Alexander Georg Ludwig Moritz Constantin Maximilian von Wahlen- Jürgaß, der am 5. Juni 1785 zu Gantzer geboren, auf der ecole mili- taire zum Kriege gebildet wurde, im Jahre 1775 in das damalige Regi- ment Gensd'armes trat und darin 1803 zum Major avancirte. Im unglücklichen Feldzuge von 1806 von einer Masse feindlicher Reiterei um- zingelt, griff es, aus ungefähr 350 Mann bestehend, herzhaft den Feind an und kämpfte auf einem sehr ungünstigen Terrain gegen die französische Division Beaumont, bis es ganz umzingelt war. Obgleich der Major Von Jürgaß im nächtlichen Getümmel einen Hieb über den Kopf erhielt, so sammelte er dennoch brave Kameraden, schirmte die Standarte, schlug sich muthig durch die Feinde und erreichte einen Wald. Das Corps ge- langte nach Boitzenburg, und am andern Tage zu dem Corps des Prin- zen von Hohenlohe, welches auch im Begriff war, das Gewehr zu strecken. von Jürgaß entzog sich dieser Schmach und entkam noch einmal glücklich, indem er zu dem Corps des Generals von Bila stieß, mit dem er nun doch endlich bei Anklam gefangen wurde. Nach dem Tilsiter Frieden lebte er bei seinem Bruder zu Gantzer. Bei der neuen Formation erhielt er 1809 wieder eine Anstellung im brandenburger Kürassierregiment, zwei Monate darauf ward er Commandeur des brandenburger Dragonerregi- ments, 1812 aber Obristlieutenant und dem Corps des Generals von Grawert in Kurland zugetheilt. Er befehligte meistentheils die Vorposten, wozu seine ungemeine Thätigkeit und Wachsamkeit ihn vorzüglich eignete. Im Jahre 1813 commandirte er als Oberst eine Brigade in dem Corps seines vertrauten Freundes, des damaligen Generals von Blücher. Er focht tapfer bei Groß-Görschen und Bautzen, und erhielt bei Hainau, als er in die feindlichen Vierecke einbrach, einen Schuß in den Schenkel. Später erfocht er in der Leipziger Schlacht (den 16. October), besonders in dem furchtbaren Kampfe um Möckern, den glücklichen Erfolg dieses entscheidenden Tages, und ward dafür zum Generalmajor erhoben. In Frankreich wurde er mit der Reserve-Reiterei an die Befehle des Prinzen Wilhelm gewiesen, der den Vortrab des Heeres führte. Bei Lachaussee traf er auf die französische Reiterei vom Corps des Marschalls Macdonald, warf sie über den Haufen und eroberte eine Standarte, 5 Kanonen und die dazu gehörigen Pulverwagen. In der Schlacht von Laon entriß er dem Feinde 15 Kanonen und 35 Artilleriewagen. Im Jahre 1815 in der Schlacht von Ligny leitete der Generalmajor von Jürgaß die Angriffe
Gantzer.
Benutzt: Mündliche und briefliche Mittheilungen.
Generallieutenant von Wahlen-Jürgaß.
Alexander Georg Ludwig Moritz Conſtantin Maximilian von Wahlen- Jürgaß, der am 5. Juni 1785 zu Gantzer geboren, auf der école mili- taire zum Kriege gebildet wurde, im Jahre 1775 in das damalige Regi- ment Gensd’armes trat und darin 1803 zum Major avancirte. Im unglücklichen Feldzuge von 1806 von einer Maſſe feindlicher Reiterei um- zingelt, griff es, aus ungefähr 350 Mann beſtehend, herzhaft den Feind an und kämpfte auf einem ſehr ungünſtigen Terrain gegen die franzöſiſche Diviſion Beaumont, bis es ganz umzingelt war. Obgleich der Major Von Jürgaß im nächtlichen Getümmel einen Hieb über den Kopf erhielt, ſo ſammelte er dennoch brave Kameraden, ſchirmte die Standarte, ſchlug ſich muthig durch die Feinde und erreichte einen Wald. Das Corps ge- langte nach Boitzenburg, und am andern Tage zu dem Corps des Prin- zen von Hohenlohe, welches auch im Begriff war, das Gewehr zu ſtrecken. von Jürgaß entzog ſich dieſer Schmach und entkam noch einmal glücklich, indem er zu dem Corps des Generals von Bila ſtieß, mit dem er nun doch endlich bei Anklam gefangen wurde. Nach dem Tilſiter Frieden lebte er bei ſeinem Bruder zu Gantzer. Bei der neuen Formation erhielt er 1809 wieder eine Anſtellung im brandenburger Küraſſierregiment, zwei Monate darauf ward er Commandeur des brandenburger Dragonerregi- ments, 1812 aber Obriſtlieutenant und dem Corps des Generals von Grawert in Kurland zugetheilt. Er befehligte meiſtentheils die Vorpoſten, wozu ſeine ungemeine Thätigkeit und Wachſamkeit ihn vorzüglich eignete. Im Jahre 1813 commandirte er als Oberſt eine Brigade in dem Corps ſeines vertrauten Freundes, des damaligen Generals von Blücher. Er focht tapfer bei Groß-Görſchen und Bautzen, und erhielt bei Hainau, als er in die feindlichen Vierecke einbrach, einen Schuß in den Schenkel. Später erfocht er in der Leipziger Schlacht (den 16. October), beſonders in dem furchtbaren Kampfe um Möckern, den glücklichen Erfolg dieſes entſcheidenden Tages, und ward dafür zum Generalmajor erhoben. In Frankreich wurde er mit der Reſerve-Reiterei an die Befehle des Prinzen Wilhelm gewieſen, der den Vortrab des Heeres führte. Bei Lachauſſée traf er auf die franzöſiſche Reiterei vom Corps des Marſchalls Macdonald, warf ſie über den Haufen und eroberte eine Standarte, 5 Kanonen und die dazu gehörigen Pulverwagen. In der Schlacht von Laon entriß er dem Feinde 15 Kanonen und 35 Artilleriewagen. Im Jahre 1815 in der Schlacht von Ligny leitete der Generalmajor von Jürgaß die Angriffe
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Gantzer.
Benutzt: Mündliche und briefliche Mittheilungen.
Generallieutenant von Wahlen-Jürgaß.
Alexander Georg Ludwig Moritz Conſtantin Maximilian von Wahlen-
Jürgaß, der am 5. Juni 1785 zu Gantzer geboren, auf der école mili-
taire zum Kriege gebildet wurde, im Jahre 1775 in das damalige Regi-
ment Gensd’armes trat und darin 1803 zum Major avancirte. Im
unglücklichen Feldzuge von 1806 von einer Maſſe feindlicher Reiterei um-
zingelt, griff es, aus ungefähr 350 Mann beſtehend, herzhaft den Feind
an und kämpfte auf einem ſehr ungünſtigen Terrain gegen die franzöſiſche
Diviſion Beaumont, bis es ganz umzingelt war. Obgleich der Major
Von Jürgaß im nächtlichen Getümmel einen Hieb über den Kopf erhielt,
ſo ſammelte er dennoch brave Kameraden, ſchirmte die Standarte, ſchlug
ſich muthig durch die Feinde und erreichte einen Wald. Das Corps ge-
langte nach Boitzenburg, und am andern Tage zu dem Corps des Prin-
zen von Hohenlohe, welches auch im Begriff war, das Gewehr zu ſtrecken.
von Jürgaß entzog ſich dieſer Schmach und entkam noch einmal glücklich,
indem er zu dem Corps des Generals von Bila ſtieß, mit dem er nun
doch endlich bei Anklam gefangen wurde. Nach dem Tilſiter Frieden lebte
er bei ſeinem Bruder zu Gantzer. Bei der neuen Formation erhielt er
1809 wieder eine Anſtellung im brandenburger Küraſſierregiment, zwei
Monate darauf ward er Commandeur des brandenburger Dragonerregi-
ments, 1812 aber Obriſtlieutenant und dem Corps des Generals von
Grawert in Kurland zugetheilt. Er befehligte meiſtentheils die Vorpoſten,
wozu ſeine ungemeine Thätigkeit und Wachſamkeit ihn vorzüglich eignete.
Im Jahre 1813 commandirte er als Oberſt eine Brigade in dem Corps
ſeines vertrauten Freundes, des damaligen Generals von Blücher. Er
focht tapfer bei Groß-Görſchen und Bautzen, und erhielt bei Hainau, als
er in die feindlichen Vierecke einbrach, einen Schuß in den Schenkel.
Später erfocht er in der Leipziger Schlacht (den 16. October), beſonders
in dem furchtbaren Kampfe um Möckern, den glücklichen Erfolg dieſes
entſcheidenden Tages, und ward dafür zum Generalmajor erhoben. In
Frankreich wurde er mit der Reſerve-Reiterei an die Befehle des Prinzen
Wilhelm gewieſen, der den Vortrab des Heeres führte. Bei Lachauſſée
traf er auf die franzöſiſche Reiterei vom Corps des Marſchalls Macdonald,
warf ſie über den Haufen und eroberte eine Standarte, 5 Kanonen und
die dazu gehörigen Pulverwagen. In der Schlacht von Laon entriß er
dem Feinde 15 Kanonen und 35 Artilleriewagen. Im Jahre 1815 in der
Schlacht von Ligny leitete der Generalmajor von Jürgaß die Angriffe
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/473>, abgerufen am 23.11.2024.
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