgende Weiſe erhalten.
Der König ſetzte großen Werth darauf, kein Geſchütz ſtehen zu laſſen.
Eines Tages quälten ſich die Artilleriſten mit einer ſolchen Kanone, als
eben das Regiment, in welchem Ingersleben ſtand, vorbeiging. Dieſer ſaß
auf einem ſeiner gewaltigen Geſtalt angemeſſnen rieſigen Braunen, der
noch ſehr wohl im Stande war. Er hatte den König von weitem kommen
ſehn, ſprang vom Pferde, ſteckte ſeinen Braunen in eins der Geſchirre, ließ
aber wohlbedacht den Sattel mit Piſtolenhalfter und der großen goldge-
ſtickten Parade-Chabraque darauf, ſchrie tüchtig, that ſehr geſchäftig, legte
ſelbſt Hand an und trieb ſo, wie der König vorbeiritt, die Kanone aus
dem Koth heraus. Der König fragte ſogleich, wem das Pferd gehöre? und
gab ihm den Orden, ſo wie er aber nur weit genug weg war, ſpannte
Ingersleben ſeinen Braunen wieder aus, ſetzte ſich auf und ließ die
Kanone ſtehen. Nachher wurde er wegen üblen Betragens vor dem Feinde
vom Regiment entfernt und ſpäter durch Fürſprache Commandant von
Küſtrin.
Schloß Coepenick.
Benutzt: Fidicin’s Teltow. Merian’s Topographie. Koenig’s
Geſchichte der Stadt Berlin. Poellnitz, Lebensgeſchichte der
vier letzten Regenten. Preuß, Friedrich der Große. Foer-
ſter’s Friedrich Wilhelm I. Danneil’s Vollſtändige Pro-
tokolle des Koepenicker Kriegsgerichts über Kronprinz Friedrich.
Heſekiel’s Unterſuchungen über das Leben des Freiherrn
v. Krohne. Berghaus, Landbuch der Mark Brandenburg.
Mündliche und briefliche Mittheilungen.
Die Kriegsgerichtsſitzung am 28. Oktober 1730.
Bis in die allerneuſte Zeit hinein haben über dieſe denkwürdige
Kriegsgerichtsſitzung allerhand Unklarheiten, ſchwankende Angaben und
Irrthümer geherrſcht. Dieſelben ſind ganz vor Kurzem erſt durch eine
Veröffentlichung aus dem trefflichen Schulenburg’ſchen Archiv zu Salz-
wedel beſeitigt worden, eine Veröffentlichung (ein Verdienſt des Herrn
Danneil), die unter dem Titel: „Vollſtändige Protokolle des
Coepenicker Kriegsgerichts über Kronprinz Friedrich, Lieu-
tenant von Katte, von Kait u. ſ. w.“ im R. Deckerſchen Verlage
zu Berlin erſchienen iſt. Aus dieſer Sammlung von Protokollen erſehen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/483>, abgerufen am 22.02.2025.
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