des, einfach dem Schönheits-Ideal nachstrebendes Ding; vielmehr sollte sie dem wirklichen Leben in der Vielheit seiner Erscheinungen und seiner Bedürfnisse dienen, um es hinterher zu beherrschen. Das Loslösen der Kunst vom lebendigen Bedürfniß war ihm gleichbedeutend mit Tod. So entstanden jene Arbeiten, die unser Stolz und unsere Freude sind. Die Ausführung dessen, woran seine Seele zumeist gehangen hatte (das Friedrichs-Monument), blieb ihm freilich versagt; als Beweis aber, wie bescheiden und patriotisch zugleich er seine Thätigkeit auffaßte, stehe hier zum Schluß, was er selber bei Gelegenheit seines Zieten-Standbildes schrieb: "Ein zwar weniger kostbares, aber deshalb nicht minder beachtenswerthes Zieten-Denkmal als das meinige, ist die Lebens- beschreibung des alten Helden, die Frau v. Blumenthal heraus- gegeben hat. Sie giebt in diesem Buche das ausgeführte Gemälde eines frommen und tapfern Soldaten, schildert den Geist seiner Zeit und flößt, bei angenehmer Unterhaltung, die Liebe ein zu König und Vaterland."
So schrieb der Alte und so war er. "In jedem Dorfe wird ein Napoleon geboren," sagt das Sprichwort. Aber nicht in jedem Saalow -- ein Schadow.
28*
des, einfach dem Schönheits-Ideal nachſtrebendes Ding; vielmehr ſollte ſie dem wirklichen Leben in der Vielheit ſeiner Erſcheinungen und ſeiner Bedürfniſſe dienen, um es hinterher zu beherrſchen. Das Loslöſen der Kunſt vom lebendigen Bedürfniß war ihm gleichbedeutend mit Tod. So entſtanden jene Arbeiten, die unſer Stolz und unſere Freude ſind. Die Ausführung deſſen, woran ſeine Seele zumeiſt gehangen hatte (das Friedrichs-Monument), blieb ihm freilich verſagt; als Beweis aber, wie beſcheiden und patriotiſch zugleich er ſeine Thätigkeit auffaßte, ſtehe hier zum Schluß, was er ſelber bei Gelegenheit ſeines Zieten-Standbildes ſchrieb: „Ein zwar weniger koſtbares, aber deshalb nicht minder beachtenswerthes Zieten-Denkmal als das meinige, iſt die Lebens- beſchreibung des alten Helden, die Frau v. Blumenthal heraus- gegeben hat. Sie giebt in dieſem Buche das ausgeführte Gemälde eines frommen und tapfern Soldaten, ſchildert den Geiſt ſeiner Zeit und flößt, bei angenehmer Unterhaltung, die Liebe ein zu König und Vaterland.“
So ſchrieb der Alte und ſo war er. „In jedem Dorfe wird ein Napoleon geboren,“ ſagt das Sprichwort. Aber nicht in jedem Saalow — ein Schadow.
28*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0453"n="435"/>
des, einfach dem Schönheits-Ideal nachſtrebendes Ding; vielmehr<lb/>ſollte ſie dem wirklichen Leben in der Vielheit ſeiner Erſcheinungen<lb/>
und ſeiner Bedürfniſſe dienen, um es hinterher zu beherrſchen.<lb/>
Das Loslöſen der Kunſt vom lebendigen Bedürfniß war ihm<lb/>
gleichbedeutend mit Tod. So entſtanden jene Arbeiten, die unſer<lb/>
Stolz und unſere Freude ſind. Die Ausführung deſſen, woran<lb/>ſeine Seele <hirendition="#g">zumeiſt</hi> gehangen hatte (das Friedrichs-Monument),<lb/>
blieb ihm freilich verſagt; als Beweis aber, wie beſcheiden und<lb/>
patriotiſch zugleich er ſeine Thätigkeit auffaßte, ſtehe hier zum<lb/>
Schluß, was er ſelber bei Gelegenheit ſeines Zieten-Standbildes<lb/>ſchrieb: „Ein zwar weniger koſtbares, aber deshalb nicht minder<lb/>
beachtenswerthes Zieten-Denkmal als das meinige, iſt die Lebens-<lb/>
beſchreibung des alten Helden, die Frau v. Blumenthal heraus-<lb/>
gegeben hat. Sie giebt in dieſem Buche das ausgeführte Gemälde<lb/>
eines frommen und tapfern Soldaten, ſchildert den Geiſt ſeiner<lb/>
Zeit und flößt, bei angenehmer Unterhaltung, die Liebe ein zu<lb/>
König und Vaterland.“</p><lb/><p>So ſchrieb der Alte und <hirendition="#g">ſo war er</hi>. „In jedem Dorfe<lb/>
wird ein Napoleon geboren,“ſagt das Sprichwort. Aber nicht in<lb/>
jedem Saalow — ein Schadow.</p></div></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><fwtype="sig"place="bottom">28*</fw><lb/></body></text></TEI>
[435/0453]
des, einfach dem Schönheits-Ideal nachſtrebendes Ding; vielmehr
ſollte ſie dem wirklichen Leben in der Vielheit ſeiner Erſcheinungen
und ſeiner Bedürfniſſe dienen, um es hinterher zu beherrſchen.
Das Loslöſen der Kunſt vom lebendigen Bedürfniß war ihm
gleichbedeutend mit Tod. So entſtanden jene Arbeiten, die unſer
Stolz und unſere Freude ſind. Die Ausführung deſſen, woran
ſeine Seele zumeiſt gehangen hatte (das Friedrichs-Monument),
blieb ihm freilich verſagt; als Beweis aber, wie beſcheiden und
patriotiſch zugleich er ſeine Thätigkeit auffaßte, ſtehe hier zum
Schluß, was er ſelber bei Gelegenheit ſeines Zieten-Standbildes
ſchrieb: „Ein zwar weniger koſtbares, aber deshalb nicht minder
beachtenswerthes Zieten-Denkmal als das meinige, iſt die Lebens-
beſchreibung des alten Helden, die Frau v. Blumenthal heraus-
gegeben hat. Sie giebt in dieſem Buche das ausgeführte Gemälde
eines frommen und tapfern Soldaten, ſchildert den Geiſt ſeiner
Zeit und flößt, bei angenehmer Unterhaltung, die Liebe ein zu
König und Vaterland.“
So ſchrieb der Alte und ſo war er. „In jedem Dorfe
wird ein Napoleon geboren,“ ſagt das Sprichwort. Aber nicht in
jedem Saalow — ein Schadow.
28*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/453>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.